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Frettnapf: Roman

Frettnapf: Roman

Titel: Frettnapf: Roman
Autoren: Murmel Clausen
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acht Wochen vor dem Termin anzumelden«, versuche ich meine Untätigkeit zu rechtfertigen.
    » Da wusste ich aber noch nicht, wie gut der Dritte Orden ist.«
    » Nur weil die Zicken in deiner Geburtsvorbereitungsgruppe, die du übrigens hasst, das behaupten. Wenn du mich fragst, sind die komplett geisteskrank, wenn sie ihr inoffizielles Kind quasi mit dem Weglegen des Schwangerschaftstests dort einbuchen. Und nur weil diese Tanten dort ihre Handtücher auf die Spreizliegen schmeißen, heißt das nicht, dass es das bessere Krankenhaus ist. Ich habe zumindest nicht mitbekommen, dass in anderen Kliniken irgendwas schlechter läuft und reihenweise die Mütter und Neugeborenen sterben.«
    » Du hast ja auch keine Ahnung.«
    Das ist ihr neustes Totschlagargument, das stets von einem Totschlagblick begleitet wird. Das Schlauste ist, sich daraufhin erst mal tot zu stellen. Ich setze mich also neben sie auf die Couch, auf der sie nun die Tage verbringt, lege ihre Füße auf meinen Schoß und schweige vor mich hin. Darin bin ich beängstigend gut. Zum Glück ist es nicht dunkel, sonst würde ich einschlafen, was meine Lieblingsstrategie ist, um einen gerade aufkeimenden Streit frühzeitig zu beenden. Tagsüber schaffe ich dasselbe oft mit einer kleinen Fußmassage, die ich auch diesmal einzuleiten versuche.
    » Und was machen wir jetzt?«, will Jessi wissen, um mein Totstellen zu beenden.
    » Ich kann ja mal hinfahren und versuchen, ob ich nicht irgendwas ausrichten kann. Du hast doch erzählt, dass von den Tussen in der Gruppe eh zwei lieber eine Hausgeburt wollen und sich nur vorsorglich angemeldet haben.«
    Mein Daumen kreist mit sanftem Druck auf ihrer Fußsohle herum, was Jessi aber offenbar gar nicht registriert. Statt sich zu beruhigen, erklärt sie, dass ich mir den Trip sparen kann, da neunzig Prozent aller geplanten Hausgeburten so oder so im Kreißsaal enden.
    » Gut. Aber wenn von den acht Frauen in deiner Gruppe zwei so eine Hausgeburt planen, sind das immerhin fünfundzwanzig Prozent, und wenn die da zehn Geburten am Tag haben und davon auch zwei lieber zu Hause wären, dann finden bei einer Erfolgsquote von zehn Prozent an zehn aufeinanderfolgenden Tagen zwei Geburten nicht im Kreißsaal statt.«
    » Hä?«
    » Ich sag ja nur– alle fünf Tage wird dort ein Termin nicht wahrgenommen.«
    » Ja, Jens, nach deiner Scheißlogik.«
    » Alternativ können wir uns nirgendwo anmelden und dann einfach einen Krankenwagen rufen, wenn die Wehen einsetzen, und uns in den Dritten Orden fahren lassen. Die können uns ja nicht wieder nach Hause schicken. Oder wir fahren einfach mit ’nem Taxi hin«, denke ich laut, was meinem Vorsatz, nie wieder laut zu denken, aufs Äußerste widerspricht.
    » Oder wir probieren’s einfach mit einer Hausgeburt«, fährt Jessi mich an und zieht ihre Füße zurück. Ich beschließe, mich wieder tot zu stellen, während sie aufsteht und das Wohnzimmer verlässt, leise über das Zusatzgewicht im Bauch stöhnend.
    Ich habe mich an meinen Computer zurückgezogen, um so zu tun, als würde ich arbeiten. Eigentlich gibt es nichts vorzubereiten, nur einen kleinen Auftrag auf der eCarTec-Messe in zehn Tagen. Seit gut fünf Jahren lebe ich fast ausschließlich von solchen Jobs auf sämtlichen Messen, die in unsere schöne Stadt kommen. Mal muss ich den Besuchern alles über innovative Seifenspender erklären, das nächste Mal ein vollendet idiotisches Fitnessgerät vorstellen, an welches sich im nächsten Jahr niemand mehr erinnern wird, und nun eben eine Präsentation für eine revolutionäre Akkuladestation vorbereiten, die sich jedermann in die Garage stellen sollte, der ein Elektroauto hat. Top Plan, der aber daran scheitern wird, dass die gefühlten neun Elektroautobesitzer in Deutschland bestimmt ein hart umkämpfter Markt sind.
    Alleine bin ich mit dem Job ganz gut um die Runden gekommen. Dass ich konstant um die null Euro auf dem Konto hatte, habe und vermutlich auch haben werde, war nie problematisch für mich. Da mir nun aber ein Kind ins Haus steht und Jessi in ihrem Elternjahr auch nicht an die Obergrenze des Elterngelds kommt, wird mir immer mulmiger, wenn ich an Ausgaben denke. Das ist wohl die männliche Variante der Schwangerschaftsübelkeit.
    » Und? Irgendwas Neues auf Facebook?«, reißt mich Jessi aus meinen Gedanken. Da diese Seite tatsächlich gerade auf meinen Monitor geöffnet ist, drück ich hastig cmd+h, und der Browser verschwindet von der Oberfläche.
    » Nee, nur
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