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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote
Autoren: Robin Hobb
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Kraft bündeln, was ich noch in mir finden konnte. Langsam und mühevoll konzentrierte ich mich auf die Wachen, die ich um mein Bewusstsein herum postieren wollte. Wieder und wieder tastete ich im Nebel der Schmerzen nach den Barrikaden aus Willenskraft, die ich errichtet hatte, verstärkte sie, schloss mich darin ein. Die Mauern meines Verstandes, sie musste ich verteidigen und nicht mei nen Körper. Ringsum an den Wänden standen die Soldaten, scharrten mit den Füßen und unterhielten sich mit gedämpften Stim men, während sie warteten. Ich nahm sie kaum wahr. Meine Welt bestand aus meinen Schmerzen und meinen Barrieren.
    Dann hörte ich das Knarren und spürte den Luftzug einer geöffneten Tür. Edel kam herein. Will folgte ihm, umhüllt von der Aura seiner Gabe, die er mit sich führte wie einen lässig getragenen Umhang. Ich spürte ihn wie nie zuvor einen anderen Menschen. Ohne ihn zu sehen, nahm ich ihn und seine Gestalt wahr, genauso wie die Hitze der Gabe, die in ihm brannte. Er war gefährlich. Edel nahm an, er sei nur ein Werkzeug. Das erfüllte mich insgeheim mit Genugtuung, weil ich wusste, dass Edel nichts von der Gefahr ahnte, die ihm von diesem ›Werkzeug‹ drohte.
    Edel nahm Platz, worauf ihm jemand eilfertig einen kleinen Tisch brachte. Ich hörte, wie eine Flasche geöffnet wurde, und
roch den ausgeschenkten Wein. Der Schmerz hatte mei ne Sinne geschärft. Edel trank. Ich weigerte mich, mir einzugestehen, was ich jetzt für einen einzigen Schluck gegeben hätte.
    »Liebe Güte, sieh ihn dir an. Glaubst du, wir sind zu weit gegangen, Will?« Die sarkastische Belustigung in Edels Stimme verriet mir, dass er sich heu te nicht nur mit Wein verwöhnt hatte. Rauchkraut, vielleicht? So früh am Tag? Der Wolf hatte von Morgengrauen gesprochen. Doch unter keinen Umständen würde Edel sich bereits im Morgengrauen aus dem Bett erheben. Etwas stimmte nicht mit meinem Zeitgefühl.
    Will näherte sich langsam und blieb neben mir ste hen. Ich rührte mich nicht und war auf alles ge fasst. Trotzdem stöhnte ich auf, als er mir die Fußspitze in die Rippen stieß. Fast gleichzeitig ließ er die Gabe gegen mich prallen, aber wenigstens darin hielt ich stand. Will holte mit kurzen Atemzügen Luft und schnaubte sie dann verächtlich aus. Er kehrte zu Edel zurück.
    »Euer Majestät, was seinen Körper anbetrifft, kann man kaum mehr tun. Die Spuren wären auch noch nach einem Monat deutlich zu erkennen. Doch innerlich ist er ungebrochen. Schmerz kann ihn zwar ein wenig davon ablenken, sein Bewusstsein zu schützen, doch er ändert nichts am Potential seiner Gabe. Ich glaube nicht, dass es uns auf diese Weise gelingt, ihn gefügig zu machen.«
    »Danach habe ich dich nicht ge fragt!«, erwiderte Edel barsch. Ich hörte, wie er sich bequemer zurechtsetzte. »Ah, das dauert mir alles viel zu lange. Meine Herzöge werden ungeduldig, ich brauche sein Geständnis noch heute.« Nach kurzem Schweigen fragte er beinahe niederträchtig: »Bei seinem Körper sind wir also fast zu weit gegangen, sagst du? Und was würdest du in Anbetracht dessen als nächsten Schritt vorschlagen?«
    »Lasst mich mit ihm allein. Ich kann aus ihm herausbekommen, was Ihr von ihm haben wollt.«

    »Nein.« Edels Ablehnung erfolgte kategorisch. »Ich weiß, was du von ihm haben willst, Will. Du siehst ihn als einen prallen Weinschlauch, bis obenhin angefüllt mit der Gabe, die du dir gerne einverleiben möchtest. Zum guten Schluss vielleicht wird sich noch eine Möglichkeit finden, dass du für dich nehmen kannst, was er nicht mehr braucht. Doch vorläufig nicht. Ich will, dass er vor den Herzögen steht und sich selbst des Verrats bezichtigt. Mehr noch, ich will, dass er vor dem Thron kriecht und um Gnade fleht. Ich will, dass er alle nennt, die gegen mich gewesen sind, und sie öffentlich beschuldigt. Vor Zeugen soll er sie denunzieren. Niemand wird bezweifeln, dass sie Hochverräter sind, wenn er es sagt. Soll Herzog Brawndy hören, wie seine eigene Tochter angeklagt wird, soll der ganze Hofstaat hören, dass Prinzessin Philia, die so laut nach Gerechtigkeit schreit, sich gegen die Krone verschworen hat. Und damit er selbst nicht leer ausgeht, soll unter seinen Anschuldigungen auch diese Kerzenmacherin - Molly - ihm zum Opfer fallen.«
    Mein Herz drohte mir aus der Brust zu springen.
    »Ich habe sie noch nicht gefunden, Majestät«, entfuhr es Will.
    »Schweig«, donnerte Edel. Fast hörte er sich an wie König Listenreich. »Willst du ihm Mut
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