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Frame, Janet

Frame, Janet

Titel: Frame, Janet
Autoren: Wenn Eulen schrein
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Reichtum und fruchtbares, sattes Land; und zu guter Letzt ein Bild der Küstenlinie mit dem langen Strich wilden, nimmersatten Wassers, dem Umkugelmeer, wie die Kinder es nennen, in dem man nicht ohne Angst vor dem Sog baden kann, der einen hinauszieht, weshalb man vorsichtshalber zwischen den Warnflaggen badet und sich vor den Fangarmen des Seetangs hütet und vor den sausenden Kieselsteinen, die von der See jedes Mal, wenn sie Atem holt, tief und tiefer in ihren Schlund eingesaugt werden. Gewiss, hinter der Mole gibt es eine kleine löffelgroße Bucht, die Friendly Bay, wo man herumpaddelt und Muscheln schwimmen lässt und Eis isst, das man bei Peg Winter kauft, der gigantischen Frau, die wie der Glaube selbst von Stadt zu Stadt zieht und eine Spur von Bonbon- und Eisläden hinter sich zurücklässt, fast, als ob sie ihr aus der Tasche fielen wie Krümel oder Samen, die sich zu rot und weiß gestrichenen Formen entfalten, mit cremefarbenen Tischen und Stühlen im Innern und hohen Drehstühlen, auf denen einem zum Karamell- oder Erdbeer-Milch-Shake so richtig schön schwindelig wird.
    Und Glaskästen voller Schokolade in den Geschmacksrichtungen Zartbitter oder Vollmilch, fruchtig oder herb.
    Alles in einem Glaskasten ist wertvoll.

5
    So singt Daphne aus dem Totenzimmer.
    Manchmal habe ich geglaubt, in dieser Welt würde die Nacht nie aufhören und die richtige Stadt nie näher kommen, und ich glaube, ich will mich zum Luftschnappen unter die riesigen Eukalyptusbäume stellen, die ich im Sinn habe. Meine Augen sind an die Dunkelheit gewöhnt, und wenn ich die hohen Bäume mit der halb abgerissenen Rinde sehe und darunter das weißliche Fleisch des Stammes, dann muss ich an meinen Vater denken, wie er zu mir oder zu Toby, Francie oder Chicks sagt:
    «Ich prügele euch die Haut in Fetzen vom Leib, das sag ich euch.»
    Und ich weiß, dieselben Worte hat ein wilder Nachtwind zu den Eukalyptusbäumen gesprochen. Ich prügele euch die Haut in Fetzen vom Leib.
    Und jetzt hängt die Haut in Streifen. Ich rieche die blaugrauen Eukalyptusfrüchte, fünf Unzen davon, duftend und knubbelig unter meinen Füßen, und ich ziehe die Schuhe aus, und die Eukalyptusfrüchte bohren sich in meine Füße, und ich wandere zum Strand von Waimaru, wo sich das Meer in den Schlaf der Leute schleicht und in ihren Köpfen herumfließt und Höhlen auswäscht, in denen es hallt und schäumt, bis die Menschen wie von grünen Motten zerfressen sind und es aus ihrem Innern schreit: Hilfe, Hilfe!
    Und schließlich wandert sogar die Sonne vom Dunkel ins Dunkel, und ich bin nicht die Sonne.
    Ja, sogar die Sonne.
    Und warum wohl wird es so viel regnen, wenn die Nacht vorbei ist? Regen.
    Oben im Norden fällt der Regen im Winter oder im Hochsommer in Strömen aus Silberpapier, sagte meine Mutter, die vor langer Zeit da gelebt hat, wo es Wespenschwärme gibt und ein Blütenfest und Palmen, allerdings importierte; wo die gelben Narzissen früher blühen als hier, mit größeren und rüschigeren Bechern, wo die Blumen leuchtender sind, wie gemalt, weil sie in den Superlativen der Erinnerung wachsen; und wo das Meer, ach, das Meer, blauer und wärmer ist und zur Sommerzeit von Haifischen wimmelt, von deren Auftauchen die Zeitungen berichten.
    Gesehen vom grünen Rasen.
    Und der Gehsteig in der Stadt im Norden?
    Er schmilzt dir unter den Füßen.
    Und der Regen fällt als Silberpapier.
    Und ein Eisvogel, ein farbechter, sitzt auf einer Telegrafenleitung und lässt sich streicheln und singt zu dem silbernen Gleißen.
    Ach Francie, Francie war im Theaterstück die Jungfrau von Orleans, sie trug einen Helm und Brustpanzer aus silberner Pappe. Sie wurde verbrannt, auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

6
    Es war ein Nachmittag in einem Saal voller Leute; Mädchen in weißen Seidenkleidern, und jedes hielt in der Hand eine Tüte zu einem Shilling mit weißrosa Kokoseis vom Stand mit den hausgemachten Süßigkeiten; Mütter, die wie stickige Zimmer nach Körperpuder und eingemotteten Pelzen rochen, alle mit Paketen vom Handarbeitsstand, Tischläufern und Teewärmern in Kreuzstich, Kettenstich und Hexenstich.
    Es war der letzte Tag des Halbjahrs und Francies letzter Schultag, obwohl sie erst zwölf war, nach Weihnachten dreizehn. Sie konnte auf Französisch bis dreißig zählen. Sie konnte Blätterteig machen und bestrich jede neue Schicht sorgfältig mit Butter. Sie konnte Sago kochen, zitronengelb oder koschenillerot, der beim Kochen aus langweiligen, schmutzigen,
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