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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher
Autoren: Robin Hobb
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erkannte die Möglichkeit, den Schiffshandel zu kontrollieren, und erbaute die erste befestigte Siedlung an jenem Platz. Vorgeblich sollte sie dazu dienen, um sowohl den Fluss als auch die Bucht gegen die Piraten zu verteidigen, die jeden Sommer einfielen, um zu plündern und zu brandschatzen. Was er nicht voraussah, war, dass der Feind sich durch Verrat der Festung bemächtigen könnte. Die Outislander machten Bocksburg zu ihrem Stützpunkt, von dem aus sie ihren Siedlungs- und Einflussbereich den Fluss hinauf ausdehnten. Sie ersetzten Palisaden und Holzbaracken durch Türme und Mauern aus behauenem Stein. Bocksburg wurde das Zentrum des ersten Herzogtums und schließlich zur Hauptstadt des Königreichs der Sechs Provinzen.
    Die Herrscherfamilie, die Weitseher, stammte von diesen ersten Outislandern ab. Etliche Generationen hindurch hatten sie ihre Verbindung mit der Heimat aufrechterhalten, fuhren auf Brautschau übers Meer und brachten dralle, brünette Frauen zurück nach Hause. Deshalb war das Blut der Outislander in der königlichen Linie und den Familien des Adels nahezu rein erhalten, man sah es an den Kindern mit schwarzem Haar, dunklen Augen und untersetztem, kräftigem Körperbau. Zusammen mit diesen äußerlichen Merkmalen wurde eine Anlage für die Gabe vererbt, samt all den damit einhergehenden Gefahren und
Schwächen. Auch von diesem Erbe hatte ich meinen Teil mitbekommen.
    Doch meiner ersten Erfahrung mit Bocksburg haftete nichts von geschichtlicher Vergangenheit oder geheimnisvollem Erbe an. Ich lernte es zunächst nur als Endpunkt einer Reise kennen, ein Kaleidoskop von Geräuschen und Menschen, Karren und Hunden und Gebäuden und gewundenen Gassen, die letztendlich zu einer mächtigen Festung auf den Klippen über der Stadt führten. Burrichs Pferd war müde, mit den beschlagenen Hufen geriet es auf den stellenweise schlüpfrigen Pflastersteinen ins Rutschen. Ich hielt mich krampfhaft an seinem Gürtel fest, zu erschöpft und entkräftet, um auch nur zu klagen. Einmal legte ich den Kopf in den Nacken und schaute zu den hohen grauen Türmen und Mauern der Burg empor. Selbst in der mir ungewohnten Milde der Seeluft wirkte sie kalt und abweisend. Ich lehnte die Stirn an Burrichs Rücken und würgte an der Übelkeit, die der brackige Jodgeruch des ungeheuren Ozeans mir verursachte. So kam ich nach Bocksburg.
    Burrichs Quartier lag über den Stallungen, unmittelbar neben der Remise. Dorthin brachte er mich, zusammen mit den Hunden und Chivalrics Falken. Um den Greifen kümmerte er sich zuerst, denn er hatte die Reise am schlechtesten überstanden. Die Hunde waren glücklich, wieder zu Hause zu sein, und überschlugen sich vor Übermut - schwer erträglich für jemanden wie mich, der sich kaum noch auf den Beinen zu halten vermochte. Nosy stieß mich ein halbes Dutzend Mal um, bevor ich ihm klarmachen konnte, dass ich müde war, am Ende meiner Kräfte und nicht in der Laune zu spielen. Er reagierte wie jeder andere Welpe, indem er seine Geschwister suchte und prompt in eine halb ernsthafte Beißerei geriet, der Burrich mit einem scharfen
Befehl ein Ende machte. Er mochte Chivalrics Mann sein, doch wenn er sich in Bocksburg aufhielt, war er der Meister von Hunden, Falken und Rossen.
    Nachdem er seine eigenen Tiere versorgt hatte, unternahm er einen Gang durch die Ställe und inspizierte, was in seiner Abwesenheit getan worden oder ungetan gelassen war. Stallburschen, Pferdeknechte und Falkner erschienen wie durch Zauberei, um ihre Arbeiten gegen jedwede Kritik zu verteidigen. Ich trottete derweil hinter Burrich her, bis ich schließlich den Kampf gegen meine Müdigkeit aufgab und erschöpft in einen Strohhaufen sank. Erst da schien er sich meiner zu entsinnen. Ein Ausdruck von Unmut, gefolgt von Resignation glitt über sein Gesicht.
    »He du, Cob. Geh mit Fitz zur Küche, damit er etwas zu essen bekommt, und bring ihn anschließend zurück in mein Quartier.«
    Cob war ein kleiner, dunkelhaariger Junge, vielleicht zehn Jahre alt, der soeben ein Lob für die prächtig geratenen Welpen eingeheimst hatte, die unter seiner Obhut geworfen worden waren. Doch jetzt erlosch das stolze Grinsen auf seinem Gesicht, und er schaute mich zweifelnd an. Wir musterten uns gegenseitig, während Burrich seinen Rundgang mit einem Gefolge von aufgeregten Gehilfen fortsetzte. Schließlich zuckte der Junge die Schultern und ging vor mir in die Hocke. »Du hast also Hunger, Fitz? Sollen wir nachschauen, ob wir für dich irgendwo
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