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Flucht aus Lager 14

Flucht aus Lager 14

Titel: Flucht aus Lager 14
Autoren: B Harden
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hinabzusteigen. Er wurde bereits in der Hölle geboren und aufgezogen. Er akzeptierte ihre Werte. Für ihn war sie sein Zuhause.
    Die nordkoreanischen Zwangsarbeitslager existieren inzwischen doppelt so lange wie der sowjetische Gulag und rund zwölfmal so lange wie die deutschen Konzentrationslager. Es steht außer Frage, wo sie sich befinden. Hochauflösende Satellitenfotos, die über Google Earth jedem zugänglich sind, der über eine Internetverbindung verfügt, zeigen ausgedehnte eingezäunte Lager, die sich über die zerklüfteten Berge Nordkoreas erstrecken.
    Die südkoreanische Regierung schätzt, dass dort etwa 154000 Häftlinge festgehalten werden, während das US -Außenministerium und etliche Menschenrechtsgruppen von 200000 Gefangenen ausgehen. Nach der Auswertung von Satellitenfotos aus einem Zeitraum von zehn Jahren hat Amnesty International 2011 in den Camps neue Bauten gefunden und befürchtet daher, dass die Zahl der Häftlinge zunimmt. Möglicherweise um Unruhen vorzubeugen, da die Macht inzwischen von Kim Jong Il auf seinen jungen und unerfahrenen Sohn übergegangen ist. 1
    Schätzungen des südkoreanischen Geheimdienstes und von Menschenrechtsgruppen zufolge gibt es sechs solcher Lager. Das größte ist rund 50 Kilometer lang und 40 Kilometer breit, seine Fläche ist größer als die von Los Angeles. Hochspannungszäune – unterbrochen von Wachttürmen und von bewaffneten Wachen kontrolliert – bilden zum größten Teil die Grenzen der Lager. In zwei dieser Lager, Nr. 15 und Nr. 18, gibt es Umerziehungszonen, in denen eine kleine Zahl glücklicher Häftlinge in Förderkursen in den Lehren von Kim Jong Il und Kim Il Sung unterrichtet wird. Wenn sie die Lehren zufriedenstellend auswendig gelernt und die Aufseher von ihrer Loyalität überzeugt haben, können sie freigelassen werden, stehen jedoch für den Rest ihres Lebens unter der Aufsicht des Geheimdienstes.
    Die übrigen Lager sind »Bezirke unter absoluter Kontrolle«, in denen die Häftlinge, die als »nicht verbesserungsfähig« 2 bezeichnet werden, durch Arbeit zu Tode gebracht werden.
    Shins Lager, Nr. 14, ist solch ein »Bezirk unter absoluter Kontrolle«. Es gilt wegen seiner besonders brutalen Arbeitsbedingungen, der Wachsamkeit seiner Wärter und der unversöhnlichen Einstellung des Staates zur Schwere der Verbrechen, die den Häftlingen vorgeworfen werden, als das schlimmste Lager in Nordkorea. Bei den Gefangenen handelt es sich vielfach um »gesäuberte« ehemalige Beamte der herrschenden Partei, der Regierung und des Militärs samt ihren Familienangehörigen. Das Lager wurde 1959 in Zentralnordkorea – Landkreis Gaecheon, Provinz Hamgyeong – errichtet, umfasst 15000 Häftlinge und erstreckt sich über eine Fläche von 280 Quadratkilometern. Auf diesem Gelände befinden sich landwirtschaftliche Betriebe, Bergwerke und Fabriken, verteilt auf fünf Bergtäler.
    Zwar ist Shin der einzige in einem dieser Arbeitslager Geborene, dem die Flucht gelang, so dass er seine Geschichte erzählen kann, doch gibt es mindestens 26 weitere Augenzeugen aus den Arbeitslagern, die sich heute in der freien Welt aufhalten. 3 Darunter sind mindestens 15 Nordkoreaner, die im Lager 15 einer Förderung für würdig befunden worden waren, sich bewährten, schließlich entlassen wurden und später in Südkorea auftauchten. Kim Yong, ein ehemaliger nordkoreanischer Oberstleutnant aus einer privilegierten Familie in Pjöngjang, verbrachte sechs Jahre in zwei Lagern, bevor ihm in einem Kohlengüterzug die Flucht gelang.
    Die Zusammenfassung ihrer Berichte durch die Korean Bar Association (Koreanische Anwaltskammer) in Seoul gibt ein detailliertes Bild vom täglichen Leben in diesen Lagern: Jedes Jahr werden einige Häftlinge vor den Augen der übrigen hingerichtet. Andere werden zu Tode geprügelt oder heimlich ermordet von Wärtern, die nahezu schrankenlose Freiheiten haben, Häftlinge zu misshandeln oder zu vergewaltigen. Die meisten Häftlinge arbeiten in der Landwirtschaft oder in Kohlenbergwerken, nähen Militäruniformen oder stellen Zement her, während sie sich von viel zu kleinen Portionen Mais, Kohl und Salz ernähren müssen. Ihnen fallen mit der Zeit die Zähne aus, ihr Zahnfleisch wird schwarz, ihre Knochen bilden sich zurück, und wenn sie die vierzig überschritten haben, krümmt sich ihr Oberkörper nach vorn. Ein- oder zweimal im Jahr erhalten sie Kleidung, sie arbeiten und schlafen in schmutzigen Lumpen, leben ohne Seife, Socken, Handschuhe,
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