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Filmwissen

Filmwissen

Titel: Filmwissen
Autoren: Georg Seeßlen
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schien. Victor Mature stand allemal im Mittelpunkt einer Tragödie, in die das Schicksal ihn geworfen hatte, und selbst sein Lächeln noch war so herb, dass man spüren musste: Diesem Mann fiel, mochte er auch stark sein, nichts leicht. Beginnend mit Cecil B. DeMilles Samson and Delilah ( Samson und Delilah ) aus dem Jahr 1949, war er der Held, der zum Opfer für die dämonische Frau prädestiniert schien, bis ihm die Erlösung anheimfiel. Im Hintergrund der Handlungen seiner Filme dräute die Erkenntnis, dass dieser Mann sich entweder zu moralisieren, zu christianisieren (zu «amerikanisieren ») hatte oder sterben musste.
    In The Egyptian ( Sinuhe, der Ägypter ; 1954, Regie: Michael Curtiz) spielt er den großen Arzt und Hirnchirurgen Sinuhe, der zur Zeit Echnatons (Michael Wilding) wirkt. Und in einem der italienischen Antikfilme, die sich in den fünfziger Jahren zu einem eigenen Genre gruppierten, das seinen Höhepunkt zur Mitte der sechziger Jahre erreichte, in Annibale ( Hannibal ; 1959, Regie: Carlo Ludovico Bragaglia) war er der entschlossene Feldherr, der die Alpen mit Elefanten überquerte. Hier wie dort ist Mature in tragische Liebesgeschichten verwickelt, die ihn zwischen die Fronten bringen, ihn Verrat an seinen Idealen begehen lassen, ihn von seinen Leuten entfremden. Mit der Zeit wurde freilich auch dieser «tragische Abenteurer» ein wenig überständig; auch für das Genre des Antikfilms wünschte man sich Helden, die den Gefahren lachend ins Auge sehen konnten, deren Taten spektakulärer waren als ihr Leiden.
    Eine Wende in der Entwicklung des Genres brachte wohl die italienisch-amerikanische Produktion Ulisse ( Die Fahrten des Odysseus; 1954, Regie: Mario Camerini), die in ihrem Titelhelden, dargestellt von Kirk Douglas, einen wirklichen Abenteurer sah, den das Schicksal vor harte Prüfungen stellt, der aber auch selbst das Schicksal herauszufordern weiß. Der Film erzählt davon, wie Odysseus den zehn Jahre währenden Kampf zwischen Hellenen und Trojanern durch die Kriegslist mit dem hölzernen Pferd entscheidet und dann, unter dem Fluch der Kassandra, auf den Meeren der Welt umherirrt, bevor er die Heimat erreicht, wo er, der Totgeglaubte, sich gegen die Freier seiner Frau Penelope (Anna Magnani) behaupten muss.
    Im Gegensatz zu den mit christlichen Motiven verknüpften Antikfilmen aus Hollywood zeigt Ulisse einen autarken Helden, der sich freilich Gesetzen unterwirft, die ihn auch zur Grausamkeit zwingen. Und anders als in den melodramatischeren Filmen des Genres gilt der Aufwand hier nicht in erster Linie der Präsentation von Prunk und Luxus, sondern der Übertragung des phantastisch-legendenhaften Stoffes ins Bild des Films; der Kampf gegen Polyphem, den einäugigen Riesen, das Trojanische Pferd etc. sind vor allem Meisterstücke der Tricktechnik.
    Eine Abkehr von den melodramatischen, «überladenen» Antikfilmen war auch Howard Hawks’ Land of the Pharaohs ( Land der Pharaonen ; 1955), für den (neben Harry Kurnitz und H. Jack Bloom und natürlich – uncredited – Hawks) William Faulkner am Drehbuch arbeitete. In einem Gespräch mit den Cahiers du Cinéma teilte der Regisseur mit:
    «Wir sind von einer Geschichte ausgegangen, die ich gerade vorbereitete, nämlich über den Bau eines Flughafens in China während des Krieges. Die US-Army wollte dort eine Luftbasis errichten, die Ingenieure und Techniker veranschlagten acht Monate für den Bau; man stellte ihnen 20 . 000 Leute zur Verfügung, und die Arbeit war in drei Wochen geschafft! … Ich musste dieses Projekt wegen der politischen Lage aufgeben … Und dann begann ich plötzlich an die Pyramiden zu denken, ich dachte bei mir, das ist doch eigentlich genau dieselbe Geschichte; als wir dann das Drehbuch geschrieben haben, hatten wir immer die Pyramide im Kopf … »
    Es geht in Land of the Pharaohs also in erster Linie um die Lösung einer schwierigen Aufgabe. Die eigentliche Geschichte des Films bietet dazu eher so etwas wie den Hintergrund: Pharao Cheops (Jack Hawkins) befindet sich in einem Machtkampf mit der schönen Prinzessin von Zypern, Nellifer (Joan Collins), die ihn schließlich zugrunde richtet, aber auch selbst vom Sog der Ereignisse erfasst und vernichtet wird. Am Ende wird sie mit dem toten Pharao in der Cheopspyramide eingeschlossen.
    «Das größte Problem», meinte Alexander Trauner, art director bei der Produktion von Land of the Pharaohs , «war die Konstruktion der Pyramide … wir hatten verschiedene Methoden
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