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Franny Parker

Franny Parker

Titel: Franny Parker
Autoren: Hannah Roberts McKinnon
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bei einer Freundin. Aber es war noch zu früh für sie oder die anderen, um schon heimzukommen. Ich ging ans Fenster, halb in Angst, wieder die Polizei zu sehen. Halb hoffend, etwas von Lucas zu hören. Stattdessen waren es die emsigen Bienen, die in Grandma Raes schwarzer Limousine in die Einfahrt eingebogen waren. Sie fuhren am Haus vorbei und hielten unten an, direkt hinter der Scheune. Was konnten die denn vorhaben?
    Mein Herz klopfte. »Ich komm gleich zurück«, sagte ich zu Pearl.
    Ehe die Bienen ihren Nähnachmittag beendet hatten, war ich draußen gewesen, um die Tiere zu füttern. Ich war auf Grandma gestoßen, die aus dem Haus kam, die Patchworkdecke fest unter dem Arm. Es war das erste Mal, dass sie die Decke mit nach Hause nahm, seit die Bienen damit angefangen hatten.
    »Ist sie fertig? Darf ich sie sehen?«, hatte ich gefragt.
    »Noch nicht ganz«, hatte sie gesagt und den Kopf geschüttelt. »Ein bisschen ist noch dran zu tun.«
    Und mit diesen Worten war sie mit den anderen zumAuto gegangen, wo die Damen in der Einfahrt miteinander tuschelten. Es hatte eine längere Diskussion gegeben, sie hatten ständig zum Himmel gedeutet, an dem der Vollmond bereits zu sehen war. Der Mond war blass und verschmolz fast mit dem Blau des frühen Abends. Ich hatte mich gefragt, was das alles zu bedeuten hatte.
    Jetzt waren sie zurück in unserem Garten, gekleidet in bunt gemusterte Röcke, und starrten in die Dämmerung. Ich folgte ihrem Blick vom Fenster aus. Dort, über unserer Scheune, hing der dickbäuchige Vollmond und leuchtete hell.
    Ich trug Pearl auf, schon mal Popcorn zu machen, und rannte hinaus. Ich kam gerade die Stufen der Veranda hinunter, als die emsigen Bienen an der Scheune vorbeischlichen. Ich folgte ihnen. Mit gerafften Röcken strebten sie auf den Wanderweg zu und stiegen bergan. Leise schlich ich ihnen nach, einen Fuß vor den anderen, Schritt für Schritt, so wie meine Lehrerin in der vierten Klasse den Indianergang beschrieben hatte.
    Als die Bienen den halben Hang hinter sich hatten, blieben sie in einer Tannenlichtung stehen und ich duckte mich hinter einen Felsen. Eine nach der anderen streifte die Schuhe ab, dann stellten sie sich barfuß im Halbkreis auf.
    »Fasst euch bei den Händen«, rief Grandma Rae mit singender Stimme. Und dann ging es los. Grandmaführte sie an. Sie neigte und wiegte sich etwas und die Damen taten es ihr nach und ihre Röcke schwangen um ihre nackten Füße. Ich erinnerte mich an Mamas Worte:
Diese Mädchen können Regen herbeizaubern.
Ich drückte mich an den Felsen und kam mir ein bisschen wie ein Spion vor. Ein sanftes Lüftchen wehte um uns und der Himmel wurde dunkler. Ihre Bewegungen wurden schneller.
    Zuerst murmelten die emsigen Bienen ganz leise ihre Zauberverse, dann wiederholten sie sie lauter. Der Wind wurde kräftiger und kitzelte mich am Nacken. Der Kreis wogte auf und ab.
    Tanze im Feld zum Lied einer Grille
    Beim Vollmondhimmel am Nachmittag.
    Immer lauter sangen sie, schwangen die Hände, die Köpfe zum Himmel erhoben. Der Staub des Sommers wirbelte um sie auf wie eine Rauchwolke. Der Himmel über uns veränderte sich und Wolken ballten sich zusammen. Der Wind wurde immer stärker, zerrte am Gras und beugte die jungen Bäume.
    Ich hielt die Luft an beim Anblick der seltsamen Szene vor meinen Augen. Das waren nicht die alten Damen, die sich in unserem Esszimmer versammelten, mit müden Füßen und matten Stimmen. Sie waren zu etwas anderem geworden, wie sie sich da auf dem Hügel bewegten: mit zurückgeworfenen Köpfen, die Hände fest verschlungen, stampften sie ihrenRhythmus in den Staub. Das war ein Stamm von Eingeborenen dort vor mir!
    Die Luft wurde scharf und kalt und ich zog den Kopf ein, als mich etwas ins Auge traf. Regen! Die Damen drehten sich im Kreis, ein wirbelnder Schatten von Körpern, während der Himmel über ihnen zu rumpeln begann. Es regnete. Ich machte kehrt und rannte den Berg hinunter und sprang über Steine, während der Himmel seine Schleusen öffnete und die erste Ladung Regen meinen Rücken traf.
    Unser Auto war zurück und stand in der Einfahrt und Dad, Ben und Mama huschten in der zunehmenden Dunkelheit umher.
    »Hol die Laken rein!«, brüllte Mama und riss die Wäsche von der Leine.
    Ben und ich schlossen das Scheunentor gegen den prasselnden Regen.
    »Lauf schnell!«, rief ich, als wir durch den nassen Garten rannten.
    Innen schlugen wir die Fenster zu, die den ganzen Sommer auf gewesen waren, und schlossen fest die
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