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Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)
Autoren: Daniel Twardowski
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bewaffnete Männer in einem Pa von strategischer Bedeutung, etwa über einem Flusslauf oder einem Pass, konnten eine ganze Armee aufhalten.
    Insbesondere Riwha Titokowaru, geboren und aufgewachsen zur Zeit der Musketenkriege, war eines der Genies auf dem Gebiet des Fortifikationswesens. Nächtliche Überfälle, kurze Raubzüge gegen einzelne Farmen und kleine Siedlungen mit anschließendem raschem Rückzug in die unzugänglichen Berg-, Fluss- und Urwaldbefestigungen waren seine Spezialität, der die Pakeha wenig entgegenzusetzen hatten.
    Nur in offener Schlacht, in halbwegs gangbarem Gelände konnten die Briten in den Kriegen von 1860 bis 1866 die Maori besiegen, und Titokowaru, klug geworden in diesen Kämpfen, gedachte nicht mehr, ihnen solche Schlachten zu liefern. Noch aber schmiedete er an einer schwierigen Allianz der verschiedenen Stämme rund um den großen Vulkan Taranaki, die die Ngati Tama, Te Ati Awa, Ngati Ruanui und Ngarauru unter seinem militärischen Kommando vereinigen sollte.

5.
    Der berühmteste Lotse auf dem Mississippi war der legendäre Isaiah Sellers, der den Fluss schon mit allem befahren hatte, was irgendwie schwamm. Er war definitiv vor dem ersten Dampfboot da gewesen und somit gut zwanzig Jahre älter als die erfahrensten Lotsen, die ihrem Handwerk in den 1850er-Jahren nachgingen. Es hieß, er habe die Fahrt St. Louis  – New Orleans über siebenhundert Mal in beide
Richtungen gemacht, was einer Lebensreise von eins Komma sieben Millionen Meilen und einem Tagesdurchschnitt von etwa neunzig Meilen entsprach.
    Seine Erinnerungen reichten so weit zurück, dass er im Grunde über einen anderen Fluss sprach, wenn er über den Mississippi redete, und um seine Kollegen ja recht fühlen zu lassen, was für grüne Jungen sie im Vergleich mit ihm waren, pflegte er solchen Erzählungen mit Einleitungen wie: »Als Louisiana noch am Missouri lag« die letzte Würze zu geben.
    Obwohl jeder wusste, dass seine Verpflichtung auf der A. L. Shotwell mehr oder minder symbolischer Natur war und die eigentliche Arbeit von den Lotsen George Ealer und Jeb Smith getan werden würde, erhöhte  – zumindest den Zeitungsberichten zufolge  – der Name Sellers die Chancen der Shotwell im bevorstehenden Rennen ganz erheblich. Ihr Gegner, die etwas kleinere, etwas leichtere Eclipse konnte jedenfalls nicht mit derartigen Berühmtheiten aufwarten, sodass die Wetten bald drei zu eins gegen sie standen, obwohl sie ihre zumindest gleichwertige Geschwindigkeit schon mehrfach unter Beweis gestellt hatte.
    Kaum war das Rennen jedoch am 30. Juni 1857 gegen siebzehn Uhr in New Orleans gestartet, schienen sich die Berichte zu bestätigen und die geballte Erfahrung der Sellers-Ealer-Smith auszuzahlen. Die Shotwell schwenkte als Erste in die schmale Fahrrinne bei Carrolton Bend ein und lag fünf Stunden später bei Einbruch der Nacht und vor Donaldsonville bereits gut fünfhundert Yards in Führung.
    In dieser ersten Nacht stand ein leuchtender weißer Vollmond am wolkenlosen Himmel des tiefen Südens, und deshalb waren die Ufer des Mississippi bei Baton Rouge auch weit nach Mitternacht noch von zahllosen Zuschauern bevölkert. Mütter weckten ihre schlafenden Kinder auf, Betrunkene steckten ihre Köpfe in Wassertonnen, damit sie den Anblick der großen Schiffe nicht versäumten, die tiefschwarze Linien in die ungeheure Fläche aus flüssigem Silber schnitten, in die der Mond den großen Strom zu verwandeln schien. Die Distanz war nicht wesentlich größer geworden; wie ein Schatten
folgte die kleinere Eclipse dem Kielwasser der majestätischen A. L. Shotwell , wie ein Echo klang das Aussingen ihrer Lotgasten zum dunklen Ufer hinüber.
    Bei Red River Landing erfolgte bei Sonnenaufgang der erste ernsthafte Angriff des kleineren Schiffes. Während die Shotwell zum Ostufer herüberkreuzte, um den gefürchteten Sandbänken auszuweichen, die der Red River hier weit in den Mississippi schob, verließ sich die Eclipse offenbar auf ihren geringeren Tiefgang, blieb auf der Westseite des Stroms und jagte mit viel Glück über die unberechenbaren Untiefen hinweg. Da die Strömung hier entsprechend stärker war, erreichte sie dadurch allerdings nicht allzu viel.
    Den ganzen folgenden Tag über belauerten die Schiffe einander; wartete die Eclipse auf irgendeinen Fehler der Shotwell , um an Engstellen an ihr vorbeizuziehen, legte die Shotwell Volldampf vor, wenn sie nach dem Kreuzen in eine breitere Fahrrinne kam, und gewann so der
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