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Franziskus, der neue Papst (German Edition)

Franziskus, der neue Papst (German Edition)

Titel: Franziskus, der neue Papst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Biallowons
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votierten. Sie wollten auf das im Januar 2013 bekannt gewordene Schreiben des damals zuständigen Erzbischofs Joseph Augustine Di Noia, Vizepräsident der in der Glaubenskongregation angesiedelten Kommission »Ecclesia Dei«, positiv reagieren. Als mögliche kirchenrechtliche Konstruktion und Gegenleistung für ihren Gehorsam hätten sie gerne die Einrichtung einer Personalprälatur gehabt, um einen den übergetretenen Anglikanern ähnlichen kirchenrechtlichen Status zu erreichen. Dafür jedoch hätten die Piusbrüder die Präambel akzeptieren müssen, die die inhaltlichen Leitlinien der Kirche formulieren. Offenbar waren die gemäßigten Stimmen in der Bruderschaft nicht laut genug. Jedenfalls verstrich das für diese letzte Chance kolportierte Datum, der 22. Februar 2013, ohne Ergebnis. Deshalb liegt es nun an Franziskus und dem Präfekten der Glaubenskongregation, Ludwig Gerhard Müller, sich um die Piusbrüder zu kümmern. Müller war in seinem früheren Bistum Regensburg entschieden gegen die Priesterbruderschaft vorgegangen. Er trifft nun in verantwortlicher Position auf Gesprächspartner, die nicht wirklich sprechen, Verhandlungspartner, die nicht wirklich verhandeln wollen. Die lieber prahlen, wie beispielsweise Bischof Bernard Tissier de Mallerais: »Wir werden unsere Positionen nicht ändern, sondern Rom bekehren.«
    Bekehren bedeutet in dem Fall das, was Abbé Régis de Cacqueray, Oberer der Bruderschaft in Frankreich, gesagt hat: »Das Konzil muss wieder zur Diskussion gestellt werden.« Die Bruderschaft lehnt nämlich nicht nur die Modernisierung in der Liturgie ab, sie feiern den Tridentinischen Ritus, den Benedikt XVI. als außerordentliche Form rehabilitiert hat. Die Brüder sind vor allem gegen die Erklärung »Nostra aetate«, die offizielle Bestätigung der Kirche, dass auch andere Religionen die Möglichkeit auf den Weg zu Gott haben – ein entscheidender Schritt der Kirche im interreligiösen Dialog.
    Die Piusbruderschaft lehnt zudem das Prinzip der Kollegialität ab. Sie wollen nicht weniger Hierarchie, sondern mehr und zugleich verstoßen sie gegen diese, da sie die Päpste seit Pius X. nicht voll anerkennen.
    Papst Franziskus kann all das nicht akzeptieren. Ebenso wenig wie er hinnehmen kann und wird, dass wesentliche Elemente des Glaubens der Kirche, und dazu gehört »Nostra aetate«, nicht beachtet werden. Eine Einigung ist insofern nur bedingt Gegenstand von Verhandlungen, da diese Grundlage selbst nicht verhandelbar ist. Wer Mitglied der Gemeinschaft der katholischen Kirche sein will, muss diese anerkennen. Wer einem Verein beitreten will, muss die Vereinssatzung unterschreiben, so einfach ist das. Glaubenspräfekt Müller hat bereits klargemacht: »Darauf (auf die Präambel – Anm. d. Autors) ist bis jetzt keine Antwort erfolgt. Wir warten aber nicht endlos.« Das mag noch nichts konkret heißen und lediglich eine gewisse Drohkulisse aufbauen. Letztlich wird es auch an Papst Franziskus liegen, ob aus der langen Geschichte eine unendliche Geschichte wird oder Franziskus einen Schlussstrich zieht. Mit den Piusbrüdern auf der Seite des Vatikans oder der anderen Seite des Strichs.
    DIE REFORM DER KURIEN – EINE JAHRHUNDERTAUFGABE
    Im Frühjahr 1969, nicht ganz vier Jahre nach dem Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils. In Rom ist im Jahr zuvor die Enzyklika »Humanae vitae« veröffentlicht worden und hat dem Vatikan scharfe Reaktionen und Papst Paul VI. den Spitznamen »Pillen-Paule« eingebracht. In Deutschland rebellieren die Studenten, besetzen die Universitäten und bringen in Tübingen einen jungen Professor namens Joseph Ratzinger so weit, dass er noch im gleichen Jahr seinen dortigen Lehrstuhl aufgibt. In Belgien treffen in diesen Tagen zwei Männer aufeinander, um über ein 1968 erschienenes Buch zu sprechen. Der eine ist José de Broucker, Chefredakteur der Zeitschrift »Informations Catholiques Internationales« (I.C.I.). Der andere ist Kardinal Léon-Joseph Suenens und Verfasser des Buches »Die Mitverantwortung in der Kirche heute«. Kardinal Suenens ist einer der einflussreichen Denker seiner Zeit, wird allgemein eher dem reformorientierten und liberalen Flügel der Kirche zugeordnet und leitete als einer der vier Moderatoren das Zweite Vatikanische Konzil. In dem Interview sprechen de Broucker und der Kardinal vor allem über das Verhältnis von »Zentrum« und »Peripherie« in der Kirche, von Rom und den Ortskirchen. Kardinal Suenens behauptet, dass die

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