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Five Stars - Gefaehrliche Versuchung

Five Stars - Gefaehrliche Versuchung

Titel: Five Stars - Gefaehrliche Versuchung
Autoren: Lesley Ann White
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von seinem Sitz und verschwand hinter der Trennwand, die uns normalen Sterblichen den Blick auf die Wichtigen dieser Welt verstellte. Als sie zurückkam, lächelte sie gequält. »Frau Lobitz erwartet Sie.«
    Ich verkniff mir ein »na bitte, geht doch«, und betrat ohne ein weiteres Wort die Lounge. Es kam mir vor wie der Eintritt in eine neue Welt. Draußen der Lärm des riesigen Flughafens, hier drin nur die gedämpften Geräusche von kultivierten Gesprächen und das sanfte Klappern von Notebooktastaturen. Ich blickte mich um. Katja saß im hinteren Teil des Raumes direkt an einem der bodentiefen Fenster. Sie sah mir über den Rand des MacBook Air, das aufgeklappt auf ihrem Schoß ruhte, entgegen. Als klar war, dass ich sie entdeckt hatte, wandte sie sich wieder der Arbeit zu. Wie sie da in ihrem Businesskostüm mit zur Seite geneigten Beinen in dem bequemen Sessel saß, ganz in eine wichtige Aufgabe vertieft, gab sie das Idealbild der erfolgreichen Geschäftsfrau ab. Ja, sie gehörte hier hin, ganz im Gegensatz zu mir. Als ich durch den Raum ging, kam es mir so vor, als würden alle Anwesenden von ihren Zeitungen oder Computerbildschirmen, auf denen fast ausnahmslos der angebissene Apfel als Signum des Erfolgs leuchtete, aufblicken und mich anstarren. In Jeans und Schlabberpulli, den ich für einen Langstreckenflug für angemessen hielt, wirkte ich hier wie ein Exot. Zumal als Frau, denn die meisten Gäste waren Männer zwischen vierzig und fünfzig, viele hatte ihre Jacketts abgelegt und saßen in strahlend weißen Oberhemden mit dezenten Krawatten, die Beine übereinandergeschlagen, an Einzeltischen. Wie viele Augenpaare waren auf diese seltsame, junge Frau gerichtet, die da mit gesenktem Kopf vorbeiging, als hätte sie sich nur in der Tür geirrt? Zehn? Zwanzig? Es kam mir vor wie ein Spießrutenlauf. Als ich endlich Katjas Platz erreicht hatte, ließ sie mich ein paar Sekunden wie eine unartige Schülerin stehen, ehe sie mit einer fahrigen Bewegung auf den freien Stuhl ihr gegenüber deutete. »Setzen Sie sich, Violetta. Ich schaue mir gerade die Charts an, die Sie mir geschickt haben.«
    Kein: »Guten Tag, schön Sie zu sehen«. Kein: »Möchten Sie etwas trinken?« Sie würdigte mich keines Blickes, sondern klickte sich durch die Präsentation, die ich ihr heute Morgen übermittelt hatte. Ihr Gesicht zeigte keinerlei Regung, sodass ich nicht wusste, ob gleich ein Donnerwetter oder nur eine gemäßigte Kritik auf mich niedergehen würde. Lob war auf jeden Fall ausgeschlossen, dazu war Katja nicht fähig. Ich blickte mich vorsichtig um. An der Stirnwand stand ein Büfett mit Speisen und Getränken. Ob man sich selbst bedienen durfte? Ich hätte gerne einen Kaffee getrunken und eine Kleinigkeit gegessen, traute mich aber nicht zu fragen oder einfach aufzustehen und mir etwas zu holen. So blieb ich stumm sitzen wie eine Delinquentin, die auf das Urteil wartete. Katja ließ sich Zeit. Die Präsentation war auf zwanzig Minuten zugeschnitten, so lange hatte Five Stars jedem Bewerber zugebilligt. Es dauerte fast eine halbe Stunde, ehe sie den Kopf hob und mich einige Sekunden mit zu einem Strich zusammengepressten Lippen anschaute, ehe sie ihr Urteil fällte.
    »Die Testimonials sind viel zu lang. Die Statistiken sind nicht animiert, so kann ich die unmöglich präsentieren, das wirkt wie ein Schülervortrag. Und wo sind die Fotos geblieben? Sie reden doch immer von Emotionen, die wir entfachen müssen. Warum machen Sie es dann nicht?«
    Sie schaute mich an und legte den Kopf leicht schief, als überlegte sie, ob sie mir den Todesstoß jetzt sofort oder erst später geben sollte.
    »Ich glaube, Ihnen ist nicht klar, worum es hier geht, Violetta. Die Königskinder müssen diesen Pitch gewinnen, sonst verlieren wir den Anschluss im Onlinemarketing. Und Sie?« Sie machte eine Pause und ihr Gesicht bekam einen weicheren Ausdruck. Einen Moment glaubte ich, dass sie mich aufmuntern wollte, doch schon bei ihrem nächsten Satz hörte ich den Sarkasmus in ihrer Stimme. »Sie haben ihre letzte Chance. Wenn wir ohne den Auftrag von Five Stars nach Hause kommen, war es das für Sie. Aus, vorbei, finito. Dann können Sie sich Ihren Traum von der Festanstellung bei König von der Backe putzen.«
    Sie klappte das Notebook zu, steckte es in die Tasche und stand auf. »Gut, dass der Flug so lange dauert. Zeit genug, die Präsentation noch einmal zu überarbeiten. Und diesmal geben Sie sich bitte Mühe, Violetta. Haben Sie sich
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