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Flammen um Mitternacht

Flammen um Mitternacht

Titel: Flammen um Mitternacht
Autoren: Stefan Wolf
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ihn geleert und dann die Fächer neu gefüllt: mit dem
Wasser aus einer mitgebrachten Flasche.
    Das Wasser
war vermischt mit einem absolut tödlichen Gift. Anschließend hatte sie die
Flasche an einem Stein zerschlagen und die Scherben im Boden verbuddelt.
    Ihr Plan
beruhte darauf: Josef trank für sein Leben gern Whisky. Und den mochte er kühl,
also immer mit Eis im Glas. Darauf verzichtete er nie.
    Sie mochte
nur zimmerwarmen Cognac. Hinsichtlich der Getränke würde es also keine
Komplikationen geben. Und auch nicht hinsichtlich des Motivs. Denn Josef war
Staatsanwalt, bekannt als unnachsichtig und streng. Sicherlich zählten die
Ganoven nach Tausenden, die er im Laufe seiner langjährigen Tätigkeit hinter
Gitter geschickt hatte. Und unter denen waren viele, die ihm den Tod wünschten.
    Ihr Mann und
sie hatten die 48 Kilometer von der Stadt bis hierher am Nachmittag
zurückgelegt.
    Jetzt umgab
sie die Stille des Ferienparks. In der Ferne hörten sie Kirchturmglocken, das
Kaminfeuer prasselte.
    Josef Weber
überprüfte, ob die Handwerker auch alles tadellos gerichtet hatten. Dann
stellte er eine mitgebrachte Whiskyflasche in die Hausbar, nahm das
Eiseimerchen und schlurfte in die Küche.
    Als er zurückkam,
füllten Eiswürfel des Eimerchen bis obenhin. Er stellte einen Krug Wasser dazu
und mixte sich dann einen sogenannten Longdrink (alkoholisches Getränk,
vermischt mit Wasser und Eis).
    Plötzlich
hob er den Kopf.
    „Heh, was
war denn das?“
    Auch sie hatte
das Geräusch gehört, ein Knacken an der Hintertür, die von der Küche ins Freie
führte.
    Weber schob
die buschigen Brauen zusammen und ging, um nachzusehen.
    Kaum war er
in der Küche, hörte Carola, wie er erschrocken grunzte.
    „Nimm die
Hände hoch, Weber!“ befahl eine dunkle Stimme. „Los, zurück!“
    Rückwärtsgehend
erschien er in der Tür, mit erhobenen Händen. Carola war vor Schreck wie
gelähmt. Beide Hände griffen in ihr langes Blondhaar, als müsse sie’s
festhalten.
    „Mann,
Schulz! Machen Sie keinen Unsinn!“ sagte Weber.
    Überrascht
stellte sie fest, daß er Angst hatte. Tatsächlich: Auf seinem kräftigen Gesicht
glänzte Schweiß.
    Der Mann,
den er Schulz genannt hatte, hielt ihm die Mündung seiner Pistole vor den
Bauch.
    Schulz war
hochgewachsen und hager, ein Mann in mittleren Jahren. Er sah sportlich aus,
aber auch wie jemand, der seinen Unterhalt mit geistiger Arbeit verdient. Er
wirkte verläßlich. Und wenn er einen Entschluß faßte, war daran sicherlich
nicht mehr zu rütteln.
    Sein Blick
streifte Carola.
    „Hallo, gnädige
Frau! Keine Sorge! Ihnen geschieht nichts. Die Abrechnung findet nur zwischen
Ihrem Mann und mir statt. Und das ist das letzte, woran mir noch liegt.“
    „Schulz!“
Josef Weber ächzte. „Sie müssen doch begreifen. Ich mußte Ihren Sohn
verurteilen. Er hat... äh...viel Schuld auf sich geladen. Aber machen Sie sich
jetzt nicht unglücklich.“
    Schulzens
Grinsen mißglückte.
    Carola
meinte, Rachsucht in seinen Augen zu entdecken.
    „Unglücklich?
Weber, du ahnst nicht, wie mich das befreien wird, wenn ich dich erschieße.
Hock dich in den Sessel!“
    Der
Staatsanwalt gehorchte.
    Schulz
musterte Carola mit unverhohlener Neugier.
    Jetzt nimmt
der mir alles ab, dachte sie. Um so besser! Das Gift hätte zu rasch gewirkt.
Aber nun lernt mein Alter die Todesangst kennen.
    Schulzens
Blick wanderte umher. Ohne Weber aus den Augen zu lassen, trat er zur Hausbar,
wo im Whiskyglas inzwischen die Eiswürfel geschmolzen waren.
    „Bilde dir
nicht ein, Weber, daß ich mir Mut antrinken muß. Aber ich habe, verdammt
nochmal, Durst!“
    Nein! dachte
sie. Nicht doch, du Idiot! Trink aus dem Wasserkrug. Aber nicht den vergifteten
Drink!
    Das Glas war
groß und von Kühle beschlagen.
    Schulz nahm
es.
    „Sie...
können das vor Ihrem Gewissen nicht verantworten“, sagte der Staatsanwalt in
diesem Moment. „Sie können mich doch nicht ermorden, nur weil ich meine Pflicht
tat.“
    „Du weißt
ganz genau, Weber, daß das Urteil zu hart war. Peter ist noch so jung. Aber du
hast ihn als Bestie hingestellt.“
    „Das ist
nicht wahr!“
    Carola
versuchte, sich an den Fall Peter Schulz zu erinnern, kam aber nicht drauf.
    Schulz hob
das Glas an den Mund und trank. Fasziniert sah sie zu. Die Erregung hatte
seinen Schlund ausgetrocknet. Er leerte es ganz.
    Als er das
Glas abstellte, schien sich sein Körper zu versteifen. Sekundenlang verharrte
er so. Dann krallte sich seine Hand in die Jacke an der Brust. Die
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