Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Friesenrache

Friesenrache

Titel: Friesenrache
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
bekommen. Eine neue Wohnung hatten sie mit ihm gesucht, renoviert, Möbel gekauft und ihn vom Trübsalblasen abgehalten. Wer weiß, wenn die beiden nicht so hartnäckig gewesen wären, er wüsste nicht, wo er heute stünde.
      Der Mord an Marlenes Freundin hatte die Welt der drei Freunde dann wenig später erneut auf den Kopf gestellt. Trotz oder vor allem wegen des traurigen Umstandes war die Freundschaft noch enger geworden. Die Trauer, Wut und Hilflosigkeit – die gemeinsame Suche nach dem Mörder hatte sie förmlich zusammengeschweißt. Es gab so viele gemeinsame Erlebnisse, die den dreien immer wieder bewusst machten, dass es etwas gab, das sie verband. Und auch wenn keiner von ihnen es in Worte hätte fassen können, so war es dennoch da und machte das Verhältnis zwischen ihnen zu etwas Besonderem.
      Daher war es für Haie auch nur selbstverständlich gewesen, zu Tom und Marlene zu fahren, als er von dem Tod des Schulfreundes erfahren hatte.
      »Möchte nur wissen, wer Kalli das angetan hat. Und warum? Vielleicht können wir uns später zusammen ein wenig umhören …?«
      Tom und Marlene nickten.

    Dirk Thamsen stemmte die Hände in seine Hüften und betrachtete eingehend die spitzen Metallzähne des Feldhäckslers, die von den Landwirten landläufig auch ›Maisgebiss‹ genannt wurden. Kein Wunder, dachte er, dass Dr. Nolte nicht feststellen konnte, was die genaue Todesursache war. Die männliche Leiche, die sie am Vormittag in dem Maisfeld gefunden hatten, war durch die scharfen Metallmesser des Häckslers böse zugerichtet. Nur dass der Mann wahrscheinlich schon tot gewesen war, als das Erntegerät ihn erfasst hatte, stand so gut wie fest. Die weiterführenden Untersuchungen hatte der Arzt jedoch lieber den Kieler Gerichtsmedizinern überlassen wollen.
      »Die haben dort ganz andere Möglichkeiten«, hatte er erklärt, als die Leiche vom Bestattungsunternehmen zur Überführung in die Landeshauptstadt abgeholt wurde.
      Thamsen ließ seinen Blick über das Maisfeld schweifen. Es war ungefähr zur Hälfte abgeerntet. Die Kollegen von der Spurensicherung durchkämmten gerade den bereits gemähten Teil des Feldes. Bisher hatten sie jedoch noch keinerlei Hinweise gefunden, die Spekulationen auf einen möglichen Tathergang zuließen.
      Wer hatte Kalli Carstensen ermordet und seine Leiche in diesem Maisfeld versteckt? War es überhaupt ein Mord gewesen? Da sie noch keine Erkenntnisse über die Todesursache des Opfers hatten, musste er weitere Möglichkeiten in Betracht ziehen. Vielleicht handelte es sich um einen Unfall, oder Kalli Carstensen war eines natürlichen Todes gestorben. Was aber hatte er hier gewollt? Wer kämpfte sich durch ein mannshohes Maisfeld? Einen Spaziergang hatte er wohl kaum durch das dichte Geflecht dieser Maisstauden gemacht. Und da das Feld auch nicht zum Besitz des toten Landwirts zählte, konnte man einen Kontrollgang ebenfalls ausschließen.
      Dirk Thamsen kratzte sich am linken Ohr. Es blieb ihm wohl nichts anderes übrig, als die Ergebnisse aus Kiel abzuwarten, solange sie keine anderen Hinweise hatten. Er blickte auf seine Uhr und stöhnte. Es war bereits kurz nach zwölf Uhr. Eigentlich musste er Anne von der Schule abholen, doch der Besuch der Angehörigen und die unangenehme Aufgabe, die Nachricht vom Tod des Familienmitgliedes zu überbringen, standen noch aus.
      Das Aufsuchen der Familienangehhörigen fiel ihm immer besonders schwer. Er fand einfach nie die passenden Worte. Und dann die Fragen: Wie konnte das geschehen? Wer tut nur so etwas? Werden Sie den Mörder finden? In einem Fall wie diesem hatte er nicht einmal eine Antwort parat. Nur zu gerne hätte er den Kollegen Schulze zu den Hinterbliebenen geschickt. Dieser konnte sich besser einfühlen, trösten und den Betroffenen aufrichtig beistehen. Thamsen war, was dies betraf, nicht so gewandt. Es bereitete ihm Schwierigkeiten, mit der Trauer und Wut – überhaupt mit den Gefühlen anderer – umzugehen. Deshalb versuchte er meist, seine Mitteilungen über den Tod eines Familienmitgliedes nüchtern und sachlich zu halten, und wirkte dadurch oft gefühllos und grob. Obwohl das eigentlich überhaupt nicht seinem Naturell entsprach; er konnte Empfindungen nur schlecht artikulieren und fühlte sich daher in derartigen Situationen schlichtweg überfordert. Unglücklicherweise hatte der Kollege sich jedoch heute Morgen krankgemeldet und so blieb Thamsen nichts anderes übrig, als die traurige
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher