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Frettnapf: Roman

Frettnapf: Roman

Titel: Frettnapf: Roman
Autoren: Murmel Clausen
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Angebot hier den schönsten Tag seines Lebens auszustatten in der Lage ist, und wer das ganze Thema Heiraten erst mal ad acta gelegt hat. Für uns ist wieder alles hunky-dory, bis in der Menge plötzlich eine demonstrativ schwangere Frau ihr Gesicht zu einer übertriebenen Fratze der verzückten Überraschung verzieht und auf uns zugelaufen kommt.
    » Jessi, Süße!«, schreit sie und hängt einen dieser Johler dahinter, wie man sie sonst nur aus Casting-Shows kennt, wenn die Kandidaten erfahren, dass sie in den kommenden Wochen an einem paradiesischen Ort blamiert, schikaniert und ausgebeutet werden sollen. Diese Freudenschreie sind mit das Erbärmlichste, was einem Menschen entfahren kann, selbst ein viel zu lauter Freudenpups ist mir bei Weitem angenehmer.
    » Oh, Gott, nicht die«, stöhnt Jessi. » Das ist Irina aus dem Geburtsvorbereitungskurs.«
    » Die gefragt hat, was man zum Anstoßen nach der Geburt nehmen soll, wenn man keinen Champagner mag?«
    » Genau die.«
    Ich musste bei der gesamten Geburtsvorbereitung nur an einem einzigen Sonntag dabei sein, um zu lernen, wie viele Möglichkeiten es gibt, sich als Mann in den Stunden vor der Geburt zum Deppen zu machen.
    » Hey, Darling, was treibst du denn hier? Hat das mit dem Dritten Orden geklappt?«, sprudelt es aus Irina heraus, und ich bin mit einem Schlag hellwach. Der Dritte Orden ist eine der großen Geburtskliniken der Stadt, und ich sollte dort schon vor zwei Wochen anrufen, um zu fragen, ob Jessi unser Kind bei ihnen zur Welt bringen kann.
    » Da sind wir dran«, antworte ich knapp und wende mich Irinas Mann zu, um mit einer kurzen Vorstellungsarie vom Thema abzulenken.
    » Jens.«
    » Lutz.«
    Und schon habe ich kein Interesse mehr, mich mit diesem Mann zu unterhalten. Wer so einen Namen an seinem achtzehnten Geburtstag nicht ändert, kann nicht ganz sauber sein. Lutz ist der Opel unter den Vornamen, eine Namensänderung würde selbst im schlimmsten Fall positiv auffallen. Es gibt keine schlechteren Namen, Lutz ist der Supertrumpf im Schrottnamensquartett, der sticht sogar Jobst, Tobi und Claus. Um jedoch weiter von den Geburtskliniken abzulenken, ziehe ich mir die naheliegendste Frage aus der Nase.
    » Und? Haut ihr auf den Putz, Lutz?«
    Er lacht tatsächlich.
    » Logo, ist ja echt geil hier. Habt ihr die Torten gesehen?«
    » Und die Kleider?«, setzt Irina schwärmerisch nach, woraufhin ich durchatme, der Themenwechsel ist vollzogen.
    » Grenzgenial«, urteilt Lutz, wofür ich ihm direkt eine schmieren könnte. Bei einem » leider ziemlich geil« hätte ich mich sicher nicht zurückhalten können.
    » Und welche Seite von der Grenze meinst du da? Also, nicht ganz genial– oder gerade noch?«
    » Wie?«
    » Fang jetzt nicht so an, Jens«, erstickt Jessi die aufkeimende Diskussion, die mir sehr geholfen hätte, meine Wut über mich und die dumme Idee, hierherzukommen, abzubauen.
    » Wann isses bei euch denn so weit?«, unterstützt Irina Jessis Schlichten.
    » Hochzeit im April, Geburt zwei Wochen später«, antworte ich und versuche, auf keinen Fall sympathisch oder humorvoll zu wirken, um ja nicht den Eindruck zu erwecken, die beiden wiedersehen zu wollen. Das scheint die zwei Torfgesichter jedoch nicht zu stören, offenbar besteht ihr gesamter Bekanntenkreis aus Langweilern. Menschen, die es grenzgenial finden, einen Karton mit dreißig Kleinen Feiglingen mit auf eine Party zu bringen, zu » I gotta feeling« von den Black Eyed Peas abhotten und total emotional werden, wenn auf einer Hochzeit Mario Jordans » Welch ein Tag« gespielt wird. Wer darüber Bescheid weiß, dass ich im Jahr 2002 mit einer Freundin Schluss gemacht habe, weil sie unbedingt bei der Münchner » Wetten dass…?«-Stadtwette mitmachen wollte, wird verstehen, wie wenig ich mit Leuten anfangen kann, die man offensiv anschweigen muss, um ihnen klarzumachen, dass man ihnen im Grunde nichts mitzuteilen hat.
    » Wir müssen unbedingt mal was zusammen unternehmen«, versucht nach einer gefühlten Ewigkeit Irina noch einmal die Unterhaltung in Gang zu bringen, und wir nicken halbherzig, » vielleicht Sonntag, nach dem Paartag.«
    » Das wird bestimmt superinteressant«, stimmt Lutz enthusiastisch ein. Doch wir sind eine Wand aus Eis, an der ihre kläglichen Kommunikationsversuche abprallen. Warum Jessi nichts mehr sagt, weiß ich nicht, schenke dem aber keine weitere Beachtung.
    » Okay, machen wir. Wir müssen jetzt auch los. Ihr seht euch ja im Kurs«, beende ich diese
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