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Finsteres Verlangen

Finsteres Verlangen

Titel: Finsteres Verlangen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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ist, wenn wir es Ihnen nicht bereitwillig mitgeteilt hätten.«
    »Wir waren fair zu Ihnen«, warf Zerbrowski ein. »Wenn Sie fair zu uns sind, gewinnen wir alle.« Er klang fast wieder normal und hatte diesen furchteinflößenden Bass verloren.
    Sie zeigte mit dem Finger auf mich, ziemlich melodramatisch, wie ich fand. »Aber ihr Name steht dann in den Zeitungen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Meine Güte, O’Brien, darum geht es Ihnen? Sie wollen Ihren Namen auf der Titelseite lesen?«
    »Eine Mordserie aufzuklären könnte mich zum Sergeant machen.«
    »Wenn Sie Ihren Namen auf der Akte haben wollen, meinetwegen«, sagte ich, »aber machen wir uns doch lieber Gedanken, wie wir den Fall lösen, statt uns zu überlegen, wer dafür die Lorbeeren erntet.«
    »Sie haben leicht reden, Blake. Sie sind schließlich keine Berufspolizistin. Die Lorbeeren für den Fall zu ernten, nützt Ihnen nichts, aber Sie kriegen sie trotzdem.«
    Zerbrowski löste sich von der Wand, an der er gelehnt hatte. Er berührte die Akten, die am Rand des Tisches lagen. Eine davon öffnete er so weit, dass er ein Foto herausziehen konnte. Das schob er O’Brien mit Schwung über den Tisch.
    Aus dem Bild sprangen einen Formen und Farben an. Die Farbe war zumeist rot. Ich sah es mir nicht allzu genau an. Ich hatte es live gesehen, ich brauchte keine Gedächtnisauffrischung.
    O’Brien warf einen Blick auf das Bild, dann sah sie genauer hin. Sie runzelte die Stirn, hätte fast nach dem Foto gegriffen, schaute angestrengter. Sie konzentrierte sich. Ich beobachtete, wie sie versuchte, zu begreifen, was sie sah, und wie sich ihr Verstand dagegen sperrte. Ich sah, wie sie kapierte; sie wurde schlagartig blass. Langsam ließ sie sich auf den Sessel auf ihrer Seite des Tisches sinken.
    Aber es fiel ihr schwer, den Blick von dem Bild zu lösen. »Sind die alle so?«, fragte sie mit dünner Stimme.
    »Ja«, antwortete Zerbrowski. Er sprach ebenfalls leise, als hätte er bewiesen, was er beweisen wollte, und hätte es nicht nötig, es ihr unter die Nase zu reiben.
    Sie sah zu mir hoch, und es schien sie geradezu körperliche Anstrengung zu kosten, sich von dem Foto abzuwenden. »Sie werden wieder der Liebling der Medien sein«, sagte sie, aber so leise, als spielte es keine Rolle.
    »Wahrscheinlich«, räumte ich ein, »aber nicht, weil ich es wollte.«
    »Sie sind eben so verdammt fotogen.« Ihr Hohn von vorhin klang noch durch. Stirnrunzelnd blickte sie wieder auf das Bild. Dabei schien sie zu hören, was sie gerade gesagt hatte, und es kam ihr angesichts des grausigen Anblicks wohl unpassend vor.
    »Ich meinte damit nicht …« Sie fing sich und machte wieder ein zorniges Gesicht, doch es wirkte eher wie eine Maske, hinter der sie sich versteckte.
    »Keine Sorge, O’Brien«, sagte Zerbrowski. Er hatte seinen spöttischen Tonfall wiedergefunden. Ich kannte ihn gut genug und fürchtete schon, was als Nächstes käme. »Wir wissen, was Sie meinen. Anita ist so verdammt niedlich.«
    O’Brien lächelte mich matt an. »Ja, so ähnlich«, sagte sie. Dann verschwand das Lächeln, als hätte es nie existiert. Sie war wieder ganz bei der Arbeit. O’Brien schien der Arbeit nie sehr fern zu sein. »Wir müssen dafür sorgen, dass so etwas keiner anderen Frau passiert; das ist wichtiger als die Frage, wer dafür die Lorbeeren kassiert.«
    »Freut mich zu hören, dass wir alle einer Meinung sind«, sagte Zerbrowski.
    O’Brien erhob sich. Sie schob Zerbrowski das Bild wieder zu und vermied einen weiteren Blick darauf. »Sie können Heinrick vernehmen, und den anderen auch, obwohl er nicht viel sagt.«
    »Überlegen wir uns zuerst, wie wir vorgehen wollen«, schlug ich vor.
    Sie sahen mich beide an.
    »Wir wissen, dass Van Anders unser Mann ist, aber wir können uns nicht sicher sein, dass er unser einziger Mann ist.«
    »Sie glauben, dass einer der Festgenommenen Van Anders dabei geholfen hat?« O’Brien machte eine Handbewegung zu dem Bild, das Zerbrowski gerade wegpackte.
    »Das weiß ich nicht.« Ich sah Zerbrowski forschend an und fragte mich, ob er das Gleiche dachte wie ich. Die erste Botschaft hatte gelautet: Die haben wir auch genagelt. Wir. Ich wollte sicher sein, dass Heinrick nicht zu diesem Wir gehörte. Wenn doch, dann würde er nirgendwohin gehen, nicht solange ich es verhindern konnte. Mir war es wirklich völlig gleichgültig, wem die Aufklärung des Falles angerechnet wurde. Hauptsache er wurde gelöst. Ich wollte nie wieder so etwas sehen müssen
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