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Fluch der Engel: Roman (German Edition)

Fluch der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Fluch der Engel: Roman (German Edition)
Autoren: Diana Itterheim , Jessica Itterheim
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wollte sicher sein, dass ich allein kam.
    Anstatt in eines der Zimmer führte Raffael mich nach unten in einen spärlich beleuchteten Kellerraum, wo er mir das Wächterband wieder abnahm. Ich ahnte, was mir bevorstand, und biss die Zähne zusammen, als Raffael die Tür öffnete. Auf keinen Fall wollte ich ihm zeigen, welche Probleme ich beim Durchschreiten eines mit Engelsmagie gesicherten Gebäudes hatte. Offenbar verhinderte meine nicht ganz so reine Seele, dass ich das unterirdische, mit Engelszauber errichtete Labyrinth der Stadt ungestraft betreten konnte.
    Wie befürchtet, riss es mich, trotz Luftanhalten und Zähneknirschen, mal wieder von den Beinen. Gerade noch rechtzeitig, bevor ich auf dem harten Steinboden aufschlug, fing Raffael mich auf.
    »Du schwächelst schon jetzt? Ich dachte, das kommt erst, wenn du Sanctifer gegenüberstehst.«
    »Überschätzt du die Fähigkeiten deines Gebieters da nicht ein bisschen?«, fragte ich genervt, während ich mich aus seiner Umarmung befreite.
    »Du wärst nicht der erste Engel, der vor ihm in die Knie geht«, antwortete Raffael mit einem undefinierbaren Unterton.
    Bilder, wie Sanctifer Christopher quälte, tauchten vor meinem inneren Auge auf und schnürten mir das Herz zusammen. Keine Sekunde später lag meine Hand an Raffaels Kehle. Wusste er, wie viel Angst mir seine Worte einjagten? War auch er schon so weit, dass es ihm Freude bereitete, andere leiden zu sehen? Ein Blick in sein Gesicht ließ mich diesen hässlichen Gedanken bereuen. Die geweiteten Pupillen und das Zucken an seinem Augenlid, als Teile der Maske sich auflösten, die ihm sein makelloses Aussehen schenkte, zeigten mir, dass Raffaels Angst echt war. Er spielte nicht, weder mit meinen noch mit seinen Gefühlen.
    »Denk in Zukunft lieber noch mal darüber nach, was du zu einem Racheengel sagst. Meine Gutmütigkeit könnte überstrapaziert werden.« Um meine Warnung zu unterstreichen – und mir selbst ein wenig Mut zu machen –, warf ich ihm einen finsteren Blick zu, bevor ich ihn losließ. Dass Raffael dann tatsächlich aufAbstand ging und jeden meiner Schritte argwöhnisch beobachtete, war mir dann doch etwas zu viel. Vielleicht sollte ich in Zukunft vorsichtiger sein mit dem, was ich tat und sagte – an meine Wirkung als Racheengel musste ich mich wohl erst noch gewöhnen.
    Christophers Bild, das bei diesem Gedanken in meinem Kopf erschienen war, wieder aus dem Gedächtnis zu streichen gelang mir natürlich nicht mehr. Allerdings drängte nicht der Engel, sondern seine Schattengestalt aus meiner Erinnerung hervor. Die dunkle Seite seines Wesens. Der Teil, der Christopher lange glauben ließ, niemals lieben zu können – oder geliebt zu werden. Auch in mir schlummerte so ein Schatten. Dass er weit weniger gefährlich war als Christophers Schatten, spielte keine Rolle.
    Ob es wohl diese Gemeinsamkeit war, die mich angezogen hatte? Das intuitive Wissen, ein dämonisches Erbe zu teilen? Konnte ich ihn als Racheengel deshalb noch lieben, weil ich ihn schon als Mensch geliebt hatte? Gut möglich. Doch genau konnte das niemand sagen, da Christopher und ich die ersten Racheengel waren, die sich nicht an die Gurgel sprangen, sobald sie aufeinandertrafen – und niemand wusste, ob und wie lange das so bleiben würde.
    »Doch ein wenig Muffensausen?«, unterbrach Raffael meine Gedanken – ich musste dringend an einem Pokerface arbeiten.
    Um selbstsicher zu wirken, schenkte ich ihm mein bestes Engelslächeln. Es gefror zu einem gequälten Grinsen, als ich die beiden Gestalten am Ende des verwinkelten Flurs entdeckte. Zwei geflügelte, mit Lanzen bewaffnete Wachen standen neben einer eisernen Tür und beäugten mich misstrauisch. Raffael zuckte nicht mit der Wimper. Engel mit Waffen waren für ihn wohl nichts Neues – mich beunruhigten sie umso mehr. Mein Plan B – der Fluchtversuch – schied damit wohl aus.
    Als gehöre das zu seiner täglichen Routine, steuerte Raffael auf den in die Wand gemeißelten Löwenkopf zu und steckte einen Arm in das geöffnete Maul. Während er gelassen blieb, liefen mir eisige Schauder über den Rücken. Ihm jetzt die Hand abzutrennen wäre ein Kinderspiel. Natürlich bemerkte Raffael mein Zittern.Doch als ich an der Reihe war, meinen rechten Arm in den dunklen Schlund zu stecken, packte er keine zynische Bemerkung aus, sondern drückte mir aufmunternd die Schulter.
    »Es ist nur ein Scanner in einer antiken Verpackung. Außerdem ist der Kampfarm eines Racheengels viel zu
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