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finde-mich-sofort.de (German Edition)

finde-mich-sofort.de (German Edition)

Titel: finde-mich-sofort.de (German Edition)
Autoren: Tatjana Meissner
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ganz allein. Ich fühlte mich wohl, und das Leben hätte, trotz der langweiligen Kirchenbesuche mit Oma, ewig so weitergehen können.
    Als ich fünf Jahre alt war, beendeten meine Eltern ihr Studium und wurden als Lehrer dort eingesetzt, wo der Staat sie brauchte. Ich zog zu ihnen und meiner Schwester nach Bötzow, einem kleinen Dorf in der Nähe von Oranienburg. Jetzt waren wir eine richtige Familie, nur dass sich diese Familie für mich sehr fremd anfühlte. Das Schönste in dieser Zeit waren folgerichtig für mich die Ferien bei Oma. Natürlich gemeinsam mit meiner Schwester, aber ich war nach wie vor das Lieblingskind und bemüht, mir diese Position mit besonders liebem Verhalten zu bewahren. Gerade dann, wenn Alexandra mit lautem Gebrüll aus der Rolle fiel. »Parfeng will ick haben!«, rief das Berliner Gör unablässig, und ich freute mich, meiner Oma zeigen zu können, wie gut mir ihre Erziehung getan hatte.
    Überhaupt fiel Alexandra viel öfter auf als ich. Sie war bockig und warf sich zu Boden, wenn ihr etwas nicht passte. Ich dagegen glänzte mit Anpassung.
    Je älter meine kleine Schwester wurde, umso bösartiger ärgerte sie mich. Wegen meiner großen Füße zum Beispiel. Es bereitete ihr enormes Vergnügen, so oft wie möglich das »Große-Füße-Zeichen« zu machen. Dazu zeigte sie mit ihren Händen ungefähr die Länge von sechzig Zentimetern an und freute sich dann, wenn ich heulte. Stritten wir, rief sie solange »Du heulst ja gleich!«, bis es wirklich passierte. Ich habe sie gehasst. Dazu kam das Gefühl, Alexandra würde mir vorgezogen und bekäme mehr Hilfe und Verständnis. Sie durfte schon als Zehnjährige ihren Traum verwirklichen und in Dresden an der Palucca-Schule eine Ausbildung zur Tänzerin beginnen, während ich bei meinen Eltern bleiben musste, dazu verdonnert, Abitur zu machen und etwas »Ordentliches« zu studieren. Viel schwesterliche Liebe kam bei mir nicht auf. Aber schließlich verliefen unsere Lebenswege in großen Teilen getrennt. Das änderte sich erst, als Alexandra Mitte der neunziger Jahre ebenfalls nach Potsdam zog und wir uns im Grunde erst kennenlernten. Seitdem verbindet uns ein inniges schwesterliches Verhältnis, und wir beide – inzwischen ja erwachsen geworden – wissen das Vorhandensein einer besten Freundin zu schätzen. Alle wichtigen und unwichtigen Ereignisse werden bei stundenlangen Telefongesprächen oder beim gemütlichen Kaffeeplausch debattiert. So wie das Problem unserer jetzigen, zunehmend an Reiz verlierenden Männerlosigkeit.
    Dagegen wollten wir sofort, unbedingt und effizient etwas unternehmen. Zunächst mit gegenseitiger Aufmunterung. Wir sparten nicht mit optimistischen Thesen wie: »Zu jedem Topf findet sich ein Deckel!« oder »Irgendwann verlieben wir uns auf jeden Fall wieder!« oder »Du siehst aber toll aus!« Das weitere Vorgehen bestand darin, Rosenstolz- und Klaus-Hoffmann- CD s zu hören und die wunderschönen, wahren Texte über die Liebe in uns aufzusaugen, während wir verstohlen die eine oder andere Träne aus dem Augenwinkel tupften. Gnadenloses Selbstmitleid und romantisches Sehnen à la Rosamunde Pilcher drohten uns bald gänzlich zu übermannen.
    Schließlich war es Alexandra, die unserer Gefühlsduselei ein jähes Ende setzte: »Aber wo wollen wir einen Mann treffen? Hier in deiner Küche bestimmt nicht!«
    Damit hatte sie genau die Frage gestellt, mit der ich mich selbst seit geraumer Zeit beschäftigte. Ich hatte also schon ein wenig gedanklichen Vorlauf und konnte ihr deshalb eine, wie ich fand, perfekte Antwort präsentieren.
    »Lass es uns im Internet probieren!«, sagte ich und ließ eine meiner typischen Argumentationsketten folgen. »In Deutschland suchen elf Millionen Singles auf über 2000 speziellen Websites nach einem Traumpartner. Mehr als die Hälfte dieser Singles sind Männer. Beste Aussichten also! Und, stell dir vor, Sabine hat tatsächlich vor drei Wochen im Netz ihre große Liebe kennengelernt!«
    Meine Schwester schaute mich ungläubig an: »Das gibt’s doch gar nicht! Sabine, die fünf Jahre auf der Suche war und jetzt … im Internet?«
    »Ja! Kaum hatte sie sich angemeldet, erhielt sie die erste Mail von ihm, dann haben sie sich drei Monate lang geschrieben, lernten sich immer besser kennen, tauschten irgendwann ihre Telefonnummern und vor drei Wochen verabredeten sie sich. Auf dem Gendarmenmarkt!«
    »Wusste sie denn vorher, wie er aussieht?«
    »Nein! Sie hatten sich nie zuvor gesehen, nicht mal
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