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Film Riss: der etwas andere Frankfurter Roman

Film Riss: der etwas andere Frankfurter Roman

Titel: Film Riss: der etwas andere Frankfurter Roman
Autoren: Kolja Alexander Bonke
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wenn ihr etwas zu tief reingesteckt wird.
     
    „Verdammt, tausendmal hab ich dir das schon erklärt! Dass du das nie lernst! Männer und Frauen werden im Kamasutra nach den Ausmaßen ihrer Geschlechtsteile in drei Gruppen unterteilt: Hase, Stier und Hengst sind die Gruppen der Männer, Gazelle, Stute und Elefantenkuh die der Frauen. Gleich gebaute Typen, also zum Beispiel Hase und Gazelle oder Hengst und Elefantenkuh, können zusammen höchsten Genuss erreichen. Ist man aber in verschiedenen Gruppen, kann das Probleme geben!
     
    Kleiner Tipp: Ich bin vielleicht eine Gazelle, aber du ganz sicher kein verschissener Hase!“
     
    So viel dazu, dass ein Dödel über dem Durchschnitt, sofern er überhaupt funktioniert, ausschließlich Vorteile hätte. Nicht genug, dass man ihn in den extrem niedrigen amerikanischen Kloschüsseln im Urlaub regelmäßig ersäuft. Man bekommt auch noch Ärger mit Mara.
     
    Zur Wiedergutmachung spendiere ich eine Runde Cunnilingus. Der Erfolg ist mäßig, aber immerhin spart er bei korrekter Ausführung die Kohle fürs Gesichtspeeling.
     
    Nebenher läuft Kubricks letzter Film,
Eyes Wide Shut
mit Nicole Kidman. So ungefähr die perfekte Unterhaltung während eines Lickjobs und nebenbei mein absoluter Lieblingsfilm. Trotz vermeintlich schlechter Kritiken und Tom Cruise. Filme mit dem Sektenonkel gehen normalerweise gar nicht, aber diese ins New York der Gegenwart verlegte Verfilmung von Arthur Schnitzlers
Traumnovelle
ist ungefähr der mysteriöseste und stimmungsvollste Film aller Zeiten. Das Verhältnis von
Alice Harford
zu ihrem Mann, dessen Begegnungen mit Prostituierten, perfekt choreographierte Orgien, der perverse
Mr. Milich
samt frühreifer Tochter … Nie dagewesene Kameraarbeit, Filmmusik, Farbgebung … ein großartiges Ende … Zutaten eines unterbewerteten Meisterwerks mit hypnotischer Wirkung.
     
    Bevor ich mich auf den Heimweg mache, sprechen Mara und ich noch kurz über uns.
     
    „Wir haben keine Gemeinsamkeiten. Wir haben nur Sex.“
    „Ja eben. Und immer seltener gemeinsam.“
     
    Ich glaube, ich werde sie nie wieder sehen.
     
    ***
     
    Donnerstag streiken Müllabfuhr, öffentlicher Nahverkehr und ich. Ich fühle mich krank und beschissen, habe Depressionen, einen Abszess am Oberschenkel und zu allem Überfluss eine geschwollene, pilzige Eichelentzündung, die mich jetzt wirklich mit heruntergelassenen Hosen erwischt hat. Der Eiterpfropfen und mein Penis-Pilz streiten sich um den Platz in meinen Shorts. Wieder mal versucht mein Körper, mir mit solchen Streichen die Laune zu verderben. Nun, der Erfolg gibt ihm recht. Für ein bisschen Totsein würde ich sterben.
     
    Schließe mich daheim ein. Sage einem Klienten mit der Begründung ab, ich hätte mir ganz schön die Eierstöcke verkühlt. Trage meine Brille, mit der ich aus Eitelkeit niemals vor die Tür gehen würde. Verzichte krankheitsbedingt auf Alkohol und kiffe erst mal einen.
     
    Kiffen macht gleichgültig, mit der Arbeitsniederlegung des öffentlichen Dienstes bin ich trotzdem nicht einverstanden. Verdammte Gewerkschaften mit ihren dämlichen Streiks, angezettelt von ihren profilierungssüchtigen, karrieregeilen Bossen. Und die Idioten auf der Strasse glauben wirklich, dass Arbeitslosigkeit entsteht, weil sie 18 Minuten mehr am Tag arbeiten. Das Gegenteil ist der Fall: Arbeiten sie mehr, sinken die durchschnittlichen Arbeitskosten pro Stunde und mehr Leute werden eingestellt: Die Arbeitslosigkeit sinkt. Aber diese Wahrheit interessiert auf der Straße keinen.
     
    Ob ich politisch bin? Mir können linke Ideen gefallen und mir können rechte Ideen gefallen. Wie sich jemand themenübergreifend in eine dieser beiden bedeutungslosen Ecken stellen kann, ist mir schleierhaft. Wie eindimensional. Um ehrlich zu sein, Politik kann mich ziemlich am Arsch lecken.
     
    Ich fröne weiter fröhlich meinen Depressionen.
     
    ♫
„Just give me one good reason to live
    I’ll give you three to die“
    (Life Of Agony — My Eyes)
     
    Mit Depressionen kenne ich mich übrigens aus. Spätestens seit den ein oder zwei Jahren, die ich ohne Alkohol, Drogen und schnellen Sex verbracht habe.
Straight Edge
, kurz
SE
, nannte sich das, ich muss 16 gewesen sein.
     
    ♫
„Ich möchte Teil einer Jugendbewegung sein …“
    (Tocotronic — Ich möchte Teil einer Jugendbewegung sein)
     
    Neben
SE
war bei mir allerdings vor allem
LSE
angesagt:
Low Self Esteem
. Statt Rausch und Abenteuer habe ich mich in dieser Zeit mit blühender
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