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Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)

Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Flammenkinder: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Lars Kepler
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Kinder nicht da. Der Wagen wurde verlassen auf einem Waldweg in der Nähe gefunden, aber Samuel sah seine Familie nie wieder. An einem kühlen Morgen ein Jahr später ging Samuel Mendel zu dem schönen Strand hinunter, an dem seine Jungen immer schwimmen gegangen waren. Acht Monate zuvor hatte die Polizei die Suche eingestellt, und nun hatte er selbst aufgegeben. Er zog seine Dienstpistole aus dem Schulterhalfter und schoss sich in den Kopf.
    Tief unter sich sieht Joona den Schatten des Flugzeugs auf der glitzernden Wasseroberfläche. Er blickt aus dem Fenster und denkt an den Tag zurück, an dem sein Leben zu einem Scherbenhaufen zerschlagen wurde. Es war still im Auto, und die Welt war in ein eigentümliches Licht getaucht. Die Sonne schien rot hinter dünnen Schleiern. Es hatte geregnet, und die Sonnenstrahlen ließen die Wasserpfützen leuchten, als würden sie unterirdisch brennen.

186
    Joona und Summa hatten eine Reise mit dem Auto in kleinen Etappen geplant: an der Küste entlang nach Umeå hoch, dann westlich an Storuman vorbei bis ins norwegische Mo i Rana und anschließend die norwegische Westküste entlang nach Süden. Jetzt waren sie unterwegs zu einem Hotel, das mitten im Dalälven lag, und wollten am nächsten Tag einen nahegelegenen Tierpark besuchen.
    Summa wechselte zu einem anderen Radiosender und murmelte zufrieden, als sie eine Station mit angenehm ruhiger Klaviermusik fand, in der die Töne ineinanderflossen. Joona streckte sich nach hinten, um zu kontrollieren, ob Lumi gut in ihrem Kindersitz saß und ihre Arme nicht herausgezogen hatte.
    »Papa«, sagte sie schläfrig.
    Er spürte ihre kleinen Finger in seiner Hand. Sie klammerte sich an sie, ließ aber los, als er zog.
    Sie fuhren an der Abfahrt nach Älvkarleby vorbei.
    »Sie wird den Tierpark von Furuvik lieben«, sagte Summa leise. »Die Schimpansen und Nashör…«
    »Ich habe schon einen Affen«, rief Lumi von der Rückbank.
    »Was?«
    »Ich bin ihr Affe«, sagte Joona.
    Summa hob die Augenbrauen.
    »Das passt zu dir.«
    »Lumi kümmert sich um mich – sie sagt, dass sie eine liebe Tierärztin ist.«
    Summas sandbraune Haare hingen ihr ins Gesicht und verdeckten ihre großen, dunklen Augen halb. Die Lachgrübchen in ihren Wangen vertieften sich.
    »Warum brauchst du eine Tierärztin? Was fehlt dir?«
    »Ich brauche eine Brille.«
    »Hat sie das gesagt?«, meinte Summa lachend und blätterte weiter in ihrer Zeitung, ohne zu merken, dass er einen anderen Weg nahm und sie bereits nördlich des Flusses Dalälven waren.
    Lumi war mit einer Puppe an ihrer verschwitzten Wange eingeschlafen.
    »Bist du sicher, dass wir keinen Tisch reservieren müssen?«, fragte Summa plötzlich. »Ich möchte heute Abend nämlich auf der Veranda sitzen, damit wir Aussicht auf den Fluss haben …«
    Die Straße war gerade und schmal, der Wald stand finster hinter den Wildschutzzäunen.
    Erst als er Richtung Mora abbog, erkannte Summa, dass etwas nicht stimmte.
    »Joona, wir sind ja an Älvkarleby vorbeigefahren«, sagte sie plötzlich. »Wollten wir da nicht Halt machen? Wir hatten doch ausgemacht, dass wir dort Pause machen.«
    »Ja.«
    »Was tust du?«
    Er antwortete nicht, starrte nur auf die Straße, auf der die Wasserpfützen in der Nachmittagssonne glitzerten. Auf einmal schwenkte ein Lastwagen ohne zu blinken auf die Überholspur.
    »Wir haben doch gesagt, dass wir …«
    Sie verstummte, atmete durch die Nase und fuhr mit ängstlicher Stimme fort:
    »Joona? Sag, dass du mich nicht angelogen hast, sag es jetzt.«
    »Ich musste es tun«, flüsterte er.
    Summa sah ihn an, und er hörte, wie aufgebracht sie war, auch wenn sie sich bemühte, gedämpft zu sprechen, um Lumi nicht zu wecken:
    »Das kann doch nicht dein Ernst sein«, sagte sie verbissen. »Du darfst jetzt nicht … du hast gesagt, es gebe keine Gefahr mehr, du hast gesagt, es sei vorbei. Du hast gesagt, es sei vorbei, und ich habe dir geglaubt. Ich habe dir geglaubt, dass du es dir anders überlegt hast, ich habe es dir geglaubt …«
    Ihre Stimme brach, und sie sah weg, zum Fenster hinaus. Ihr Kinn zitterte, und ihre Wangen liefen rot an.
    »Ich habe gelogen«, gestand Joona.
    »Du durftest mich nicht anlügen, das durftest du nicht.«
    »Nein … und es tut mir schrecklich leid.«
    »Wir können zusammen fliehen, das wird schon gehen, das muss einfach gehen.«
    »Summa, dir muss doch klar sein, du wirst ja wohl verstehen … wenn ich das für möglich halten würde, wenn ich wirklich
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