Fire after Dark - Dunkle Sehnsucht
nicht voneinander lassen. Also, was hast du hier zu suchen?‹
Keine Ahnung, wie ich all das in den wenigen Sekunden wissen konnte, die zwischen dem Moment, als ich den Raum betrat, und der Erkenntnis, was ich da sah, verstrichen. Ich wusste es einfach. Die weibliche Intuition mag ein Klischee sein, aber das macht sie noch lange nicht zum Mythos. Ich wusste auch, dass alles, was ich noch vor einer Minute geglaubt hatte, jetzt keine Gültigkeit mehr besaß, und dass dieser entsetzliche Schmerz, den ich spürte, von meinem Herzen kam, gebrochen und in tausend kleine Teile zerschmettert.
Endlich fand ich meine Stimme wieder. Ich sah Adam flehend an. Aber alles, was ich sagen konnte, war: »Warum?
Warum
nur?«
Unwillkürlich muss ich tief seufzen. Selbst der heutige Tag, an dem ich mich in der gewaltigen Kulisse von London verloren habe, scheint mich nicht davon abhalten zu können, diese ganze jämmerliche Szene erneut zu durchleben. Wie kann ich dem nur je entkommen? Wird es jemals enden? Offen gestanden, es ist unglaublich ermüdend, sich so zu quälen. Niemand spricht je darüber, wie erschöpfend es ist, traurig zu sein.
Die Wohnung gegenüber liegt immer noch im Dunkeln. Vermutlich ist der Mann ausgegangen, lebt sein glamouröses Leben, stellt unendlich viele aufregende Dinge an, trifft sich mit Frauen, die wie er sind: schön, elegant und anspruchsvoll. Frauen, die wie er sinnlich und erregend sind und die ihre Phantasien ausleben – und seine …
»Ich brauche Eiscreme«, beschließe ich plötzlich. Ich wende mich vom Fenster ab und sage zu De Havilland, der sich auf dem Sofa eingerollt hat: »Ich gehe noch mal raus. Es kann etwas dauern.« Dann greife ich mir die Schlüssel und ziehe los.
Außerhalb der Wohnung verfliegt etwas von dem Selbstvertrauen, das ich im Laufe des Tages aufgebaut habe; es fühlt sich an wie Luft, die ganz langsam aus dem Riss in einem Reifen weicht.
Die Häuser um mich herum ragen hoch und abweisend auf. Ich habe keine Ahnung, wo ich bin oder wohin ich gehe. Ich wollte den Portier fragen, aber seine Theke war leer, als ich das Haus verließ, darum gehe ich einfach in Richtung der nächsten großen Straße. Es gibt zahlreiche Geschäfte, aber keines hat etwas zu bieten, was mich interessiert, und außerdem sind alle schon geschlossen. Die Gitter vor den Schaufenstern sind heruntergelassen und verriegelt. Hinter den Glasfronten befinden sich Perserteppiche, riesige Porzellanvasen aus China, Kristalllüster und Edelklamotten. Wo bekomme ich hier nur Eiscreme? Ich spaziere ziellos durch den warmen Sommerabend, versuche, mir den Weg einzuprägen. Ich komme an Kneipen und Restaurants vorbei, alle viel eleganter, als ich es jemals gesehen habe, mit bulligen Männern in schwarzen Jacketts und Ohrhörern vor den Eingängen. Hinter gepflegten Buchsbaumhecken sitzen Menschen mit Sonnenbrillen und dieser unverkennbaren Aura des Wohlstandes und rauchen, während Eiskübel mit Champagner und weiße Teller mit köstlich aussehenden Häppchen unbeachtet vor ihnen auf den Tischen stehen.
Mir sinkt allmählich der Mut. Was mache ich hier nur? Wie hatte ich jemals denken können, ich hätte eine Chance in einer solchen Welt? Wie unglaublich dumm von mir. Es ist doch klar: Ich gehöre hier nicht her, und das werde ich auch nie. Ich spüre, wie Tränen in mir aufsteigen und versuche mich zusammenzureißen.
Da sehe ich eine leuchtende Markise und eile erleichtert darauf zu. Kurz darauf trete ich aus dem Eckladen heraus, mit einer Schachtel extrem teurer Eiscreme in einer Einkaufstüte. Gleich fühle ich mich schon viel glücklicher. Jetzt muss ich nur noch nach Hause finden.
Mir fällt auf, dass ich in Celias Wohnung gar kein Fernsehgerät gesehen habe. Auch keinen Computer. Ich habe meinen alten Laptop dabei, aber Gott weiß, ob es eine Internetverbindung gibt. Wahrscheinlich nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob ich Eiscreme essen kann, ohne dabei fernzusehen, aber vermutlich wird es mir irgendwie gelingen. Das Eis wird ja trotzdem schmecken, oder nicht?
Ich biege um die Ecke zu Randolph Gardens, und genau weiß ich nicht, wie es passiert ist, aber im nächsten Augenblick pralle ich auf einen Mann vor mir auf dem Gehweg. Er muss vor mir gegangen und stehen geblieben sein, ohne dass ich es bemerkte, darum bin ich einfach weiterspaziert, bis sich meine Nase förmlich in seinen Rücken bohrt.
Unwillkürlich rufe ich: »Oh!« und trete einen Schritt zurück, komme aus dem Gleichgewicht und
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