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Fiona

Fiona

Titel: Fiona
Autoren: Jude Deveraux
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    Clarissa sah Alicia an und ließ dann mit gellender Stimme ein »NEIN! « los, daß der Verputz von der Decke bröckelte.
    Sogleich färbte sich Clarissas Gesicht vor Scham, was ihr allerliebst stand, und sie sah auf ihre Hände hinunter. »Ich meine, daß Alicia und ich auch lieber mitreiten wollten. Vielleicht können wir euch helfen«, flüsterte sie.
    »Alicia«, begann Tam, während Sir Guy Fiona auf eine Weise ansah, die ihr vermutlich Respekt abnötigen sollte. Sogleich gab es im Zimmer einen heftigen Streit. Clarissa, neben der kein Mann stand, der sie um Haupteslänge überragte, entfernte sich unbemerkt, rannte die Treppe zu Alicias und Stephens Zimmer hinauf und zog mehrere Plaids aus einer Truhe. Selbst im ersten Stock konnte sie noch die lauten Stimmen aus dem Erdgeschoß hören.
    Einem Impuls folgend nahm sie einen Dudelsack von der Wand. Farbige Tartans über der Schulter, drückte sie auf die Luftsäcke, während sie wieder hinunterging. Als sie die große Halle erreichte, wo sie alle um den Tisch standen und ihr entgegensahen, herrschte nun Stille.
    Sie setzte das Instrument ab und sagte: »Wenn ihr Männer ohne uns losreiten wollt, werden wir eine Stunde später alleine aufbrechen. Reitet ihr nun mit uns oder vor uns? «
    Die Männer schwiegen. Nur ihre Wangenmuskeln spielten, und ihre Lippen waren dünne Striche.
    »Während wir uns hier streiten«, fuhr Clarissa fort, »sitzt Miles in einem Verlies in Frankreich oder wird vielleicht in diesem Moment gefoltert. Ich schlage vor, wir reiten — JETZT! «
    Judith trat vor, nahm Clarissas Gesicht in beide Hände und küßte ihre Schwägerin auf beide Wangen. »Wir reiten«, erklärte Judith, nahm die Plaids von Clarissas Schulter und warf einen davon Fiona zu. »John, du kümmerst dich um die Verpflegung. Guy, du gehst zu meinem Verwalter. Wir brauchen Gold für diese Reise. Tam, du überprüfst die Bogensehnen und nimmst so viele Pfeile mit, daß wir eine Armee damit spicken könnten. Alicia, du suchst uns Pferde aus, die so eine lange Reise auch durchhalten. Clarissa, nimm etwas mit, mit dem du Musik machen kannst. Wir werden so etwas vielleicht bitter nötig brauchen. «
    Fiona lächelte, als Judith begann, Aufträge zu verteilen.
    »Und ich? « fragte sie, als sie alle auf Judiths Befehl hin in die verschiedensten Richtungen davoneilten.
    »Du kommst mit mir«, sagte Judith und stieg vor ihr die Treppe hinauf. Auf halber Höhe blieb sie wieder stehen und sah Fiona fest in die Augen. »Lilian Chatworth erkrankte an Pocken, und obwohl sie die Krankheit überstand, blieben häßliche Narben auf der unverbrannten Seite ihres Gesichts zurück. « Judith fuhr nach kurzem Zögern fort: »Sie nahm sich das Leben, indem sie sich von den Zinnen eines ihrer Güter herabstürzte. « Sie sah zur Seite und sagte mit leiser Stimme: »Die gleiche Wand, wo die arme Ela sich zu Tode stürzte. «
    Fiona verstand den letzten Satz nicht, doch während sie Judith weiter die Treppe hinauffolgte, empfand sie ein Gefühl der Erleichterung, daß Lilian tot war. Nun brauchte sie wenigstens nicht um die Sicherheit ihres Sohnes zu bangen.
    Fiona hatte schon viel davon gehört, was für ein Arbeitstier Judith Montgomery sein sollte; doch alsbald kam sie zu dem Schluß, daß Judith von rasender Arbeitswut besessen sei. Das Wort >Schwäche< kannte sie nicht — und > rasten« kam in ihrem Wortschatz auch nicht vor.
    Sie legten den Weg bis zur Südküste Englands in knapp zwei Tagen zurück, wobei sie oft die Pferde wechselten. Niemand redete, sondern sie ritten alle so schnell und hart wie möglich. An vielen Stellen waren die Straßen so schlecht, daß sie praktisch gar nicht existierten, und dann lenkten sie ihre Pferde einfach quer über frisch gepflügte Felder, während die Bauern mit den Fäusten hinter ihnen herdrohten. Zweimal sprangen Tam und Guy von ihren Pferden und hieben mit ihren Schlachtäxten Zäune nieder. Dahinter grasten Schafe.
    »Der Besitzer wird Judith vor Gericht bringen«, sagte Fiona, denn die riesigen Schafpferche gehörten offensichtlich einem reichen Mann.
    »Dieses Land gehört Judith«, rief Alicia über die Schulter, während sie ihrem Pferd wieder die Sporen gab. Clarissa und Fiona tauschten ehrfürchtige Blicke, ehe sie auch ihre Pferde wieder zu diesem atemberaubenden Tempo antrieben.
    Als sie die Südspitze von England in der Morgendämmerung des dritten Tages erreichten, wartete bereits eine Fähre auf sie, um sie zu einer Insel zu
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