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Flammenzorn

Flammenzorn

Titel: Flammenzorn
Autoren: Laura Bickle
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keine Wimpern mehr. Schließlich öffnete sie den Bademantel, um sich die Verbrennungen an der Brust anzusehen, die Mimi hinterlassen hatte. Doch unter dem Neonlicht war nur glatte, weiße Haut zu sehen. Der Salamanderreif hing wie eh und je an ihrem Hals. Sie berührte ihn und überlegte, ob die Rüstung unter der Haut fortlebte und ob sie sie je wieder brauchen würde.
    »Ich glaube, das wächst wieder nach«, verkündete Katie und streichelte ihren kahlen Hinterkopf. »Hier fühle ich sogar ein paar Stoppel.«
    »Was habe ich verpasst?«, fragte Anya, während sie die fremdartige, ebene und runde Fläche ihres Schädels betastete. Sie hatte gar nicht gewusst, dass sie oberhalb der Schläfe einen Leberfleck hatte. Sonderbar.
    »Erst die guten oder die schlechten Neuigkeiten?«
    Anya wappnete sich innerlich. »Fang mit den schlimmen Nachrichten an.«
    »Du erinnerst dich an die Videoausrüstung, die Brian in dem Salzbergwerk aufgebaut hat? Die Kamera hat nichts Interessantes aufgenommen, nur ein paar hübsche Bilder von der Explosion des Jeeps. Er ist wirklich sauer deswegen, aber er überlegt schon, ob er die vorhandenen Aufnahmen einer dieser Reality-Shows andrehen soll.«
    »Ist das schon alles an schlechten Neuigkeiten?«
    »Kommt darauf an, wie man es betrachtet. Jules hat etwas Neues über das kleine Mädchen in dem Getränkeautomaten. Die Polizei konnte sie inzwischen identifizieren. Ihr Name war Gloria Selby, vermisst seit 1974. Sie hat gleich gegenüber der Essiggurkenfrau gewohnt. Der Leichenbeschauer hat einen Unfalltod diagnostiziert - wahrscheinlich ein unglücklich verlaufenes Versteckspiel.«
    Anya legte die Stirn in Falten. Das war eine traurige Geschichte, aber nun hatte das Mädchen wenigstens einen Namen und konnte anständig beerdigt werden.
    »Du hast Post und ein paar Nachrichten auf dem Anrufbeantworter.« Katie schlenderte zurück ins Wohnzimmer und zählte allerlei Dinge an den Fingern ab. »Dein Boss, Captain Marsh, sagt, du sollst - ich zitiere - ›mit der Faulenzerei aufhören und Montag wieder zur Arbeit erscheinen‹. Brian kommt später noch vorbei und bringt dir ein paar Lebensmittel. Sparkys Leuchtwurm braucht neue Batterien. Und dann ist da noch das.« Katie zeigte mit dem Zeh auf ein Paket im Wohnzimmer. Eine in braunes Papier gehüllte Kiste lehnte dort an der Wand.
    Anya hob sie hoch und drehte sie um. Die Absenderadresse gehörte Drake, und der Stempel war zwei Tage alt. Vorsichtig öffnete sie das braune Papier, unter dem eine hölzerne Kiste zum Vorschein kam. Mit einem Brotmesser hebelte sie genug Nägel heraus, um den Inhalt aus der schützenden Hülle zu befreien.
    Es war ihr Portrait von dem Abend in Drakes Studio. Ischtar. Sie hielt das Bild ins Licht, und es versetzte ihr einen Stich. Wenn sie bedachte, wie sie gerade vor ein paar Minuten im Spiegel ausgesehen hatte, dann kam es ihr vor, als stamme dieses Bild aus einer anderen Welt ... das war nicht die glatzköpfige, nackte Frau in einem gelben, mit Enten gemusterten Bademantel.
    Katie stieß einen leisen Pfiff aus. »Das ist wirklich scharf.«
    Anya lehnte es an die Kamineinfassung.
    Es würde sie stets daran erinnern, was sie sein konnte, wenn sie es nur zuließ.
    Anya saß in der vorderen Kirchenbank von St. Florian und wartete. Sie hatte schon den ganzen Vormittag darauf gewartet, dass der Geist des Priesters in Erscheinung träte. Nun beobachtete sie das Spiel von Licht und Schatten der Buntglasfenster und das Kommen und Gehen der Gläubigen. Sparky hatte sich in der Bank ausgestreckt, um ein Schläfchen zu halten, nur um jedes Mal, wenn ein ahnungsloses Gemeindemitglied versuchte, auf ihm Platz zu nehmen, bissig zu werden. Mehr als eine Person fing sich ein unangenehmes Frösteln ein, stand wieder auf und zog weiter.
    Endlich, es dämmerte bereits, tauchte der Geist des Priesters auf. Wie in ihrem Traum ging er durch das Kirchenschiff und setzte sich in die vordere Bank. Das letzte Tageslicht schien durch ihn hindurch, und der Geist wirkte beinahe zerbrechlich.
    »Ich möchte, dass Sie wissen«, sagte sie zu ihm, »dass ich weiß, was passiert ist. Die Dämonin Mimiveh hatte Sie in ihren Klauen.«
    Der junge Priester starrte seine Hände an. »Ich hätte stärker sein müssen.«
    »Ich auch. Aber mich hat sie auch überwältigt.« Anya beugte sich vor, und ihre Finger spielten mit den Fransen des Schals, den sie sich um den Kopf gewickelt hatte. Ihr Haar war koboldhaft kurz und ihr Nacken kalt genug, sodass sie
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