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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote
Autoren: Robin Hobb
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misshandelten Körpers brachen wieder durch, um mich zu quälen. Irgendwo lag ich steif da vor Kälte und Elend, und jeder Atemzug verursachte einen stechenden Schmerz in meiner Brust. Ich kroch weg von dort und zu rück in den starken, gesunden Körper des Wolfs.
    Ja, ja. Lass ihn zurück. Lass los, lass einfach los.

    Plötzlich wurde mir klar, was er von mir wollte. Ich wusste nicht genau, wie ich es anfangen sollte, und ich war mir nicht sicher, ob ich es konnte. Ja, ich erinnerte mich daran, dass ich meinen Körper losgelassen und in seine Obhut gegeben hatte, um dann Stunden später neben Molly aufzuwachen. Doch ich war mir nicht si cher, wie ich es zu Wege gebracht hatte. Es war auch nicht ganz das selbe gewesen. Der Wolf hatte damals in mir gewacht, während ich auf den tiefsten Grund meines Selbst gesunken war. Diesmal wollte er, dass ich noch einen Schritt weiterging, willentlich das Band zerriss, das meinen Geist und meinen Körper verband. Selbst wenn ich herausfand, wie ich es anstellen musste, war ich mir nicht sicher, ob ich den Willen und die Kraft dazu hatte, es zu tun.
    Leg dich einfach hin und stirb, hatte Burrich zu mir gesagt.
    Ja, das ist richtig. Stirb, wenn es nötig ist, aber komm mit mir.
    Von einer Sekunde zur anderen war mein Entschluss gefasst.
    Vertrauen. Ich musste Burrich vertrauen, dem Wolf vertrauen. Was hatte ich zu verlieren?
    Ich atmete tief ein und be reitete mich vor wie für ei nen Sprung in kaltes Wasser.
    Nein, nein, lass einfach los.
    Ich versuch’s ja. Ich versuch’s. Was war es noch, das mich in meinem Körper festhielt? Ich atmete langsamer und be fahl meinem Herzen, langsamer zu schlagen. Ich verschloss mich allen Empfindungen von Schmerz, Kälte und Steifheit. Ich entfernte mich zunehmend davon und sank wie schon einmal tief in mich hinein.
    Nein! Nein! heulte Nachtauge verzweifelt. Zu mir! Komm zu mir. Nicht dahin, komm zu mir!
    Aber da waren plötzlich die schweren Schritte draußen und das Stimmengemurmel. Ein Angstschauer überlief mich, und ge gen meinen Willen verkroch ich mich tiefer in Brawndys Umhang. Ein Auge öffnete sich einen Spalt, und ich sah dieselbe halbdunkle
Zelle, dasselbe winzige, vergitterte Guckfenster. In mir fühlte ich einen hohlen, kalten Schmerz, der heimtückischer als Hunger war. Vielleicht war kein Kno chen gebrochen, aber in mir war etwas zerrissen. Ich wusste es.
    Du bist wieder in deinem Käfig! rief Nachtauge. Verlass ihn!
    Verlass deinen Körper und komm zu mir!
    Es ist zu spät, flüsterte ich. Lauf weg, lauf weg. Sei nicht Teil von dem, was jetzt geschieht.
    Sind wir nicht Brüder? Verzweiflung packte mich wie das Heulen eines Wolfs.
    Sie waren an meiner Tür, stießen sie auf. Angst packte mich und ließ mich erzittern. Fast hätte ich das Handgelenk zum Mund geführt und das Carryme aus der Manschette gesaugt, aber ich krampfte nur die Faust um das winzige Briefchen mit Wallaces Gift und verbarg den Gedanken daran hinter meinen Barrieren.
    Derselbe Mann mit der Fackel, dieselben beiden Soldaten, derselbe Befehl. »Du da. Hoch mit dir!«
    Ich ließ Brawndys Umhang fallen. Einer der Männer war noch menschlich genug, um bei dem, was er sah, blass zu werden. Die anderen beiden blieben ungerührt. Als ich mich für ihren Geschmack nicht schnell genug bewegte, packte einer mich am Arm und riss mich in die Höhe. Ich konnte einen Aufschrei nicht unterdrücken. Mehr als der Schmerz erschreckte mich ein anderer Gedanke. Wenn ich da bei nicht stark bleiben konnte, wie sollte ich dann die Kraft finden, meine Barrieren gegen Will aufrecht zu erhalten?
    Sie führten mich aus der Zelle und den Gang hinunter. Zu sagen, ich wäre gegangen, wäre übertrieben. Mein zerschundener Körper war vom stundenlangen Liegen auf kal tem Boden hoffnungslos steif geworden. Durch die Schläge waren die Wunden an meinem rechten Unterarm und dem Oberschenkel wieder aufgeplatzt,
was eine weitere Nuance im Kaleidoskop meiner Schmerzen darstellte. Der Schmerz war für mich wie die Luft; ich bewegte mich durch ihn hindurch, atmete ihn ein und aus und er schmiegte sich an mich wie eine zweite Haut.
    In der Wachstube angekommen, gab mir jemand einen Stoß, und ich fiel hin. Ich blieb liegen. Wozu die Anstrengung, mich noch einmal hinzusetzen, ich hatte keine Würde mehr zu verlieren. Vielleicht war es sogar gut, wenn sie glaubten, ich hätte nicht mehr die Kraft, mich auf den Bei nen zu halten. Solange es mir vergönnt war, wollte ich ruhig daliegen und alles an
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