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Fremd flirten Roman

Fremd flirten Roman

Titel: Fremd flirten Roman
Autoren: Anke Greifeneder
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schlucken, jetzt war es wirklich aus und vorbei. Nach acht langen und, wie ich fand, glücklichen Jahren passte alles in einen Karton, und zum ersten Mal war ich froh, dass wir nicht zusammengezogen waren, denn eine gemeinsame Wohnung auseinanderzudividieren, stellte ich mir noch grausamer vor. Konrad war immer Verfechter des Getrennt-wohnen-gemeinsam-leben-Modells gewesen. Nur so könnten wir uns unabhängig und frei fühlen, um jeden Tag aufs Neue unsere Beziehung zu bejahen. »Wir werden nicht aus Gewohnheit, wegen Alltagsfesseln oder Bausparverträgen zusammenbleiben«, hatte er immer gesagt.
    Natürlich war mir inzwischen klar, dass hinter all diesem Freiheitsgerede einfach nur eine ausgemachte Bindungsangst steckte, was wieder einmal Folgendes bewies: Man konnte noch so schlau in der Theorie und objektiv beim Erteilen von Ratschlägen sein –wenn es an die eigenen Gefühle und Beziehungen ging, war man völlig betriebsblind.
    Mit einem kräftigen Ruck schlug ich den Kofferraum meines alten Peugeot zu und fuhr los in Richtung Uni.
    Seit ein paar Jahren befand sich das Psychologische Institut in Adlershof in einem großen, modernen Glasbau. Auf dem Campus befanden sich außerdem das Institut für Geografie und weitere mathematisch-naturwissenschaftliche Zweige der Humboldt-Universität.
    Der neue Campus sah zwar fortschrittlich und modern aus, mir persönlich gefielen Universitätsgebäude mit Geschichte, alten Büchern und Hörsälen mit abgetretenen Parkettböden besser; sie hatten mehr Atmosphäre und das Flair altehrwürdiger Tradition.
    Während meines Studiums hatte ich mit viel Einsatz und durchlernten Nächten ein Stipendium für zwei Auslandssemester in Cambridge erhalten. Die Zeit in England zählte zu meinen schönsten Erinnerungen. Ich hatte mich dort trotz großer Klassenunterschiede sofort wohlgefühlt, die Snobs einfach nicht beachtet, dafür aber Freundschaften mit Studenten aus aller Welt geschlossen, mich in die englische Architektur und Landschaft verliebt und sogar gelernt, dem englischen Essen etwas abzugewinnen, zumindest dem Frühstück mit baked beans.
    Schweren Herzens kehrte ich nach dem Auslandsjahr nach Berlin zurück, nachdem ich hatte einsehen müssen, dass ich einfach nicht das Geld hatte, um in England weiterstudieren und leben zu können. Ein gut geplanter Überfall auf einen Geldtransport ist nämlich schwieriger durchzuführen, als man gemeinhin denkt, zumal wenn man allein ist und keine Ahnung oder Talent für kriminelle Abenteuer mitbringt. Auch die Idee, in letzter Sekundeeinen reichen jungen Erben zu heiraten, scheiterte. Die reichen jungen Erben blieben nämlich lieber in ihren Kreisen, zumindest wenn es ums Heiraten ging. Flirten, ausgehen, all das war kein Problem; zudem passte ich mit meinem Prinzessinnen-Aussehen rein optisch wie die Faust aufs Auge in die gehobenen englischen Kreise. An diesem Punkt endeten dann aber auch schon die aristokratischen Gemeinsamkeiten, und so wurde ich in Cambridge zwar heftig umworben, auch von den upper class boys, aber leider nur so lange, bis ich klarmachte, dass ich weder die Tochter eines Industriellen noch die Erbin von Ferdinand Porsche war und auch nicht zum Dr.-Oetker-Klan gehörte.
    Ihren fleischlichen Begierden bereitete das zwar keinen Abbruch, wie ich an den penetranten Nachstellungen bemerken durfte, doch an einer seriösen Beziehung war keiner der boys mehr interessiert.
    Was hätten die armen Hoffnungsträger in der hundertsten Generation ihren Eltern auch sagen sollen, wenn sie mich zum Tee nach Hause mitgebracht hätten? Dass ich ein gewöhnliches Mädchen aus Deutschland war, weder adelig noch unverschämt reich, aber dafür sehr hübsch anzusehen, intelligent und charakterlich einwandfrei?
    Allein die Tatsache, Deutsche zu sein, hätte ich mit einem Adelstitel erster Güte oder wenigstens einem weltweiten Familienimperium wettmachen müssen. Man ließ eine »Kraut« schließlich nicht ohne Schmerzensgeldforderung in die Familie einheiraten. Was sollten denn die anderen Mitglieder im Club sonst denken!
    Selbst die Königsfamilie wurde in England von Gegnern der Monarchie gern auf die deutschen Wurzeln hingewiesen, und dieselbe tat einiges, um ihre deutschen Gene nicht in den Vordergrund zu stellen.
    Bei der Sendung Die nervigsten Engländer auf Channel 4 hättedie Queen vor Robbie Williams rangiert, der als selbstmitleidiges, lamentierendes Weichei auf Platz zwei gelandet war, wenn sie nicht, so die spöttische
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