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Fräulein Hallo und der Bauernkaiser

Fräulein Hallo und der Bauernkaiser

Titel: Fräulein Hallo und der Bauernkaiser
Autoren: Liao Yiwu
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uns das auch auf die Rechnung gesetzt. Wenn die regulären Arbeiter uns sahen, knirschten sie mit den Zähnen. Schließlich liefen den kleinen Zechen mehr als die Hälfte der Leute davon. Dass man wenig verdiente, war ja noch auszuhalten, wenn es aber den Arbeitern von der anderen Seite eines Tages zu bunt werden würde, dann würden sie unsere Stollen verstopfen, und das war eine Einbahnstraße! Ach, Dorf für Dorf und Ort für Ort haben sich dann die Frauen wie die Männer davongemacht, wer sich rühren konnte, machte sich davon, die Männer verdingten sich als Kuli, die Frauen gingen auf den Strich, das durfte man nicht so eng sehen. Meine Alte hat glücklicherweise drei Kinder mit durchzuschleppen, die konnte sich nur in der Kreisstadt herumtreiben. Wer weiß, was sie sonst getan hätte, als ich weg war! Vor zwei Monaten traf ich bei der Neun-Augen-Brücke eine Bekannte, es wurde schon schummrig, aber sie hatte ihren Stand noch nicht zu und schrie: »Schuhe wichsen!« Ich sah ihr eine Weile zu und fand, sie hatte das gleiche ungewaschene Maul wie die Weiber im Dorf, ihr »Schuhe wichsen« klang nach Schweinkram.
    LIAO YIWU:
    Was soll das heißen?
    ZHAO ER:
    Das soll heißen, dass solche Leute vor allem in der Dunkelheit herauskommen, um Schuhe zu putzen. Dem Schein nach auf der Suche nach Kundschaft putzen sie und putzen, und auf einmal streicht die Hand die Beine des Kunden entlang. Dann wird weitergewichst und gleichzeitig der Preis verhandelt, wer 50 Yuan zahlen kann, gilt als großer Boss. Natürlich, wenn sie jung sind und große Brüste haben, wird man sich schnell einig, wenn sie älter sind, wird das schwieriger. Wie bei diesem Weib mit seinem ungewaschenen Maul, die ist bald dreißig, überlegen Sie mal, was das heißt, auf dem Dorf, eine Frau von dreißig! Sie hat Kinder, und die Brüste hängen ihr bis auf den Hosenbund. Das lässt sich nicht mehr verkaufen, da sind schon zwanzig Yuan nicht schlecht, aber man zahlt schon einmal auch nur zehn Yuan für einen Schuss. Das ist der Tiefstpreis, wenn die Weiber daran denken, das macht sie kirre. Damals, als ich noch das Fahrrad mit Beiwagen hatte, führte ich ein regelrechtes Luxusleben, ich gönnte mir in regelmäßigen Abständen ein fleischliches Vergnügen, da habe ich zehn, manchmal zwanzig Yuan ausgegeben. Einmal, ich war knapp bei Kasse, versuchte ich, eine auf fünf Yuan runterzubremsen, das hätten Sie sehen sollen, wie die mit der Schuhbürste über mich her ist! Ich wollte schon zurückschlagen, da stemmte dieser Besen die Hände in die Hüften und schrie: »Ich furz dir zwei Mal ins Maul, du Sack, ich will dein Geld gar nicht!« Ich sagte: »Du bist so alt.« Der Besen sagte: »Ist das etwas Schlechtes? Du bist viel älter als ich, aber dein Arschloch lass ich mir fünf Yuan kosten, na, wie wär’s?«
    LIAO YIWU:
    Gut gegeben, du bist aber auch zu weit gegangen.
    ZHAO ER:
    Habe ich etwas zu verschenken? Ich war neu in Chengdu, half bei Ausschachtungsarbeiten bei einem Hochhaus, ein Kubik ein paar Yuan. Das habe ich über ein Jahr gemacht und hatte gerade mal 200 Yuan zusammen. Da habe ich jemanden beauftragt, ein Fahrrad mit Beiwagen zu kaufen. Am Anfang war es noch aufregend, später wurde ich oft verjagt, dass es nur so staubte, in den schlimmsten Zeiten habe ich am Tag keine fünf Yuan verdient.
    Außerdem, die knackigen und frischen, die liebenswerten und klugen Frauen, aus deren Mündern Blumen zu kommen scheinen, landen alle in Nachtclubs, für die mit weniger Klasse gibt es die Haarsalons und die Karaoke-Zimmer. Die jungen Frauen lernen schnell, nach ein paar Tagen sprechen sie sogar Hochchinesisch, können sich schminken und mit dem Hintern wackeln. Und dann verdienen manche ihr Geld, indem sie sich gefälschte Urkunden beschaffen, wenigstens habe ich das gehört, um sich mit reichen Kerlen zu treffen und sich wieder zu verheiraten und in ihre Därme was andres zu bekommen als Maiskötel. Nur Waren, die man nicht an den Mann bringen kann, werden auf der Straße feilgeboten, fünf Yuan sind wirklich genug, der billigste Laden an der Fünf-Augen-Brücke verlangt fünf Yuan die Nacht.
    LIAO YIWU:
    Warum wohnst du nicht dort?
    ZHAO ER:
    In letzter Zeit habe ich oft dort gewohnt. Beim Bau habe ich in der Baubaracke gehaust, als ich das Fahrrad mit Beiwagen hatte, habe ich mit ein paar anderen ein Zimmer gemietet, das waren im Monat zig Yuan. Nachher, als sie meine Karre beschlagnahmt haben, war ich am Arsch, da konnte ich in keinem Zimmer
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