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Freitags Tod

Freitags Tod

Titel: Freitags Tod
Autoren: Anne Kuhlmeyer
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in ihrem melancholischen Alt. Es roch nach Maiglöckchen.
    »Hast du Sven schon angerufen?«, fragte Conrad, während sie zu seinem Wagen gingen. Lilly. Was war nur plötzlich los mit ihr? Conrad musste seine Gedanken einfangen.
    »Unser Sven Bentrup Pferdegebiss wird begeistert sein, wenn er sich mit unseren Sachen befassen soll und nicht seinen Computerkriminellen hinterherhacken kann.« Nur mit einem Ohr hörte Conrad Julia zu. Diese Scheißumstrukturierung, dachte er. Irgendwann stehe ich hier ganz alleine. Julia gab die Namen von Gottfried Freitag und Irina Glück per Handy an Bentrup weiter.
    Ein Alter, auf sein Gehwägelchen gestützt, beobachtete sie beide aus einiger Entfernung. An irgendwen erinnerte Conrad dieser Mann, doch er konnte sich nicht entsinnen. Lilly. Im Laufe des Tages würde er sie anrufen und fragen, was das sollte. Nur jetzt nicht, jetzt war keine Zeit.
    Conrad und Julia fanden Sammy hinter dem Van. Der Alte humpelte auf sie zu.
    »Sie erinnern sich nicht? August Ostendarp, Hauptkommissar a. D. Ich hab mir erlaubt, den jungen Detektiv zu unterstützen. Er war versucht, vorzeitig seine Überwachungsaufgabe abzubrechen und zu Ihnen zu stürmen. Aber ich konnte ihn überzeugen, dass er hier seinen Platz einnehmen muss.« Ostendarp lächelte. Die Narbe an seiner Lippe lächelte mit.
    »Einen Verdächtigen haben wir genau beobachtet. Er hatte einen Hut und …« Sammy plapperte aufgeregt los. Julia zauste ihm das Haar und schlug in seine Hand ein, die er hochhielt. Sie mochte den Jungen sehr, das wusste Conrad.
    »Ich danke Ihnen, Herr Ostendarp«, sagte Conrad verlegen. Julia trat einen Schritt zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und grinste. Jetzt fiel ihm auch wieder ein, woher er den Mann kannte. Er war gerade in Pension gegangen, als Conrad seinen Dienst angetreten hatte. Er hatte ihn nur kurz kennengelernt, später aber viel von ihm gehört. Der alte Ostendarp war eine Art Legende.
    »Wie wär’s, Frau Kollegin, wenn du dich eine Weile mit dem Hauptkommissar unterhalten würdest, während ich unseren kleinen Detektiv an seinen neuen Einsatzort fahre. Er muss jetzt im Kindergarten ermitteln.«
    Julia grinste weiter. »Aber ein Vergnügen wäre mir das, verehrter Herr Ermittlungsleiter.«
    »Du brauchst vielleicht nicht ganz so dick aufzutragen«, zischte Conrad.
    Julia wandte sich an Ostendarp. »Wissen Sie, wo man einen guten Kaffee bekommt und sich ungestört unterhalten kann?«
    »Ganz in der Nähe ist ein winziges Café. Das letzte seiner Art in Coesfeld. Die Guten sterben eben immer zuerst.« Ostendarps Gesicht legte sich in feine Fältchen, die buschigen, weißen Brauen hoben sich belustigt. Er wendete seinen Gehwagen und wackelte Julia voraus.
     
    Das Café lag keine dreihundert Meter entfernt und bewirtete wohl die meisten gehfähigen Heimbewohner. Eine Wolke weißen Haars schwebte über den Tischen. Sie fanden einen Platz am Fenster.
    »Freitag war ein Mistkerl.« Ostendarp nippte an seinem Kaffee.
    »Und Sie haben sich dennoch für einen Heimplatz bei ihm entschieden?«
    »Die Mistkerle dieser Welt verraten nicht sofort, dass sie Mistkerle sind.«
    »Sonst wären wir ja überflüssig, nicht wahr.« Julia lehnte sich zurück.
    »Vielleicht habe ich etwas für Sie. Ich weiß natürlich nicht, ob es etwas mit dem Mord zu tun hat, aber interessant ist es schon.«
    »Sie können es nicht lassen, oder?«
    »Ach, wissen Sie, man hat doch sehr, sehr viel Zeit in meinem Alter. Und es gibt sehr, sehr wenig Spannendes in so einem Heim. Wobei wir schon bei der Sache wären.«
    »Ihnen fehlt die Abwechslung?«
    »In der Tat. Sie fehlt besonders, wenn man sie schon bezahlt hat und sie dann nicht bekommt.«
    »So?« Julia fragte sich, ob es sinnvoll gewesen war, den alten Hauptkommissar zu begleiten. Viel Arbeit wartete, und sie saß hier herum und würde sich Geschichten über die Tristesse des Alltags im Altenheim anhören müssen.
    »Das ist vielleicht nicht das Wichtigste. Ein paar Ausflüge, die gebucht und bezahlt wurden, aber nie stattfanden. Viel interessanter ist es, dass etwa alle drei Monate das Personal beinahe komplett ausgewechselt wird.« Ostendarps Augen blitzten. Er beugte sich zu Julia über den Tisch. »Kasachinnen, Sloweninnen, Lettinnen. Manchmal auch Deutsche, alleinerziehende Mütter mit schlechter Ausbildung und sogar einem Ein–Euro–Job vom Arbeitsamt. Sie kommen und gehen.«
    »Ja«, sagte Julia und verstand nicht.
    »Freitag hatte einmal die Tür zu
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