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Fremde Gäste

Fremde Gäste

Titel: Fremde Gäste
Autoren: Mary Scott
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nennen, der schon allein fertig wird und dem man etwas überlassen kann. David würde Letty für ein braves altes Mädchen halten, die einen Blick für Ponys hat und sich nichts daraus macht, wenn einer mal ein bißchen flucht. Ich versprach, an Letty zu schreiben, ihr von dem seltsamen jungen Mann zu berichten und ein wenig auf den Busch zu klopfen.
    Dabei blieb es fürs erste. »Mein Mann ist bestimmt einverstanden«, sagte Mrs. Hepburn. »Er hat sich zu der Einsicht durchgerungen, für David sei es das Wichtigste, sich einmal für eine Laufbahn zu entscheiden. Ich werde ihn sicherlich davon überzeugen können, daß die Ponyzucht eine solche Laufbahn ist. Wenn unser Sohn sich später eingearbeitet hat, kann er vielleicht selbst ein kleines Gestüt mit einigen Stuten einrichten, das ihm Beschäftigung und Lebensunterhalt bietet. Das könnten wir auch finanzieren. Susan, das war wirklich eine geniale Eingebung!«
    »Wenn David mitmacht«, meinte Larry. »Er ist so ein widerspenstiger Mensch!«
    »Verstehen Sie mich richtig«, bat Mrs. Hepburn. »Es wäre das beste, wenn Susan es ihm beibrächte. Sie ist die geeignete Person. Sie tun das sicherlich mit großem Einfühlungsvermögen, Susan. Ich weiß zwar, wie aufmüpfig und unfreundlich er manchmal zu Ihnen ist, aber er hat Sie doch wirklich sehr gern, und Sie sind diejenige, die ihn am wenigsten zum Widerspruch reizt. Er wäre ja außer sich, wenn er wüßte, daß wir hier stundenlang über seine Zukunft beraten. Wahrscheinlich würde er sich umgehend auf den Weg nach Australien machen.«
    Ich meinerseits hatte einige Zweifel. Ich habe nicht viel Talent dazu, andere Menschen zu gängeln, und David hatte mich von Anfang an oft genug in Verlegenheit gebracht. Aber ich schrieb einen sehr ausführlichen Brief an Letty, an dem sie lange zu lesen haben würde. Ich hörte förmlich, wie sie stöhnte: »Zum Kuckuck, was für ein langer Brief! Was Susan da wohl haben will!« Wie sie mir später gestand, hatte sie genau das gesagt. Aber sie antwortete kurz und umgehend wie immer: »Deine Schilderung dieses Burschen gefällt mir. Ich könnte ihn wohl brauchen. Wie wäre es, wenn Du ihn selbst herbrächtest, Susan? So würde gleich das Eis gebrochen. Zum Glück gibt es zwar nicht viel Eis zwischen mir und der modernen Jugend. Aber ich habe Dich lange nicht mehr gesehen. Von Auckland aus sind es nur zwei Stunden Fahrt. Mache aber Deinem Paul klar, daß Du bei mir übernachten mußt.«
    Der Gedanke gefiel mir, doch wie sollte ich es David beibringen? Seine Mutter war nach Hause gefahren, ohne daß irgendwelche Beschlüsse über seine Zukunft gefaßt worden waren. Vielleicht setzte sie in meine Eingebung weniger Hoffnung, als sie erst vorgegeben hatte.
    Doch es ergab sich eine Gelegenheit, wie so oft, wenn man den richtigen Moment abwartet. An einem Sonntagnachmittag hatte David sich lange mit den Ponys der Kinder abgegeben. Danach saß er gemütlich plaudernd bei mir. Auf einmal sagte er: »Susan, es kribbelt mir in den Füßen. Es ist ja ganz nett bei dem Colonel, und ich bin so zufrieden, wie es im Dienst eines Feudalherrn nur möglich ist. Aber wie soll es weitergehen? Ich neige schon dazu, meinen Eltern nachzugeben, und das will viel heißen. Mutter verhielt sich recht anständig; sie sagte nicht viel, aber ich weiß schon: Die Eltern meinen, es sei an der Zeit, für die Zukunft eine Entscheidung zu treffen. Soll ich jetzt abhauen und einen Bummel durch die Welt machen, oder soll ich abwarten, bis ich eine aussichtsreiche Beschäftigung finde? Mit anderen Worten: Soll ich jetzt mit dem Studium beginnen?«
    »Muß es denn ein Studium sein? Sind Sie überzeugt, daß Sie zum Akademiker geboren sind?«
    »Gott behüte — aber was sonst? Auf eine Farm bin ich nicht versessen, höchstens auf den Umgang mit Pferden. Die Schafzucht finde ich langweilig, und diese angriffslustigen Kühe kann ich absolut nicht leiden. Wenn es mit der Landwirtschaft nichts ist, bleibt nur noch der Handel oder ein akademischer Beruf, aber — verdammt noch mal — ich weiß nicht, welcher. Ich weiß nur eines: Wenn ich schon büffeln muß, muß ich bald anfangen, je eher, desto besser. Es gibt viel nachzuholen, ehe ich nächstes Semester damit anfange. Das Dumme ist nur: Ich habe überhaupt keine Lust dazu.«
    »Dann lassen Sie’s doch. Ihre Eltern werden das verstehen.«
    Schweigen. Dann sagte er zu meiner Überraschung: »Sie waren immer nett zu mir, Susan. Noch nie habe ich mich bei einer älteren
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