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Flammenzorn

Flammenzorn

Titel: Flammenzorn
Autoren: Laura Bickle
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mit ihnen geschah, sie hoffte, dass sie nicht nur Futter waren, eine spirituelle Nahrung für das Vakuum in ihrem Herzen.
    In den letzten Monaten war dieses Vakuum immer größer geworden. Sie konnte spüren, wie die Taubheit und das Gefühl der Isolation wuchsen wie ein schwarzes Loch. Unentwegt hungrig verzehrte dieses Loch alles, was in die Reichweite ihrer schauerlichen Anziehungskraft geriet, und mit jedem Atemzug schien es noch stärker zu werden und nach mehr zu greifen. Je mehr Geister Anya in sich aufnahm, desto größer, dichter und schwerer wurde das Loch. Sie befürchtete, dass die Menschen, die sie zu nahe an sich heranließ, auch in diesen Sog geraten könnten.
    Anya schloss die Eingangstür und lehnte sich dagegen. Diesen kindlichen Geist zu verschlingen hatte sie verstört. Sie hatte angenommen, dass es sich bei der Macht, die sich im Haus der Salzgurken-Frau eingenistet hatte, um einen ganz gewöhnlichen Geist handelte, der unter der Last der Jahre und der Langeweile bösartig geworden war. Ein boshaftes Teufelchen - ein Geist, den sie auslöschen könnte, ohne dass ihr Gewissen ihr den Schlaf rauben würde. Aber dieser Vorfall würde ihr noch lange zu schaffen machen. Sie spürte, wie die Last ihres eigenen Bedauerns an ihr zerrte, als sie sich die Stiefel auszog und den Mantel auf die ausgebleichte Couch warf.
    Unter den Schritten ihrer bestrumpften Füße lud sich der rostfarbene Teppich im Wohnzimmer statisch auf. Sie hatte den Raum mit Fundstücken von Garagenflohmärkten spärlich ausgestattet: eine Kapitänstruhe anstelle eines Kaffeetischs, zwei nicht zusammenpassende asiatische Lampen mit Porzellanfuß, ein Spiegel mit einem antiken Messingrahmen über einem samtbezogenen Sofa. Anya hatte jeden dieser Gegenstände selbst berührt, ehe sie ihn erworben hatte - sie hatte keine Lust, sich mit negativen Prägungen oder den Geistern der früheren Eigentümer herumzuschlagen. Hätte sie es sich leisten können, hätte Anya sich neue Möbel gekauft.
    Katie hatte Anya oft dabei geholfen, Gegenstände ohne Überbleibsel der Vergangenheit auszuwählen. Die Hexe hatte das Haus auch gesegnet und gesagt, es hätte eine glückliche Geschichte, was immerhin ein kleiner Trost war. Häuser wie dieses gab es in Detroit heute nur noch selten. Es roch nach Zitronensaft und Salbei und war gesäubert von jeglichem spirituellen oder physischen Schmutz. Ihre
    Feuerwehrausrüstung ließ Anya stets im Wagen. Sie wollte nicht, dass der Dreck und der Brandschmutz ihre kleine Oase verunreinigten.
    Sie machte sich nicht die Mühe, das Licht einzuschalten. Sämtliche Elektrogeräte im Haus waren nicht angeschlossen, die Steckdosen waren mit Kindersicherungen versehen. Sparky hatte ein krankhaftes Interesse an allem, was elektrisch war, und Anya konnte nicht darauf vertrauen, dass er den Saft in der Leitung nicht kosten und eine Sicherung hochjagen würde. Da er keine Daumen hatte, war es ihm bisher nicht gelungen, die Steckdosensicherungen zu entfernen. Letzte Woche hatte Anya eine Mikrowelle gekauft. Soweit es Sparky betraf, war dies das beste Küchengerät aller Zeiten. Die Mikrowelle stand, wieder in ihrem Karton verpackt, auf dem Küchentisch. Die ehemals weiß lackierte Oberfläche war schwarz verkohlt, die Glasscheibe gesprungen. Die Chancen, dass der Händler das Gerät zurücknahm, standen wohl nicht gut, aber Anya wollte es trotzdem versuchen.
    Sie ging ins Badezimmer und schaltete die Deckenleuchte ein. Die schwarz-weißen Retrofliesen glänzten im Licht. Eine Sammlung von Gummienten stand auf einem Regalbrett an der Wand und grinste sie cartoontypisch an. Anya drehte das heiße Wasser an der Badewanne auf und warf eine Handvoll Badesalz hinein. Dann nahm sie ihre Lieblingsente - ein frecher Pirat mit Plastikaugenklappe - vom Regal und ließ sie ins Wasser fallen, wo sie träge unter dem Wasserhahn kreiste.
    Anya schälte sich aus den klebrigen, essigbefleckten Klamotten und verstaute sie in der Waschmaschine, die in einer kleinen Kammer stand. Kälte jagte über ihren Leib, als sie das Waschmittel abmaß und die Wassertemperatur einstellte. Als sie in das Haus gezogen war, hatte Anya in weiser Voraussicht einen extragroßen Heißwasserboiler einbauen lassen. Als Brandermittlerin wurde sie oft ziemlich schmutzig, und sie wollte nicht auf den Luxus, genug heißes Wasser zur Verfügung zu haben, verzichten.
    Als sie ihr Spiegelbild sah, hielt sie inne. Das haselnussbraune Haar fiel auf ihre weiße Schulter, die
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