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Film Riss: der etwas andere Frankfurter Roman

Film Riss: der etwas andere Frankfurter Roman

Titel: Film Riss: der etwas andere Frankfurter Roman
Autoren: Kolja Alexander Bonke
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Schweiß und Gestank brennen in meinen Augen.
     
    Es kracht zum dritten Mal, meine Kabine wackelt. Ich springe von der Toilette, reiße die Tür auf und hoffe, dass er mich durch seinen Lärm spät hört und dadurch noch später sieht. Schon während ich aus der Kabine stürme, hole ich aus. Die Axt schlägt ein in einen großen, dunklen Berg menschlicher Masse umhüllt von Klamotten. Als die Schneide bis zum Anschlag in seinen Haaren steckt, sehe ich sein Gesicht. Glubschaugen quellen mir ungläubig entgegen, bis sie durch Ströme von dunklem Blut geschlossen werden. Langsam sinkt er zu Boden. Turgai heißt er bei
Facebook
. Nein, hieß.
     
    ♫
„Hit em’ hard hit em’ fast like chopper said
    I’ll pop you in the head, drop you then bop ahead“
    (Necro — Some Get Back(Revenge))
     
    Mit einiger Mühe ziehe ich die Axt aus seinem Schädel und lehne sie in der vierten Kabine gegen die Wand. Turgai ist riesig, ihn auf Kabine 3 zu schleppen und dort aufs Klo zu setzen bringt mich fast um. Der Scheitel, den ich ihm gezogen habe, suppt mir gnadenlos über die Lederjacke. Wenn ich in seine klaffende Wunde schaue, wird mir kotzübel — aber wegsehen kann ich trotzdem nicht. Zum Glück ist der Toilettenboden so dunkel, dass das ganze Blut darauf kaum zu erkennen ist. Glück gehabt, während der Planung hatte ich mir darüber keine Gedanken gemacht …
     
    Nach minutenlanger Schinderei sitzt Turgai fest und sicher auf dem Klo. Ich drücke ihn noch ein paar Mal tiefer in das Becken, damit er auch wirklich von Klobrille und Spülkasten gehalten wird und nicht umfällt. Er erinnert mich dabei an einen Mitschüler in der Unterstufe, der von uns regelmäßig in den Papierkorb gesetzt wurde und sich daraus nicht selbständig befreien konnte. Kinder sind manchmal wirklich brutal.
     
    Die Tür von Kabine 3 fällt zu, danach ziehe ich mich zurück auf Kabine 4. Alles auf Anfang — in Wartestellung auf dem geschlossenen Klodeckel.
     
    Kurz danach kommt erneut Bewegung in unsere gemütliche Runde.
     
    „Turgai? Alter? Was los?“
     
    Der Zweite sucht den Ersten. Zu meiner großen Überraschung fängt er hinten an, die Kabinentüren aufzustoßen — in Kabine 4. Als er dort einen schwarzgekleideten Typen mit Axt im Arm findet, machen wir beide große Augen. Sekundenlang dauert der Blickkontakt, ich kauere währenddessen wie erstarrt auf der geschlossenen Toilette. Dann ramme ich ihm die stumpfe Oberseite der Axt mit beiden Händen ans Kinn. Er taumelt zurück, aber hinter dem Schlag war viel zu wenig Dampf, um ihn damit ins Schlummerland schicken zu können. Ich muss hinterher, er krümmt sich, hält sein Kinn und das Waschbecken fest, tropft auf den Boden und hebt den Kopf, als er mich kommen sieht. Unsere Blicke treffen sich ein zweites Mal — er ahnt, was jetzt kommt. Ich hole im Gehen aus und versenke mit einem fürchterlichen Schlag die Axt in seinem Nacken. Knirschend werden Halswirbel und lebenswichtige Nervenbahnen durchtrennt. Ein dunkelroter Springbrunnen entsteht, als ich die Schneide aus seinen Knochen ziehe. Sein Körper kippt vornüber und schlägt dumpf auf dem Boden auf.
     
    Leise war das nicht, der Rest der Bande könnte mich gehört haben. Ich muss sofort da rein. Nach den ersten Beiden dringt das Gierig-Wölfische in mir durch, ich will mehr.
     
    Halil, dich will ich!
     
    Mit rot gefärbter Axt auf der Schulter öffne ich die Tür zur Kneipe und stiefel hinein.
     
    Billard spielen die drei, der Boss will gerade eine Kugel versenken. Trotz meines Anblicks mit furchterregend blutverschmiertem Werkzeug bleiben sie äußerlich locker — echte Profis, wie es scheint.
     
    Ich gehe zum Eingang der Kneipe und schließe die Tür. Auf Laufkundschaft kann ich gut verzichten.
     
    Sie stellen sich wortlos auf, einer lässt seine Machete blitzen, daneben wird eine Stahlrute ausgefahren. Die beiden schützen ihren Chef. Halil geht seelenruhig hinter die Bar, greift sich ein riesengroßes Samuraischwert, dreht sich wieder in meine Richtung und sagt dann langsam:
     
    „Macht den Hund fertig!“
     
    Beide greifen gleichzeitig an — nicht wie in einem schlechten Actionfilm, wo der Held immer schön nacheinander Probleme bekommt. Machete und Totschläger suchen beängstigend schnell meine Nähe. Bevor ich auch nur einen Treffer landen kann, streift mich das Buschmesser am linken Arm. Nur ein Kratzer — ich muss an
Die Ritter der Kokosnuss
denken. Dem Totschläger kann ich im letzten Moment ausweichen, ich
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