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Fischerkönig

Fischerkönig

Titel: Fischerkönig
Autoren: Wildis Streng
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der Philippina, der Polin, der Rumänin, der Chinesin und der Vietnamesin. Danach folgten diverse konkrete Partnervorschläge, Frauen aller ›Rassen‹, die mehr oder weniger schüchtern in die Kamera lächelten, die meisten blutjung und hübsch, viele mit Angaben zu Körpermaßen und Vorzügen, die wenigsten mit eigenen Forderungen. Lisa taten all diese Frauen plötzlich wahnsinnig leid. Denn diese Farce war wohl ihre einzige Chance, einem ärmlichen Dasein zu entkommen. »Mir wird schlecht.« Heiko streichelte Lisas Rücken. »Ja, denk immer daran, nicht jeder kriegt einen solchen Prachtkerl wie du.« Lisa schnaubte. »Ja, genau. Ein barbarischer schwäbischer Schweinebauer wie du kann froh sein, dass er mit einer solch kultivierten Frau wie mir liiert sein darf.« Heiko grinste. Lisas Mutter war auch nach anderthalb Jahren noch nicht davon abzubringen, dass ihr Schwiegersohn in spe ein schwäbischer Bauernlümmel sei. »Wenn du nicht lieb bist, wirst du nachher getunkt.« Lisa blickte ihn herausfordernd an. »Das würdest du niemals wagen.«

    Kurze Zeit später schwammen die beiden ein paar Bahnen im kalten, aber klaren Wasser. Heiko hatte nach einem strengen Blick seiner Freundin tatsächlich darauf verzichtet, sie zu ›tunken‹, und nun zogen beide relativ unabhängig voneinander ihre Bahnen und genossen die Bewegung und die Schwerelosigkeit.

    Als sie aus dem Wasser stiegen, entdeckte Heiko glitzernde Wassertropfen auf Lisas Körper. Sie perlten auf der gebräunten Haut rund um den pinkfarbenen Bikini herunter. Lisa lächelte ihm verführerisch zu, als sie Hand in Hand miteinander zu ihrem Liegeplatz gingen. Heiko war froh, dass er Lisa hatte. Und es war damals gar nicht leicht gewesen, sie zu erobern. Immerhin war ihr Ex aufgekreuzt, und Simon und Uwe wären auch nicht abgeneigt gewesen. Aber mit seinem Hohenloher Charme und einem Höchstmaß an taktischer Klugheit hatte Heiko das Rennen gemacht. Und darüber war er sehr froh. Er liebte Lisa, das wusste er, und das konnte er von nicht vielen Frauen in seinem Leben sagen. Sicher, er hatte Affären gehabt, Liebschaften, One-Night-Stands. War ja nicht so, dass die Frauen ihn nicht mochten. Aber das mit Lisa, das war etwas ganz Besonderes. Er beobachtete sie, wie sie ihre lange blonde Mähne ausschüttelte und trocken rubbelte. Schön war sie, seine Lisa, sehr schön. »Was denkst du?«, fragte Lisa, und Heiko lächelte verlegen. »Ich überlege gerade, ob wir nicht einen Kaffee trinken sollen«, log er.
    »Gute Idee«, fand Lisa.

    Bald darauf saß das junge Paar, halbwegs bekleidet, unter dem schattigen Kioskdach, ganz in der Nähe von mehreren pummeligen Achtjährigen, die begeistert Pommes mampften. Außerdem nicht unweit des improvisierten Stammtisches. »Die sind nicht zum Schwimmen da, oder?«, vermutete Lisa und wies dezent auf die Herren mit den Hefeweizen.
    »Nein. Die halten hier ein gemütliches Beisammensein ab.«
    »Du meinst ein kollektives Feierabendbesäufnis«, stellte Lisa richtig. Heiko grinste. »So könnte man das auch sehen. Denen bleibt aber auch nichts anderes übrig, als sich hier im Freibad zu treffen. In Goldbach gibt es nämlich keine Kneipe mehr, und von der nächstgelegenen kann man schlecht heimlaufen.« Die Bedienung kam, und Heiko bestellte einen Kaffee, während Lisa sich für Eiskaffee entschied. Latte Macchiato gab es ja nicht.
    »Des is sou a Sach mim Walter«, schallte es vom Stammtisch herüber. Die Kommissare horchten auf. »Die Lilli wird sicher ununterbrochen heulen, die alte Kuh«, konstatierte ein anderer.
    »Ach, sei nicht so gemein. Das mit der Lilli ist auch tragisch«, rügte der Dritte. »Quatsch, die ist doch selber schuld«, befand wiederum der Erste. Heiko und Lisa wechselten einen kurzen Blick, bevor sie aufstanden und sich zu den Herren gesellten. Die blickten fragend und etwas unwillig auf, als sie die Störung bemerkten. »Ja?«, meinte der Erste. Er war vielleicht Mitte 40 und trug das blonde, sehr volle Haar zum Mittelscheitel frisiert.
    »Entschuldigt, wir haben da grad was aufgeschnappt. Uns geht’s auch um den Herrn Siegler, und wir wollten fragen, ob ihr uns weiterhelfen könntet?«, begann Heiko. »Was geht euch denn der Siegler an?«, brummte der Zweite unwirsch. Er war klein und dicklich und trug ein durch und durch geschmackloses Hawaiihemd. Wohl einer von denen, die zu Hause keine weibliche Hand hatten, sinnierte Lisa. Eine Fliege setzte sich auf seiner schweißnassen Stirn nieder. Er
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