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Film ab im Internat

Film ab im Internat

Titel: Film ab im Internat
Autoren: Dagmar Hoßfeld
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unerfüllter Liebe zueinander gestorben sind, finden keinen Frieden und geistern angeblich in manchen Vollmondnächten durch das alte Gemäuer, in dem sie einst gelebt haben sollen. Ist heute etwa Vollmond? Sie wirft einen unauffälligen Blick aus dem Fenster. Nichts zu sehen. Aber ein bisschen bedrohlich wirken die Abendwolken am Himmel trotzdem. Sie erinnern an die zerfetzten Umhänge untoter Vampirfürsten …
    Carlotta schüttelt sich. Vielleicht sollte sie doch lieber etwas anderes lesen?
    „Hallo, Mädels“, sagt die junge Lehrerin fröhlich und schwenkt drei Zettel.
    Mit ihrem Kurzhaarschnitt und dem pfiffigen Gesicht sieht sie fast selbst noch aus wie ein Mädchen, denkt Carlotta.
    „Ich hab hier eure Genehmigungen für morgen, dass ihr den ganzen Tag abwesend seid und nicht am Mittagessen teilnehmt.“ Frau Heselein reicht Manu die Zettel. „Seid aber bitte pünktlich zum Abendbrot zurück. Viel Spaß beim Casting und einen schönen Abend!“
    „Danke!“, strahlt Manu.
    „Merci beaucoup“, sagt Sofie.
    „Ihnen auch einen schönen Abend“, murmelt Carlotta. Sie runzelt die Stirn. „Wieso sind das drei Zettel?“, fragt sie, als Frau Heselein die Tür wieder hinter sich zugezogen hat.
    „Ähm, na ja …“, druckst Manu.
    Sofie wird ein bisschen rot.
    Carlotta mustert die beiden streng.
    „Wir … äh, wir dachten, vorsichtshalber besorgen wir dir auch eine Genehmigung“, erklärt Manu. „Nur für den Fall, dass du dich entscheiden solltest, morgen mitzukommen.“
    „Aha.“ Carlotta legt ihr Buch auf den Nachttisch.
    „Was heißt ,Aha‘?“, erkundigt Sofie sich vorsichtig. „Aha-ja oder aha-nein?“
    „Aha-gar-nichts“, erwidert Carlotta. „Das sagt man nur so.“
    Sie zieht die Augenbrauen zusammen, setzt sich auf die Bettkante und wackelt mit den Zehen. Das haben die beiden sich ja fein ausgedacht!
    Manu lässt eine Schachtel Schokoküsse herumgehen. Carlotta nimmt sich gleich zwei. Süßes ist immer gut. „Aaalso …“, sagt sie gedehnt und knabbert den hauchdünnen Schokoüberzug ab, bis nur noch die weiße Masse und die runde Waffel übrig sind.
    „Sieht aus wie ein Atomkraftwerk“, meint Manu.
    Carlotta verputzt das klebrige Schaumzeug samt Waffel mit wenigen Bissen. „Hoffentlich bin ich jetzt nicht verstrahlt.“
    Sofie kichert.
    „Du wolltest gerade was sagen“, erinnert Manu Carlotta. „Der Satz fing mit ,Aaalso‘ an.“
    „Stimmt“, nickt Carlotta und verputzt den zweiten Schokokuss ohne Umstände. „Also, wenn euch so viel daran liegt, komme ich morgen mit. Unter Protest und nicht aus freiem Willen. Nur, weil ich euch mag und nicht im Stich lassen will.“
    Manu springt auf. Die Schachtel fällt herunter, und die restlichen Schokoküsse kullern über den Boden. „Juhu!“, jubelt sie. „Meinst du das ernst?“
    Carlotta nickt grinsend. „Ihr gebt ja doch keine Ruhe. Also bring ich’s lieber hinter mich und opfere meinen freien Samstag.“
    Sofie wirft die Arme in die Luft. „C’est génial!“
    „Na ja“, meint Carlotta. „Ob das wirklich so genial ist, wird sich zeigen.“
    „Du wirst sehen, das wird superklasse!“, ist Manu überzeugt. „Bestimmt werden wir entdeckt, und dann ist Schluss mit dem öden Internatsleben, und wir gehen zum Film!“
    „Hattest du nicht gesagt, du willst nur wegen diesem Tiertrainer mitmachen?“, wundert sich Carlotta. „Und jetzt willst du plötzlich als Schauspieltalent entdeckt werden?“
    Manus Wangen nehmen eine zartrosa Tönung an. „Na ja, eigentlich nicht wirklich. Aber falls es sich ergeben sollte, würde ich nicht Nein sagen. Mit dem, was ich als Schauspielerin verdiene, kann ich doch glatt mein Tierheim finanzieren. Wär doch praktisch, oder?“
    Sofie nickt begeistert.
    Oh Mann …, denkt Carlotta. Worauf hab ich mich da nur eingelassen?

    Am nächsten Morgen schrillt das Klingeln von Manus Wecker in aller Frühe durch das kleine Zimmer und reißt die Freundinnen aus dem Tiefschlaf.
    Manu – sonst eher vom Typ ,Achtung-Morgenmuffel-bitte-nicht-ansprechen!‘ – hüpft mit einem Satz aus ihrem Bett und öffnet zuerst die Vorhänge und anschließend die Fenster sperrangelweit.
    „Good morning, Ladies!“, ruft sie. „Today is the first day of our new lives!“
    „Wieso sprichst du plötzlich so gut Englisch?“, knurrt Carlotta. „Noch dazu um diese Uhrzeit. Es ist Viertel vor sechs!“
    „Erstens übe ich schon mal für meine internationale Karriere“, antwortet Manu ungerührt. „Und zweitens: Je
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