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Filmwissen

Filmwissen

Titel: Filmwissen
Autoren: Georg Seeßlen
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entscheidend zu schlagen. Die wenigen Überlebenden, darunter Spartacus selbst, werden zum Tod am Kreuze verurteilt und hingerichtet. Spartacus’ Frau (Nina Foch) überlebt, und sie und das neugeborene Kind erhalten schließlich durch den römischen Gegner von Crassus, Gracchus (Charles Laughton), die Freiheit.
    Natürlich war auch dieser Film zur sensationellen Nachricht in der Branche geworden wegen des Aufwandes, der bei seiner Produktion getrieben wurde. Der Monumentalfilm Hollywoods kam ohne die sich überschlagenden Nachrichten über Statistenheere, Bauten, Drehzeiten, Produktion von Rüstungen, Waffen und Kostümen und nicht zuletzt über Stars nicht aus. Doch der junge Regisseur Kubrick und Kirk Douglas, der mit seiner Firma Bryna auch die Produktion führte, wollten solchen Aufwand unter keinen Umständen als Selbstzweck verstanden wissen, und sie spielten seine Bedeutung noch eher herunter. Douglas meinte:
    «Wenn Spartacus wirklich ein Erlebnis ist, das einen umschmeißt, dann sind zwölf Millionen ein Klacks. – Wenn nicht, dann sind sogar zwölf Dollar zuviel! – Produktionskosten, das Künstlerische und Kinokassenabrechnungen sind ganz verschiedene Dinge .»
    Spartacus ist nicht unbedingt ein «Kubrick-Film» (der Regisseur hatte keinen Einfluss auf das Buch und wurde erst eine Woche vor Drehbeginn an Stelle von Anthony Mann unter Vertrag genommen), und es herrscht die Meinung vor, der Regisseur habe hier mit einem etwas geschwätzigen, politisch überstark vereinfachend argumentierenden und ein wenig rührseligen Buch zu kämpfen gehabt. Er hat, um im Bild zu bleiben, sicher bei vielen Details die Oberhand behalten, im großen aber nicht gewinnen können. Kubrick vermied so gut es ging die Klischees, die sich mittlerweile im Genre herausgebildet hatten, und hier wie in vielen späteren seiner Filme gelingt ihm der optische Essay zur Grausamkeit und ihren Ursachen.
    « Kubrick hat ein gutes Auge für die dunklen Ironien des Lebens. Er brilliert in der Beschreibung von Grausamkeiten und menschlicher Niedertracht. Den ihm aufgezwungenen optimistischen Schluss hat er dagegen nicht so sicher im Griff; in Wirklichkeit glaubt er wohl nicht an die Chance des Guten in einer korrupten Welt. Alles übrige ist indessen zu loben. Die wunderbare Fotografie mit ihren Momenten poetischer Rage; die choreografische Präzision der Schlachtszenen; ein Drehbuch, das etwas Wesentliches über den Missbrauch der Macht zu sagen hat – all das macht Spartacus wahrscheinlich über Jahre hinaus zum Maßstab aller Großfilme.» (John Cutts)
    Nicht eigentlich durch historische Authentizität (da ist vieles wirksam anachronistisch umgedeutet), sondern mehr durch den eingeschriebenen Diskurs – mag er so amerikanisch-naiv sein, wie er wolle – hat Spartacus dem Antikfilm, dem historischen Film überhaupt, eine sozialgeschichtliche, politische Dimension zurückgegeben. Nachfolger im Genre, die diesen Ansatz fortgesetzt hätten, hat es freilich nur sehr, sehr wenige gegeben.

Der italienische Antikfilm
    Für den amerikanischen Antikfilm war die vorchristliche Welt ein Reich der großen Schicksale und einer glücklich überwundenen, doch nach wie vor faszinierenden Einheit von privatem und öffentlichem, politischem und religiösem, kulturellem und mythischem Leben. Das Genre gab eine Lösung für den Widerspruch zwischen der heimlich bewunderten darwinistisch-technokratischen Herrschaft antiker Weltreiche wie Ägypten oder Rom und dem letztlich obsiegenden hartnäckigen puritanisch-bescheidenen Christentum. Es bestrafte die Hollywood-gemäßen Römer für ihre Exzesse und Orgien, und es erlöste die Christen, nicht nur im geistigen Sinne: Es suchte nach realen happy ends , die letztliche Versöhnung der Kulturen, deren Ergebnis sich als Quelle der eigenen ansehen ließ.
    Der italienische Antikfilm, der in den fünfziger Jahren eine Renaissance erlebte und in den Sechzigern eine veritable Massenproduktion bewirkte, wie sie nur mit dem späteren Italowestern an Quantität verglichen werden kann, ging weiter zurück auf das mythische, naive Abenteuer. Einer der wenigen Autoren, die sich positiv mit dem Genre auseinandergesetzt haben, Bernward Knappik, berichtet über die Entstehung des Genres:
    «Als Reaktion auf das stetige Anwachsen des Fernsehens, das Anfang der fünfziger Jahre eine ernsthafte Konkurrenz für das Kino zu werden drohte, produzierten die italienischen Filmgesellschaften, angeregt durch einen ähnlichen Trend in
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