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Flucht nach Colorado

Flucht nach Colorado

Titel: Flucht nach Colorado
Autoren: Cassie Miles
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großes Theater machen würden", sagte er. „Sie sind nicht der Typ."
    „Nicht wie Ihre Frau?"
    Er zuckte zusammen, als ob sie ihn geohrfeigt hätte. Obwohl sein Gesicht ausdruckslos blieb, brannte in seinen Augen unterdrückte Wut. „Ich werde es nur ein einziges Mal sagen: Ich habe Lynette nicht umgebracht."
    „Warum haben Sie dann Angst vor dem Prozess?"
    „Tag für Tag werden unschuldige Männer und Frauen verurteilt." Er straffte die Schultern.
    Er war über einsachtzig groß, und er schien Von Minute zu Minute kräftiger zu werden. „Ich gehe nicht zurück ins Gefängnis. Lieber sterbe ich."
    „Sie können sich nicht über das Gesetz stellen, Jordan."
    „Lassen Sie uns gehen."
    Hier war sie also. Die Chance, zu ihrem Auto zu rennen. „Ich bin in einer Minute bei Ihnen."
    Sie verließ das hintere Schlafzimmer und ging ins Bad. Mit einem lauten Knall warf sie die Tür zu, um vorzutäuschen, dass sie hineingegangen war.
    Vorsichtig holte sie die Autoschlüssel aus ihrer Jeanstasche und schlich zum Eingang. Mit ihren dick besohlten Bergschuhen war es unmöglich, überhaupt kein Geräusch zu machen.
    Aber sie brauchte auch nur wenige Schritte, um ins Freie zu gelangen. Ob dieser Vorsprung wohl reichen würde?
    Als sie auf die Veranda trat, schoss Pookie an ihr vorbei. Er sprang die Stufen hinunter.
    „Wuff-wuff."
    Von hinten hörte sie Jordan rufen: „Emily, was ist da los?"
    Jetzt oder nie! Sie nahm die Stufen in zwei Sätzen und raste auf die Goldkiefern zu, unter denen sie ihren alten Landrover geparkt hatte. Bitte, Gott, lass ihn beim ersten Versuch anspringen!
    Sie konnte Jordan hinter sich hören, sah aber nicht zurück. Würde er sie erschießen? In Erwartung einer Kugel verkrampften sich die Muskeln zwischen ihren Schulterblättern. Sie schlitterte über den Schotter und verlor kostbare Sekunden. Sie musste es einfach schaffen.
    Der Landrover war nur noch ein paar Meter entfernt.
    Sie streckte die Arme nach vorne, um die Fahrertür zu öffnen.
    Doch bevor sie den Griff auch nur berühren konnte, wurde sie von hinten gepackt. Jordan stürzte sich auf sie, und gemeinsam fielen sie hart zu Boden. Sie konnte kaum atmen. Sie war wie betäubt. Jordans Gewicht drückte sie nach unten, so schwer wie der Schnee einer Lawine.
    Sie war kurz davor, zu ersticken. Luft. Sie brauchte Luft.
    Sekunden später war er von ihr herunter und rollte sie auf den Rücken. Sie keuchte. Der erste Atemzug brannte in ihren Lungen. Sie atmete aus und sog dann wieder gierig Luft ein.
    Langsam wurde ihr Blick wieder scharf. Sie schaute hinauf in sein Gesicht, das sich gegen die Äste der Kiefer und den blauen Himmel abzeichnete.
    Er beugte sich über sie. Kam näher und näher. Fast berührten sich ihre Lippen. Am liebsten hätte sie die Augen geschlossen und seinen Kuss empfangen. Doch stattdessen trommelte sie gegen seine Brust. „Was machen Sie da?"
    „Mund-zu-Mund-Beatmung", sagte er.
    „Brauche ich nicht."
    Sie holte noch einmal tief Luft, dann hatte sich ihre Atmung normalisiert. Offenbar war kein ernsthafter Schaden entstanden.
    „Tut mir Leid", sagte er bedauernd und stand etwas zittrig auf. „Das hätte nicht passieren dürfen."
    Nichts von alldem hätte passieren dürfen. Emily schloss die Augen und öffnete sie wieder, als hoffe sie, die Realität mit einem Blinzeln verändern zu können. Sie sollte nicht hier auf dem Boden liegen, neben einem entflohenen Sträfling. Und die Aussicht auf einen Kuss sollte sie nicht so aus der Fassung bringen.
    Das alles war seine Schuld. Warum musste er auch so ein sympathischer Typ sein? Wenn er sie geschlagen hätte, würde sie sich jetzt besser fühlen. Aber stattdessen war er freundlich und entschuldigte sich sogar.
    Ohne auf seine Verletzung und seine Schmerzen zu achten, half er ihr auf. Sie lehnte sich an ihn und spürte seine Wärme und Stärke. Als sie die Arme um ihren Körper schlingen wollte, fuhr ihre Hand aus Versehen unter sein offenes Hemd. Bei der Berührung erschauerte er, und es war offensichtlich, dass das nicht an der Kälte lag. Im Gegenteil. Er war heiß auf sie. Und ihr ging es nicht anders. Ein schrecklicher Magnetismus zog sie unwiderstehlich zueinander hin. „Schlimmer könnte es gar nicht mehr kommen."
    „Das stimmt nicht", sagte er. „Hören Sie das?"
    Das surrende Geräusch eines Hubschraubers näherte sich. Emily hätte sich denken können, dass der Pilot, Harrison Perry, vorbeikommen und nach ihr sehen würde. Sie hatten schon auf einigen
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