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Fluch der Engel: Roman (German Edition)

Fluch der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Fluch der Engel: Roman (German Edition)
Autoren: Diana Itterheim , Jessica Itterheim
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Kanal war leer. Natürlich blieb das Frösteln, das mich durchzog, sobald ich nach Sanctifer Ausschau hielt, auch dieses Mal nicht aus. Ich war nicht besonders scharf auf ein Treffen mit ihm. Obwohl er nur ein Wächterengel war und ihm – im Gegensatz zu mir – kein ausgeprägtes Dämonenerbe anhaftete, besaß er einen Vorsprung an Erfahrung und Wissen von knapp dreitausend Jahren. Dennoch, meine Entscheidung, Philippe sicher zurückbringen zu wollen, stand fest!
    Entschlossen drückte ich mich von der Hauswand ab. Das Klackern der Absätze meiner schwarzen Lederstiefel durchbrach die gespenstische Stille. Eine Straße und zwei Brücken weiter hallte neben meinen ein weiteres Paar Schuhe zwischen den eng zusammenstehenden Häuserzeilen wider. Noch konnte ich meinen Verfolger – falls es überhaupt einer war – nur hören. Und obwohl ich mich am liebsten versteckt und herausgefunden hätte, wer sich außer mir noch durch düstere Gassen schlich, hielt ich weiter auf mein Ziel zu. Engel fürchteten sich vor Racheengeln wie mir,und im Moment lag mir nur wenig daran, ihnen diese Furcht zu nehmen.
    Schneller als erwartet, erreichte ich den vereinbarten Treffpunkt: das Ende einer Gasse, an der ein schmaler Kanal vorbeiführte. Eine Gondel wartete hier allerdings nicht, und zurück konnte ich auch nicht ohne weiteres. Also zählte ich bis drei, versuchte gelassen zu wirken und drehte mich zu meinem Verfolger um – aus Versehen hatte der sich bestimmt nicht in die Sackgasse verirrt.
    Das Lächeln gefror mir auf den Lippen – gut, dass es unter der Maske verborgen blieb. Groß, dunkelhaarig, gutgebaut. Ein Leckerbissen für Augen, die nur seine Oberfläche sehen konnten. Raffael, Sanctifers Ziehsohn, Flüsterer, menschlich und seit fast einem Jahr Schüler im selben Internat wie ich, stand vor mir. Er hatte sich nicht die Mühe gemacht, sich zu verkleiden. Seine Maske trug er ständig. Nachdem er als Kind beinahe im Feuer verbrannt wäre, hatte Sanctifer ihn aufgenommen und ihm mit Hilfe von Engelsmagie sein glänzendes Aussehen geschenkt.
    »Kaum wiederzuerkennen unter der weißen Pestmaske«, begrüßte er mich. »Bewachen deine Engel dich so streng, dass du vermummt spazieren gehen musst?«
    »Wie du sicher weißt, bin ich nicht freiwillig unterwegs. Außerdem scheint mir meine Aufmachung im Moment passender zu sein als deine« – und zudem ging es ihn überhaupt nichts an, dass weder Aron noch Christopher wusste, wer mich erwartete. »Hat Sanctifer seine Pläne geändert, oder hast du das Boot vergessen, das mich zu ihm bringen soll?«
    Ein Grinsen huschte über Raffaels Gesicht. »Streitlustig wie immer, aber sonst wärst du ja auch kaum dazu geeignet, ein Racheengel zu sein. Sanctifer wollte sichergehen, dass du allein zum Treffpunkt kommst. Wenn du mir bitte folgen würdest.«
    Formvollendet verbeugte sich Raffael vor mir und bot mir seinen Arm an. Ich schlug ihn aus, was ihm ein amüsiertes Schulterzucken entlockte.
    »Wie du willst, dann eben Begleitung ohne einander zu nahe zu kommen .«
    Raffael führte mich tiefer in das verwirrende Labyrinth aus Gassen, Kanälen und Brücken des oberirdischen Teils der Stadt der Engel, das dem Menschenvenedig ziemlich ähnlich sah. Allein zurückzufinden würde Stunden dauern. Ich würde zu spät zum Lichtmeerfest kommen, Aron mich zur Schnecke machen und Christopher, anstatt mich in die Arme zu nehmen, so lange ausquetschen, bis ich ihm verriet, wo ich gewesen war. Da ich hoffte, dass nicht nur ich, sondern auch Sanctifer das vermeiden wollte, folgte ich Raffael brav wie ein Schoßhündchen seinem Herrn.
    »So schweigsam heute?«, bemühte sich mein Begleiter, ein Gespräch in Gang zu bringen.
    »Und du, so mutig?«, konterte ich.
    Raffael zuckte ein klein wenig zusammen. Er hatte mich in meiner Gestalt als Racheengel gesehen und wusste, was das bedeutete. Vermutlich hätte er Reißaus genommen, wenn er meine Schattenseite kennenlernen würde.
    Wir schwiegen beide, und ich bedauerte schnell, so abweisend gewesen zu sein. Ein wenig Ablenkung hätte meine Nervosität nicht ansteigen, sondern abflauen lassen. Als wir die Gondel erreichten, verpasste ich vor lauter Anspannung die unterste Stufe der Kaimauer. Wenn Raffael mich nicht aufgefangen hätte, wäre ich kopfüber im Wasser gelandet.
    »So in Eile?«, zog er mich auf.
    »Ja. Schließlich hab ich heute noch was Besseres vor, als mich mit deinem Herrn und Meister zu treffen.«
    Raffael ließ mich augenblicklich los. Bei
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