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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn
Autoren: Unbekannter Autor
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Schluck aus seiner Flasche an, was sie dankend ablehnte. Nein, er hatte nichts von Loy gehört - er rechne auch nicht damit.
    Fritzi stakste auf hochhackigen Stiefeln aus ihrem Garderobenzelt. Weite Überhosen aus Schafsleder, die sie über einer groben blauen Baumwollhose trug, schleiften im Staub. Ein blauweißes Hemd brachte ihren voller gewordenen Busen gut zur Geltung. Sie trug den riesigen Zuckerhutsombrero in der Hand, denn er rutschte ihr bis zur Nasenspitze über die Ohren, sobald sie ihn aufsetzte.
    Auf der verglasten Bühne war ein Saloon nachgebaut worden. Fünf Komparsen aus dem Wasserloch standen herum. B. B. saß neben der Kamera auf einem Regiestuhl.
    Eddie trat mit seinem kleinen Megaphon zu ihnen, die beigefarbene Mütze in die Stirn gezogen. Seine Reitstiefel glänzten, und die Reithose war makellos sauber. Eddie, so stellte sie fest, neigte in letz-ter Zeit ein wenig zu Großspurigkeit. Nun ja, Erfolg berechtigte zu kleinen Extravaganzen, nicht wahr?
    »Wie geht es dir, Fritzi?«
    »Ich komme mir in diesem Aufzug ziemlich blöd vor.« In Wirklichkeit war sie einfach deprimiert. Wie wenig hatte sich verändert! Die unbeantworteten Fragen waren geblieben. Wo war das Lachen? Es gab keines. Nur eine weitere Aufnahme. Aber schließlich war das ihr Beruf, etwas anderes konnte sie nicht. Vielleicht würde es ihr eines Tages ja wieder Spaß machen.
    »Können wir eine Probeaufnahme machen?« fragte Eddie. »Zeit ist Geld.«
    »Da haben wir ja einen neuen Kelly unter uns«, sagte B. B. so laut, daß es alle hören konnten.
    »Fritzi?«
    »Ich bin soweit«, erwiderte sie müde.
    »Jock, halt dich bereit. Fritzi, du weißt, was du zu tun hast. Du kommst hereingestürmt, übersiehst den Spucknapf. Du stolperst, fällst auf den Pokertisch. Die Tischbeine geben nach, die drei Kartenspieler kippen auf ihren Stühlen nach hinten um. Möchtest du ein Polster unter dein Hemd, damit du dich nicht stößt?«
    Ungeduldig antwortete sie: »Nein. Fangen wir lieber an.«
    »Kamera ab!« rief Eddie. Jocks Assistent fing an zu kurbeln; Fritzi stand hinter der Kulisse neben den schmierigen Flügeln der Schwingtür und konzentrierte sich auf die Szene. Die Sonne, die durch das Glasdach fiel, blendete sie für einen Moment. Sie sah einen großen, breitschultrigen Mann, dem eine Sekretärin den Weg gewiesen hatte, auf die Bühne eilen. Etwas an der Gestalt des Mannes, an seinem selbstbewußten Gang erinnerte sie an .
    Nein, sie täuschte sich. Es war nicht Loy. Es war Harry Poland.
    »Kamera läuft!«
    Sein Erscheinen hatte sie einen Augenblick abgelenkt, so daß ihr ganzer Einsatz durcheinandergeriet. Sie verfehlte den Spucknapf, blieb an einem leeren Tisch hängen, verlor das Gleichgewicht und stolperte mit dem Kopf voran in eine der Pappwände. Der Stoff zerriß. Eddie schrie Jock an, die Aufnahme abzubrechen. Sechs Fuß von ihr entfernt, auf der anderen Seite der Glastür stand - ja, es war Harry, der gelbe Rosen in grünem Seidenpapier schwenkte.
    »Was in Dreiteufelsnamen geht hier vor?« schrie Eddie. Fritzi zog den Kopf aus den Kulissen, unverletzt, aber verlegen lächelnd wegen ihres peinlichen Patzers. Harry trat durch die Glastür und tippte mit dem Finger an den Hut.
    »Ein alter Freund von mir«, erklärte Fritzi. »Sein Anblick hat mich ein wenig durcheinandergebracht.«
    »Harry Poland, meine Damen und Herren«, stellte er sich vor. »Ich erinnere mich an einige von Ihnen von meinem letzten Besuch. Ich habe eine weite Reise zurückgelegt, um Miss Crown zu sehen -es tut mir sehr leid, wenn ich Sie bei Ihrer Arbeit gestört habe.«
    Rosetta, eine von Eddies Assistentinnen, drückte das Notizbuch an die Brust. »Harry Poland, der große Komponist? The Elephant Rag und all die anderen Titel? O mein Gott, Eddie, er ist berühmt.«
    »Ja, aber ich muß einen Film machen«, erwiderte Eddie und verschränkte die Arme, um zu zeigen, wie wenig beeindruckt er war. »Na schön, Fritzi, sprich mit deinem Freund.« Eddie winkte den anderen mit seinem Megaphon zu. »Fünfzehn Minuten Pause. Aber ich warne euch, wir müssen die Zeit heute abend dranhängen.«
    Fritzi legte den riesigen Sombrero auf einen Tisch und fuhr sich mit den Fingern durch die wirren blonden Locken. Sie kam sich in ihrem Westernkostüm reichlich albern vor, besonders weil Harry wie immer geschniegelt und gebügelt aussah. Seine goldene Uhr mit passendem Armband glänzte mit den Spitzen seiner Schuhe um die Wette, in denen sie sich spiegeln konnte. Er
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