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Fremder in einer fremden Welt

Fremder in einer fremden Welt

Titel: Fremder in einer fremden Welt
Autoren: Robert Heinlein
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Michelangelo, dachte er, wäre in seinen späten Jahren von seinem hohen Gerüst herabgestiegen, um diese Gestalt für noch ungeborene Generationen festzuhalten. Mike sagte sanft: »Seht mich an! Ich bin ein Menschensohn.«
    Die Szene wurde für einen Zehn-Sekunden-Werbespot unterbrochen, eine Reihe von Can-Can-Tänzerinnen, die sangen:
     
    Ladies, taucht die Wäsche ein
    In den Schaum so sahnig fein!
    Hände mild sind Lover-Seifen
    Doch verwahrt die Gutschein-Streifen!
     
    Der Tank füllte sich unter mädchenhaftem Gelächter mit Seifenschaum, und es ging weiter mit der Reportage:
    »Gott verdamme dich!« Ein halber Ziegelstein traf Mike in die Rippen. Er wandte sein Gesicht dem Angreifer zu. »Aber du bist selbst Gott. Du kannst nur dich selbst verdammen. und du kannst dir selbst nie entrinnen.«
    »Gotteslästerer!« Ein Stein erwischte ihn über dem linken Auge. Blut strömte hervor.
    Mike sagte ruhig: »Wenn ihr gegen mich kämpft, kämpft ihr gegen euch selbst. denn ihr seid Gott. und ich bin Gott. und alles, was grokt, ist Gott - einen anderen gibt es nicht.«
    Weitere Steine trafen ihn, er blutete jetzt aus mehreren Wunden. »Hört die Wahrheit. Ihr braucht nicht zu hassen, ihr braucht nicht zu kämpfen, ihr braucht euch nicht zu fürchten. Ich biete euch das Wasser des Lebens.« Plötzlich hielt er ein Glas mit Wasser in der Hand. Es glitzerte im Sonnenlicht. ».und ihr mögt es teilen, wann immer ihr es wollt. und in Frieden und Liebe und Glück zusammenleben.«
    Ein Stein ließ das Glas zerschellen. Ein zweiter Stein traf Mike auf den Mund.
    Mit verletzten und blutenden Lippen lächelte er sie an, blickte mit einem Ausdruck sehnsüchtiger Zärtlichkeit auf dem Gesicht genau in die Kamera. Das Zusammenspiel von Sonnenlicht und Stereo bildete einen goldenen Nimbus hinter seinem Kopf. »O meine Brüder, ich liebe euch so! Trinkt tief! Teilt und wachst ohne Ende zueinander. Ich seid Gott.«
    Jubal gab ihm den Gruß flüsternd zurück. Es kam eine Fünf-Sekunden-Einblendung: »Cahuenga-Höhle! Der Nachtclub mit echtem Los-Angeles-Smog, jeden Tag frisch importiert. Sechs exotische Tänzerinnen.«
    »Lyncht ihn! Verpaßt dem Bastard eine Nigger-Krawatte!« Jemand feuerte aus nächster Nähe eine großkalibrige Flinte ab. Mikes rechter Arm wurde am Ellenbogen abgetrennt und fiel. Er schwebte sacht hinunter, kam auf dem kühlen Gras zur Ruhe, die Hand einladend nach oben gebogen.
    »Verpaß ihm auch den anderen Lauf, Shortie - und ziele genauer!« Die Menge lachte und applaudierte. Ein Ziegelstein zerschmetterte Mikes Nase, und weitere Steine gaben ihm eine Krone aus Blut.
    »Die Wahrheit ist einfach, aber der Weg des Menschen ist hart. Zuerst müßt ihr lernen, euer Ich zu kontrollieren, der Rest folgt von selbst. Gesegnet ist, wer sich selbst kennt und sich selbst befiehlt, denn die Welt ist sein, und Liebe und Glück und Frieden folgen ihm, wohin er auch geht.« Wieder wurde eine Flinte abgefeuert, es folgten zwei weitere Schüsse. Eine Fünfundvierziger-Kugel traf Mike über dem Herzen, zerfetzte die sechste Rippe dicht am Brustbein und riß eine große Wunde. Der Schrot und die andere Kugel durchschlugen sein linkes Schienbein fünf Zoll unterhalb der Kniescheibe. Das gebrochene Wadenbein hob sich in spitzem Winkel weiß von dem Gelb und Rot der Wunde ab.
    Mike taumelte ein bißchen und lachte. Er sprach weiter, und seine Worte kamen deutlich und ohne Hast. »Ihr seid Gott. Erkennt das, und der Weg liegt offen vor euch.«
    »Gott verdammt noch mal - hindern wir ihn doch daran, den Namen des Herrn lästerlich im Munde zu führen!« - »Los, Männer! Machen wir ihn fertig.« Der Mob flutete heran, angeführt von einem beherzten Kerl mit einer Keule. Sie fielen mit Steinen und Fäusten über ihn her, und dann, als er zu Boden ging, mit den Füßen. Er fuhr fort zu sprechen, während sie ihm die Rippen eintraten und seinen goldenen Körper zermalmten, ihm die Knochen brachen und ein Ohr abrissen. Endlich rief einer: »Tretet zurück, damit wir ihn mit Benzin übergießen können!«
    Bei dieser Warnung öffnete sich die Menschenmasse ein wenig, und die Kamera fuhr heran, um sein Gesicht und seine Schultern aufzunehmen. Der Mann vom Mars lächelte seine Brüder an und sagte noch einmal leise und deutlich: »Ich liebe euch.« Ein unvorsichtiger Grashüpfer kam angeschwirrt und landete ein paar Zoll von einem Gesicht entfernt auf dem Rasen. Mike drehte den Kopf, sah ihn an, und der Grashüpfer gab den Blick zurück.
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