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Frau Bengtsson geht zum Teufel

Frau Bengtsson geht zum Teufel

Titel: Frau Bengtsson geht zum Teufel
Autoren: Caroline L. Jensen
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und nahm ihre Hand. Frau Bengtsson zog sie zurück, als hätte er eine ansteckende Krankheit.
    »Zum Teufel. Ich habe kein Interesse«, zischte sie. »Begreif das endlich. Ich habe meinen Mann, und das soll auch so bleiben. Das in deinem Auto war nur ein Ausrutscher.« Sie dachte nach. »Aber es gibt jede Menge Mädchen da draußen, Beggo, du findest bestimmt eine zum Verlieben. Alle außer mir.« Da haben wir’s. Jetzt rede ich auch schon in Schlagertexten. Frau Bengtsson stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Oder zumindest einem Tobsuchtsanfall.
    »Aber dich gibt’s nur einmal für mich, Bengtsson. Nur meine Gitarre und ich und ein Liebeslied für dich.«
    »Zum Teufel, Beggo, du hast nicht einmal eine verdammte Gitarre und erst recht kein Liebeslied. Wenn du nicht sofort aufhörst, in Schlagertexten zu reden, hau ich dir eine rein. Kapierst du? So kannst du nicht weitermachen. Lass mich in Ruhe. Und halt die Schnauze mit deinen Schlagern. Lerne, wie ein normaler Mensch zu reden, es ist verdammt noch mal Zeit.« Sie sprang auf, zum zweiten Mal an diesem Mittwoch hochrot im Gesicht.
    »Nennst du das Liebe?«, stammelte Beggo und sah sie flehentlich an.
    Da ging es mit unserer Hausfrau durch. Sie nahm die Tüte mit Beggos Baguette und schlug sie mit jedem Wort auf den Tisch.
    »Nein. Das. Ist. Es. Nicht. Halt. Den. Schnabel. Verdammter. Idiot. Und. Lass. Mich. In. Frieden!« Beim letzten Wort knallte sie ihm die lädierte Tüte an die Brust. Die Tüte platzte und verteilte Salatstreifen und Remoulade über seinen Schoß. »Begreif das endlich!«
    Dann eilte sie davon. Klappte die Sonnenbrille herunter und schlug den Kragen hoch.
    Was war das für eine Fehlschaltung bei den Menschen? Liebe. Offenbar war ihr Briefträger total durchgedreht. Sie hoffte, dass keiner ihrer Bekannten die Szene beobachtet hatte, und verließ das Einkaufszentrum.
    Beggo blieb wie versteinert sitzen und starrte apathisch auf die Schweinerei in seinem Schoß. Ein junges Mädchen mit Pferdeschwanz kam hinter der Theke hervor und fragte, ob er in Ordnung sei. Er blickte auf und las ihr Namensschild.
    »Nein, Tina, das bin ich nicht.« Es fiel ihm kein passender Text ein, und es war ihm auch egal, und während Tina den Tisch und ihn mit einem feuchten Lappen abwischte, brach er in Tränen aus.

    Und was nun?
    Frau Bengtsson wollte sich ihren Plan nicht von Beggo und seinem Geschwafel vermasseln lassen. Sie stand vor dem Einkaufszentrum und sah sich um. Ein Möbelgeschäft. Nun ja, es gab Leichteres, oder sollte sie etwa ein Sofa stehlen? Sie kicherte hysterisch bei dem Gedanken. Ein Hamburgerrestaurant. Auch nicht. Autozubehör? Dort würde sie als Frau zu viel Aufmerksamkeit erregen. Sie durchsuchte ihre Taschen nach Zigaretten, als sich die Gelegenheit offenbarte. Die Gelegenheit, die Diebe macht.
    Vor einem Elektromarkt stand eine ältere Dame und wartete. Auf ein Taxi vielleicht, oder auf jemanden, der sie abholen würde. Sie war mindestens achtzig, bucklig und trug einen Schal, den sie wahrscheinlich selbst gehäkelt hatte. Nicht dass er schlecht gewesen wäre, sie sah einfach aus wie jemand, der viel häkelte. Und sie sah sehr nett aus, wie eine liebe Oma. Eine Häkeloma.
    Einen halben Meter hinter der Häkeloma stand ein Karton, auf dem mit großen Buchstaben DELL stand. Die Oma hatte sich einen Laptop gekauft. Frau Bengtsson war nur noch wenige Meter entfernt und sah sich gezwungen, schnell zu handeln. Vor dem Hamburgerrestaurant spielten ein paar Kleinkinder, aber ihre Mütter oder Väter waren nirgends zu sehen. Sonst war niemand in der Nähe.
    Drei Meter.
    Die Oma schaute Frau Bengtsson freundlich mit geneigtem Kopf an.
    Zwei Meter.
    Einer.
    Jetzt oder nie.
    Als sie ganz nah war, nickte die Oma und grüßte: »Hej.«
    »Hej, hej«, sagte Frau Bengtsson, bückte sich, packte den Karton und begann zu rennen.
    Die Häkeloma schnappte entsetzt nach Luft, und kurz darauf hörte Frau Bengtsson ihre dünne Stimme: »Hallo? Hallo! Was tun Sie da? Mein Textverarbeiter. Kommen Sie zurück! Haltet den Dieb!«
    Frau Bengtsson drehte sich nicht um. Sie rannte so schnell sie konnte, mit klopfendem Herzen und schlimmen Gedanken an die Rente der Häkeloma. Vielleicht hatte sie viele Monate auf diesen »Textverarbeiter« gespart?
    Aber solche Gedanken waren gefährlich, sie konnten geradewegs zur Reue führen, und dann wäre alle Mühe vergeblich gewesen. Sie entschied, dass die Oma in Wirklichkeit eine reiche Dame war, die in einer Villa wohnte
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