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Forgotten

Forgotten

Titel: Forgotten
Autoren: Cat Patrick
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Jamie auf mich wartet.
    »Hey«, sagt sie leise.
    »Hi«, sage ich. Wir schweigen beide. Ich starre mein Zahlenschloss an. Ohne den morgigen Tag als Anhaltspunkt fällt mir natürlich die Kombination nicht ein. Ich zücke mein Handy, auf dem sie gespeichert ist.
    »30–22–5«, sagt Jamie, noch bevor ich dazu komme, nachzusehen.
    »Auf dich kann ich mich immer verlassen«, sage ich und drehe an meinem Schloss. Ich sehe sie schüchtern an.
    »Und ich mich auf dich«, erwidert Jamie.
    Ich schaue ihr in die Augen und weiß, dass es endlich vorbei ist: Wir sind wieder Freundinnen.
    »Tut mir leid, dass ich so sauer auf dich war wegen … allem halt«, fängt Jamie an.
    »Tut mir leid, dass ich so fiese Sachen über dich gesagt hab.«
    »Weißt du denn überhaupt noch, was du gesagt hast?«
    Ich verziehe das Gesicht, als ich an meine Aufzeichnungen denke. »Ja. Ich hab mich gezwungen, es nicht zu vergessen.«
    »Das war echt cool von dir.« Jamie zögert kurz, dann umarmt sie mich.
    »Ich hab dich vermisst«, flüstert sie in mein Haar.
    »Ich dich auch.«
    »Quatsch«, neckt sie mich, als sie sich von mir löst. »Du kannst dich ja nicht mal an mich erinnern . Wie kannst du mich da vermissen?«
    »Und ob ich mich an dich erinnern kann«, sage ich übermütig. »Willst du wissen, woran ich mich alles erinnere?«
    »Nein!«, schreit sie und lacht. »Lass mich bloß in Ruhe mit deiner Hellseherei.«
    Jamie und ich haken uns unter und spazieren ausgelassen den Gang entlang. Wir lachen immer noch, und plötzlich bin ich ganz gerührt und überwältigt von Jamies Treue. Bevor sich unsere Wege trennen, dreht sie sich noch mal zu mir.
    »Lass uns nie mehr streiten«, sagt sie.
    »Nie mehr«, sage ich, weil ich weiß, dass wir es, von ein paar nebensächlichen Meinungsverschiedenheiten auf dem College mal abgesehen, auch nicht tun werden.
    Erst jetzt wird mir wirklich klar, wie dankbar ich Jamie dafür sein kann, dass sie immer wieder bereit ist, mir zu vertrauen, obwohl sie im Gegensatz zu mir nicht weiß, was die Zukunft für uns bereithält. Für sie ist unsere Freundschaft ein Wagnis. Und trotzdem ist sie mir treu. Trotzdem gibt sie uns eine Chance.
    Zum letzten Mal in diesem Jahr gehe ich in die Bibliothek. Ich bin froh, dass meine beste Freundin an uns glaubt.

46
    Stunden später. Nachdem ich zweimal im falschen Klassenraum gelandet bin, ein wenig mehr von Mike Norris gesehen habe, als mir lieb ist (die Jungen-Toiletten beim Geschichts-Flügel sind nicht eindeutig beschildert!), mit Luke zu Mittag gegessen und ein zum Jahresende fälliges Graphikdesign­projekt abgegeben habe, von dem ich nicht weiß, ob ich es mir nicht für neunundzwanzig fünfundneunzig bei cheatersRus. com runtergeladen habe, sind sowohl der Schultag als auch das Schuljahr vorbei.
    Luke fährt mich nach Hause und hält die ganze Zeit auf dem Hebel der Gangschaltung meine Hand.
    Mir kommt es vor, als ob nicht nur das Schuljahr zu Ende ist, aber meine Zukunftserinnerungen sagen zum Glück etwas anderes. Trotzdem schmeckt unser Abschiedskuss bittersüß.
    »Bleib heute nicht zu lange auf«, ruft Luke mir noch hinterher, bevor ich die Tür von seinem Van zuwerfe.
    »Yes, Sir!«, erwidere ich lachend und versuche nicht daran zu denken, warum er will, dass ich morgen gut ausgeschlafen bin. Ich weiß es, werde es mir heute Abend aber nicht aufschreiben.
    Einige Dinge sollen eine Überraschung bleiben.
    Im Haus angekommen, bin ich ganz verdattert, als ich meine Mutter allein am Küchentisch sitzen sehe. So früh ist sie sonst nie von der Arbeit zurück.
    Sie beginnt mit Small Talk. »Und, wie war dein letzter Tag?«
    »Ganz okay. Ich hab mich nicht verlaufen – jedenfalls nicht so richtig. Ich hab die Projektarbeit abgegeben. Alles gut. Was ist los, Mom?«
    »Wir werden auf dem Polizeirevier erwartet«, sagt sie nervös.
    »Haben sie was rausgefunden?« Fieberhaft macht sich mein Gehirn daran, Erinnerungsbruchstücke und Teile meiner Notizen zu einem kompletten Bild zusammenzusetzen.
    »Ja.« Meine Mutter steht auf, sie hat es offenbar eilig.
    In den zwölf Minuten, die wir von unserer Garage bis zum Parkplatz vor dem Revier brauchen, sagt keiner von uns ein Wort. Drinnen müssen wir noch weitere zwei Minuten warten, bis wir zu Captain Moeller vorgelassen werden. Sobald wir in seinem Büro Platz genommen haben, eröffnet er uns, dass nun die endgültigen Ergebnisse vorlägen.
    Ich rutsche bis auf die Stuhlkante vor. Meine Mutter presst ihre Hand auf den
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