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Fremd küssen. Roman

Fremd küssen. Roman

Titel: Fremd küssen. Roman
Autoren: Steffi von Wolff
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möchte einmal in seinem Leben eine heiße Nacht mit mir verbringen? Braucht er dazu einen »bestimmten Alkoholpegel«? Ich setze mich auf und trinke die Reste aus unseren beiden Batida-de-Coco-Gläsern.
    Sex mit Richard? Eine Vorstellung, die ich noch nie hatte. Man kann sagen, was man will, unattraktiv ist er nicht, wären da nicht die knallroten Augen, die weißen Haare und die transparentpapierige Haut. Wie groß seiner wohl ist? Ist er beschnitten? Ist er Rechts- oder Linksträger? Breite Schultern hat er und auch eine sehr angenehme Stimme. Außerdem ist er immer für mich da. Ich brauche noch was zu trinken. Nichts mehr da. Ich lecke mit der Zunge über den Couchtisch, Richard hat vorhin ein Glas Portwein umgeschüttet, die eingetrockneten Reste schmecken auch so. Was soll ich tun? Ihm ins Schlafzimmer nachgehen und mich lasziv vor ihm aufs Bett legen, wenn er nicht schon längst drinliegt?
    Plötzlich bin ich richtig wild auf Richard. Ich stelle mir vor, wie er mir die Unterwäsche zerreißt und behauptet, ich wäre das Geilste, was ihm je untergekommen wäre. Das sagte er nämlich letztens über seine neue Bohrmaschine, die er bei »Klugkauf« im Sonderangebot ergattert hatte. So einen Enthusiasmus hatte ich noch nie in seiner Stimme gehört! An diesem Tag ist er durchs ganze Haus gelaufen und hat alle Nachbarn gefragt, ob sie Einbauküchen hätten, die noch montiert werden müssen. Leider hatte kein Nachbar eine noch zu montierende Einbauküche parat. Schließlich kam er zu mir. Ich hatte auch keine Einbauküche, aber Richard tat mir so Leid, dass ich mit ihm in den Keller gegangen bin und er mir Vorratsregale zusammenschrauben durfte, die seit sieben Jahren unmontiert herumlagen. Danach haben wir uns eine Pizza bestellt und hatten es riesig gemütlich.
    Ich stehe auf. Kann ich stehen? Ich kann stehen. Soll ich einfach ins Schlafzimmer gehen? Trägt Richard wohl Calvin-Klein-Slips, aus denen sein Teil fast herausspringt? Ich will es wissen. Zu gern hätte ich vorher meine Straps-Korsage angezogen, aber die befindet sich leider im Schlafzimmer, in dem Zimmer, in dem Richard sich gerade befindet, lüstern, geil, unvorbereitet auf das, was ich ihm jetzt bieten werde! Ich torkele ins Bad und mache die »Entsetzlich«-Beleuchtung an. Soll heißen, dass hier eventuelle Orangenhaut unbarmherzig zum Vorschein kommt. Soll auch heißen, dass hier eventuell entstandene Falten krass ins Auge fallen. Na ja, es geht. Im Schlafzimmer ist es eh dunkel, und Richard ist wahrscheinlich so geil, dass er auf so was wie Falten oder Dellen im Oberschenkel nicht mehr achten wird. Ich schaue in den Spiegel. »Willst du’s wirklich?«, frage ich mich selbst. »Ja, ich will!«, antworte ich mir. Also denn. Raus aus dem Bad, nochmal über den Couchtisch geleckt – jetzt ist aber wirklich nichts mehr da –, und dann stehe ich vor der Schlafzimmertür. Eins, zwei, drei. Soll ich anklopfen, damit er Zeit hat, sich in Positur zu werfen? Soll ich ihm so eventuell die peinliche Situation ersparen, vor meinen Augen seine Zehenzwischenräume mit dem Daumennagel zu reinigen? Möchte ich nach dem Anklopfen einfach hören: »Komm rein, Baby, und mach die Beine breit … «?
     
    Ich atme durch. Ich bin bereit. Ich öffne die Schlafzimmertür. Es quietscht. Natürlich, warum sollte ich die Tür auch ölen. Mich stört es ja nicht. Plötzlich kriege ich schreckliches Herzklopfen. Was ist, wenn ich ihm nicht genug Zeit gelassen habe? Was ist, wenn er einfach nur auf meinem Bett liegt und schläft? Vorsichtig versuche ich, den Kopf unbemerkt in das Zimmer zu stecken, knalle aber natürlich mit der Stirn gegen das Holz. Mein Gott, was soll’s, denke ich, schließe die Augen und stoße die Tür auf. Niemand von uns sagt etwas. Ob ich wohl blind den Weg zum Bett finde? Nein, nein, Carolin, lieber nicht ausprobieren, womöglich brichst du dir auf den zwei Metern das Schlüsselbein. Was tun?
    »Richard«, sage ich leise. »Ich bin hier. Wo bist du?«
    »Hier, direkt vor deinem Bett!«, kommt es heiser zurück. Ich jubiliere innerlich.
    »Ich komme jetzt zu dir«, stammele ich und taste mich langsam vor. Es ist eine unglaublich erotische Situation.
    »Nein«, hält mich Richard auf. »Warte!«
    Ich höre ihn zur Tür laufen und den Lichtschalter anknipsen. »Du sollst es im Licht sehen!«
    Es? Er meint ja wohl
ihn
! Umso besser. Das Licht können wir von mir aus anlassen. »Dreh dich um!«, kommt es laut und bestimmt von Richard. »Du sollst es jetzt
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