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Flammentod

Flammentod

Titel: Flammentod
Autoren: Oliver Buslau
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kaum darüber gesprochen.«
    »Und jetzt wissen Sie natürlich auch nichts darüber, wie Ihr Schwager umkam.«
    Sommer trat die Zigarettenkippe auf dem Boden aus.
    »Ich habe Geld gebraucht.«
    »Zum Leben?«
    »Für meinen Sohn natürlich! Als die Sache mit meinem Mann passiert ist, habe ich mir gedacht: Jetzt ist es soweit. Jetzt muß die Operation gemacht werden. Wissen Sie, das war kein Leben mehr für Gerd. Können Sie sich vorstellen, was solche Menschen durchmachen? Von vielen werden sie als durchgedrehte Tunten verachtet. Manche Leute glauben auch, es seien Transvestiten. Aber das stimmt nicht. Es sind Menschen, bei denen Psyche und Körper nicht zusammenpassen. Selbst mir war lange nicht klar, was mit meinem Sohn los war. Er hat es selbst nicht gewußt und es dann jahrelang versteckt. Als er noch zu Hause lebte, hat Achim ihn überrascht, wie er in Frauenkleidern in seinem Zimmer stand. Er hat ihn halb-tot geprügelt. Als ich dann die Wohnung in Moitzfeld fand, zog Gerd bei mir ein. Erst damals habe ich es erfahren. Später ist Gerd häufig zu dem Haus in Lückerath gefahren. Dort hatte er so was wie ein Refugium. Er konnte für sich sein.«
    »Und Fotos von sich machen«, warf ich ein.
    »Natürlich«, sagte Angelika. »Das ist ganz normal bei solchen Menschen. Sie fühlen sich ja selbst am Anfang unsicher in der Rolle, die die Natur ihnen aufzwingt. Sie müssen alle Aspekte, die das Leben in dem neuen Geschlecht mit sich bringt, nach und nach ausprobieren. Es ist ein bißchen wie in der Pubertät - nur eben später und gesellschaftlich viel riskanter.«
    »Wir sollten darauf zurückkommen, was Sie unternommen haben, um Geld zu beschaffen«, sagte Sommer.
    »Ich bin zu meinen Schwager gegangen und habe ihn um Geld gebeten. Geld aus seinen Geschäften mit den illegalen Zigaretten.«
    »Was hat er getan?«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Er hat abgelehnt. Er hat gesagt, er habe zwar Geld, aber er brauche es, weil eine größere Lieferung kommen sollte. Er hätte natürlich auch andere Quellen gehabt, aber er stellte sich stur. Er war wie Achim.«
    »Er war bereit, für Sie einen Mörder zu decken, aber nicht, Ihnen Geld zu leihen?«
    »Er sah nicht ein, daß Gerd Geld für die Operation brauchte. Für ihn war alles in Ordnung, wenn Gerd mit heiler Haut davonkam -«
    »Und sein Tabakprivathandel nicht herauskam. Jetzt verstehe ich, warum Sie Ihren Schwager um ein Alibi für Ihren Sohn fragten. Sie hätten ihn notfalls unter Druck setzen können. Ganz schön clever.«
    Angelika Diepeschrath schwieg.
    »Was haben Sie getan, um das Geld zu kriegen?« fuhr Sommer die Befragung fort.
    »Ich habe ihn über die näheren Umstände ausgequetscht und herausgefunden, wann er sich in Lückerath mit seinen Lieferanten treffen wollte.«
    »Und dann haben Sie ihm das Geld abgenommen?«
    »Es blieb mir nichts anderes übrig. Ich dachte nur an meinen Sohn.«
    »Und er hat Ihnen das Geld einfach gegeben?«
    »Ich hatte eine Waffe. Sie hat meinem Mann gehört, und sie war noch in unserem Haus. Damit habe ich Rudolf bedroht. Er gab mir das Geld. Und dann war er gezwungen, zu dem Handel zu fahren, ohne bezahlen zu können. Das war mir aber egal. Gerd ging vor. Er ist kein Verbrecher, Rudolf dagegen war einer. Und Achim auch. Die haben ja unter einer Decke gesteckt.«
    »Das hat ihm schließlich das Leben gekostet«, faßte Sommer zusammen. »Nach allem, was wir wissen, hat Ihr Schwager versucht, die Schmuggler hinzuhalten. Doch die ließen sich das nicht gefallen.«
    »Wo ist das Geld jetzt?« fragte ich.
    »Morgana hat es«, sagte Angelika Diepeschrath. »Ich habe es ihr gegeben, weil ich dachte, die Polizei könnte bei mir eine Hausdurchsuchung machen. Es sind fünfzigtausend Mark.«
    »Hat Ihr Schwager eigentlich etwas davon gewußt, daß ich Ermittlungen durchführe?« fragte ich.
    Sie nickte. »Als Sie in den Laden kamen, schöpfte ich gleich Verdacht. Das heißt, eigentlich kam Morgana darauf. Ich fuhr sofort zu Rudolf und erzählte ihm davon. Und es war ja wohl kein Zufall, daß Sie kurz darauf bei ihm auftauchten. Zuerst hat er geglaubt, Sie wollten auch ins Zigarettengeschäft einsteigen. Später hat er mir dann erzählt, er habe dafür gesorgt, daß Sie aus dem Rennen seien. Angeblich hätten Sie eine Warnung erhalten.«
    »Dann waren die durchschnittenen Reifen ein Gruß von ihm«, sagte ich. »Und lassen Sie mich raten. Er hat auch am Morgen nach dem Mord die Polizei informiert, Becker als Verdächtigen genannt und
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