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Friesenwut - Kriminalroman

Friesenwut - Kriminalroman

Titel: Friesenwut - Kriminalroman
Autoren: Hardy Pundt
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und Else damals einige
Stunden gemeinsam. Siebelt konnte sich genau daran erinnern, wie er sie das
erste Mal gesehen hatte. Lange, blonde Haare, oft zu einem Zopf gebunden, und
ihre unverwechselbaren, selbst gestrickten Pullover.
    »Die ist genau richtig für dich«,
zogen ihn seine Klassenkameraden auf, »bodenständig, ohne Pumps und
Lippenstift. Und du wirst eh nie in einem feinen Restaurant essen gehen, so mit
Anzug und Schlips – also, schmeiß dich ran an die Gute.«
    »Blödkoppen!«, antwortete Siebelt,
»die weiß eben, was wirklich wichtig ist.« Er bemerkte erst viel später, dass
er Else ständig gegen die Frotzeleien seiner Klassenkameraden verteidigte. Das
musste ja was zu bedeuten haben.
    Und Else hatte tatsächlich einen
erstaunlich guten Riecher für die wirklich wichtigen Dinge im Leben. Sie
beendete die Schule, machte eine Ausbildung zur Pferdewirtin. Dann heiratete
sie Siebelt. Sie hatten drei Kinder. Der Hof lief gut und sie schmiss den Laden
mit einer Energie, die nie weniger zu werden schien. Wenn es notwendig war,
setzte sie sich auf den 120er Massey Ferguson, den sie vor drei Jahren
nigelnagelneu gekauft hatten oder auf den Mähdrescher Claas Dominator.
    Siebelt meinte dazu nur: »Else
weet dat woll, de maakt dat«, denn es gab nach wie vor Leute, die meinten, eine
Frau gehöre hier nicht hin. Vermutlich waren das die letzten ihrer Zunft …

     
    Jetzt, nachdem
Meinhard und Siebelt erzählten, was sie an diesem Morgen erlebt hatten, wusste
allerdings auch Else nichts zu sagen. Eine Aufheiterung war nötig angesichts
der Vorfälle, der Tote war ja noch nicht einmal identifiziert. Und die
verletzte Freya Reemts, die womöglich mit dem Tod rang, das alles gab ihr zu
denken. Zumal es so nah bei ihrem Anwesen passiert war.
    »Wenn Freya nur durchkommt«, brach
Siebelt das schier unerträgliche Schweigen und nippte an seiner Teetasse.
    »Die ist zäh, du. Der Doktor
meinte, sie hätte mindestens schon drei Stunden im Graben gelegen. Und –
sie atmete noch. Wenn sie das geschafft hat, dann sollte sie es jetzt, wo sie
im Krankenhaus liegt, erst recht packen«, meinte Meinhard.
    »Wer hat denn nun ihren Eltern
Bescheid gesagt?«, wollte Else wissen. Sie fröstelte.
    »Das hat einer der Polizisten übernommen,
der von der Kripo, der dickere. Wie hieß der noch? Ulferts. Er wollte direkt
hinfahren und wahrscheinlich hat er sie gleich ausgefragt, wie ich die Leute
kenne«, fügte er hinzu.
    »Wat weetst du denn van’t
Schkandarmen?«, fragte Siebelt schnippisch.
    »Ick? Nix … man sieht das doch
ständig im Fernsehen.«
    »Also, Fernsehen und Realität
sollte man schon auseinanderhalten!«
    »Hast ja recht, trotzdem – so
einer von der Kripo, für den sind Tote und Schwerverletzte nur irgendwelche …
was weiß ich, Bausteine, ja, Bausteine, die mit Fakten so zusammengesetzt
werden müssen, dass eine Beweiskette draus wird.«
    »Schön gesagt. Ich hoffe, er hat
genug Fingerspitzengefühl. Manche sind ziemlich trampelig. Muss ein Schock für
Freyas Eltern sein.«
    »Allerdings«, warf Else ein, »ob
ich Rehna heut’ Nachmittag mal anrufe? Sie wird fast umkommen vor Sorge.«
    »Ja, mach das mal. Und
sprich ihr ein bisschen Mut zu. Freya wird schon durchkommen. Mann, das haben
Menno und Rehna nicht verdient«, äußerte Siebelt.
    »Was heißt das denn schon, nicht
verdient«, bemerkte Meinhard bissig und fuhr fort: »Es gibt tausendundein
Beispiel, wo Menschen etwas widerfährt, was sie ›eigentlich nicht verdient‹
hätten. Das sind leere Sprüche …«
    »Nun mal nicht so gereizt, Herr
Nachbar!«, erwiderte Siebelt ein wenig gekränkt.
    »Ist doch wahr. Natürlich haben
sie es nicht verdient, sind nette Leute, die Reemts. Und Freya hat’s schon gar
nicht verdient … Dennoch ist es geschehen. Was mag nur passiert sein?«
    »Ich hab keinen blassen Schimmer.
Zu denken gibt mir der Kripomann. Und dann noch der Tote im Wagen, nur ein
Stückchen weiter. Das kann kein Zufall sein. Freya ist kräftig, robust, konnte
was vertragen. Wenn sie, von woher auch immer, mit dem Rad nach Hause unterwegs
war, dann rauscht sie nicht einfach so in den Schloot – selbst wenn sie
duhn war. Die ist die Strecke x-mal gefahren, von klein auf. Vielleicht hat der
Ulferts den richtigen Riecher.«
    »Wie meinst du das?«
    »Na, die Bremsspuren –
wahrscheinlich war wirklich einer duhn, fährt mit seinem PKW, sieht ein Fahrrad
in der Ferne, will ausweichen, kommt ins Schleudern, rammt schließlich Freya,
die wird in
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