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Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)
Autoren: Daniel Twardowski
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dass die Wilden nicht so gefährlich, sie selbst kaum so gefährdet waren, wie aufgrund der albernen und bestialischen Menschenfresserei alle glaubten, konnte er nichts Besseres tun,
als Taranaki im Stich zu lassen. So nannten es jedenfalls die Zeitungen und Einwohner von Wanganui, als Whitmore mehr als die Hälfte seiner Armee aus dem umkämpften Distrikt abzog. Die hysterischeren Beobachter in Wellington nannten ihn sogar einen Feigling und Verräter. Er trug das mit seiner vorzüglichsten Eigenschaft, nämlich der Sturheit dessen, der es besser weiß. Seine niedergeschlagene Truppe würde jedenfalls nur eins wieder aufrichten: ein neuer Krieg, ein neuer Gegner.
    Te Kooti, obwohl ein durchaus fähiger militärischer Führer, besaß doch bei Weitem nicht die kriegerische Genialität Titokowarus. Außerdem bewegte er sich nicht. Man wusste, wo er war. Und auch wenn er fast doppelt so viele Krieger unter Waffen hatte wie der Häuptling der Ngaruahine, würde er einer konzentrierten Belagerung seiner Urwaldfestung Nga Tapa nicht lange standhalten können. Whitmores Plan hatte darüber hinaus den Vorteil, dass man die Dreckarbeit weitgehend den Kupapa überlassen konnte, die den selbst ernannten Propheten hassten, weil er so viele ihrer Verwandten umgebracht hatte und mit seinem Haufen Ausbrecher eine ständige Bedrohung für ihre Stammesgebiete war.
    Also geschah es, dass in den letzten Tagen des Jahres 1868 eine Streitmacht von mehr als sechshundert Männern eine Schneise in den Urwald von Te Wera schlug und den steilen Bergkamm einschloss, auf den der Prophet sein Volk unklugerweise geführt hatte. Weniger als die Hälfte waren Pakeha; die Hauptlast trugen die Ngati Porou, von jeher Todfeinde Te Kootis. Schritt für Schritt wurden die Verteidiger, die zuletzt nur noch mit Kugeln feuern konnten, die aus dem Metall ihrer Essbestecke gegossen waren, von den überlegenen Waffen der Belagerer zurückgedrängt, und als man ihre geheime Quelle entdeckt hatte, die einzige Möglichkeit, auf ihrem einsamen Berg an Wasser zu kommen, war ihr Schicksal besiegelt.
    In einer halsbrecherischen nächtlichen Flucht die steilen Berghänge hinunter schaffte es der an Schulter und Fußknöchel
verwundete Te Kooti zwar, seine Leute aus der tödlichen Falle herauszubringen, aber die Verfolger umzingelten auch den Treck der halb verhungerten Flüchtigen und erschossen schließlich die letzten hundertdreißig in Gefangenschaft geratenen Krieger wie Hunde. Nur der Prophet selbst konnte mit wenigen Getreuen auch diesem Gemetzel entkommen und führte sie noch tiefer in die Koraha, die undurchdringliche Wildnis des Urewera. Niemand folgte ihnen, denn sie waren keine große Gefahr mehr.

160.
    Schon ehe er von Te Kootis vernichtender Niederlage erfuhr, hatte Titokowaru einen folgenschweren Entschluss gefasst. Er hatte die Pakeha aus der Provinz Taranaki herausgejagt, der Süden lag, bis auf wenige befestigte Stützpunkte, offen vor ihm, seine Stoßtrupps zeigten sich herausfordernd in den Außenbezirken von Wanganui Town. Aber mehr, wusste er, konnte er mit seiner noch immer zu kleinen Schar von Rebellen nicht tun. Noch einmal würde er Whitmore, der im Triumph aus dem Osten zurückgekehrt war, auch nicht dazu bringen können, ihn auf einem für ihn günstigen Terrain anzugreifen. Er tat deshalb etwas, das nach hellem Wahnsinn aussah: grub sich etwa auf halber Strecke zwischen Moturoa nach Wanganui im nahezu offenen Hügelland ein und wartete ruhig auf einen überlegenen Gegner, der an so viel Glück zunächst gar nicht glauben konnte.
    Erst die nähere Betrachtung von Tauranga Ika zeigte Whitmore, wie trügerisch sein Glück war und dass Kalkül auch hinter diesem letzten Schachzug Titokowarus steckte. Das Pa war ein Meisterwerk defensiver Kriegskunst. Vier starke Bastionen bildeten die Ecken einer quadratischen Anlage, deren Seitenlinien jedoch konkav nach innen gezogen waren, sodass ein Sturmangriff, egal auf welchen Punkt der doppelreihigen Palisade, stets von drei Seiten unter Feuer genommen werden konnte. Im Innern
schützten zahlreiche Erdbunker die Verteidiger vor Artilleriebeschuss, gedeckte Laufgräben verbanden die Schützenstellungen, die, wie schon bei Moturoa, aus einer Kombination von Wällen und Gräben bestanden.
    Es gab im ganzen pazifischen Raum keine Kanonen, die imstande gewesen wären, diese Anlage wund zu schießen, und sie mit dem Sturm zu nehmen würde nicht nur viele, sehr viele Menschenleben kosten, es würde auch sehr
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