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Flehende Leidenschaft

Flehende Leidenschaft

Titel: Flehende Leidenschaft
Autoren: Susan Johnson
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Nordrand der Straße, im romanischen Stil, schmucklos bis auf das Kreuz über der Tür und die farbigen Fenster. In der Kindheit war Georg, der romantische blonde Ritter, Elizabeths Lieblingsheld gewesen.
    Nach der Ehe mit Hotchane glaubte sie nicht mehr an Helden. Aber das schöne Bild gefiel ihr immer noch, und sie lächelte dem Mädchen zu, das er vor dem Drachen gerettet hatte.
    Auf dem Weg zu Rosies Haus schüttelte sie die bedrückenden Erinnerungen an ihre Ehe ab. Obwohl der Vater sie ständig zu einer zweiten Heirat drängte, fühlte sie sich frei und unabhängig. Jetzt konnte sie die Vergangenheit begraben, die frische Frühlingsluft genießen, den Duft des jungen Grases.
    Wie immer freute sie sich auf den Besuch bei Rosie und deren Schützlingen. Jeden Nachmittag half sie den jungen Damen, lesen und schreiben zu lernen und spielte auf dem Cembalo, während sie sangen. Danach unterhielt sie sich mit ihrer geliebten Gouvernante bei einer Tasse Tee.
    Rosie umarmte und küßte Elizabeth, während der Wachtposten vor der Haustür Stellung bezog.
    »Möchtest du zuerst Tee trinken?« fragte die alte Gouvernante, der die innere Unruhe ihrer einstigen Schülerin sofort auffiel.
    »Wie hast du das erraten, Rosie?«
    »Nun, ich sehe dir an, daß du wieder einmal mit deinem Vater gestritten hast. Und er wird seine Bemühungen, dich ein zweites Mal zu verheiraten, nicht aufgeben.« Entsetzt hatte Agnes Rosbery mit angesehen, wie die sechzehnjährige Elizabeth mit dem siebzigjährigen Hotchane Graham vor den Traualtar getreten war.
    »Aber es wird ihm wohl nichts anderes übrigbleiben.«
    »Er könnte einen Richter finden, der ihm einen Gefallen schuldet«, meinte Dame Rosbery und führte Elizabeth in den Salon.
    »Glücklicherweise ist mein Geld gut versteckt.«
    »Und hoffentlich ebensogut bewacht.«
    »Oh, ich denke schon«, erwiderte Elizabeth, obwohl sie bezweifelte, daß die Redesdale-Männer zwei Dragonerkompanien standhalten würden.
    »Setz dich, ich gehe nur rasch zu Tattie und bestelle den Tee.« Rosie nahm ein Buch von einem Tischchen neben der Tür und reichte es ihrer Besucherin. »Mal sehen, was du von Daniel Defoes neuem Werk hältst.«
    Aber Elizabeth konnte sich nicht auf die Lektüre konzentrieren, in Gedanken immer noch bei der unerfreulichen Diskussion mit ihrem Vater. Sie fühlte sich auch zu rastlos, um Platz zu nehmen.
    Und so stand sie immer noch in der Mitte des Zimmers, als ein Mann durch die offene Tür eintrat, die in den Garten führte. Er trug eine schwarze Kutte und lächelte freundlich.
    »Guten Tag, Lady Graham«, grüßte Johnnie und verneigte sich ehrerbietig. Sein glattes schwarzes Haar glänzte im Sonnenlicht.
    »Kenne ich Sie?« Vielleicht sollte sie ihn fürchten, doch sie fand ihn sehr charmant und fragte sich, wie ein Geistlicher so verführerisch wirken konnte.
    »Leider sind wir uns noch nie begegnet.« Obwohl seine blauen Augen an die kalte Nordsee erinnerten, strahlten sie eine seltsame Glut aus. »Schon oft hörte ich Ihre Schönheit rühmen. Doch die Wirklichkeit übertrifft alle Lobeshymnen.«
    Seine samtweiche Stimme jagte einen sonderbaren Schauer über ihren Rücken, und sie holte tief Atem, um sich zu fassen. »Sind Sie ein Presbyterianer?«
    »Eigentlich bin ich …«, begann er, und sie glaubte beinahe, er würde sich als Erzengel vorstellen, weil er so überirdisch schön war, »… der Laird von Ravensby.«
    Krampfhaft schluckte sie. Also kein Erzengel, sondern der Teufel persönlich, der berühmteste Wüstling im Grenzland.
    »Jetzt müssen wir gehen. Kommen Sie.« Höflich reichte er ihr die Hand, als wollte er sie um einen Tanz bitten.
    All die schrecklichen Gerüchte, die sie über den Laird gehört hatte, gingen ihr durch den Sinn. »Nein«, wisperte sie und wich zurück.
    »Tut mir leid«, entschuldigte er sich.
    Sie wollte schreien, aber er hielt ihr blitzschnell den Mund zu. Mit gedämpfter Stimme erteilte er einen Befehl, und zwei Männer tauchten auf, die Elizabeth fesselten und knebelten. Dann warf er sie über seine Schulter, trug sie in den Garten und durch das Gatter in der Ziegelmauer. Auf der Straße wurde sie in einen Heuwagen verfrachtet. Alle drei Männer legten ihre schwarzen Kutten ab und verwandelten sich in zerlumpte Schafhirten.
    Als Johnnie sich neben seine Gefangene ins weiche Stroh setzte, versprach er: »Ich werde Ihnen nicht weh tun.«
    Trotz dieser tröstlichen Worte versuchte sie, von ihm wegzurücken.
    »Nur wegen des Heus«,
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