Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fiesta

Fiesta

Titel: Fiesta
Autoren: Ernest Hemingway
Vom Netzwerk:
Brett war auch adlig. Zum Teufel mit Brett. Zum Teufel mit dir, Lady Ashley.
    Ich zündete die Lampe am Bett an, drehte das Gas aus und öffnete die Fenster. Das Bett war weit von den Fenstern entfernt, und ich saß bei offenen Fenstern auf dem Bett und zog mich aus. Draußen fuhr ein Nachtzug auf den Straßenbahngleisen vorbei, mit Gemüse für den Markt beladen. Sie machten nachts einen Heidenlärm, wenn man nicht schlafen konnte. Beim Ausziehen besah ich mich im Spiegel in dem großen Schrank neben meinem Bett. Dies war die typisch französische Art, ein Zimmer zu möblieren. Ich nehme an, daß es auch praktisch ist. Von all den Verwundungen gerade diese. Wahrscheinlich war es komisch. Ich zog meinen Pyjama an und ging zu Bett. Da lagen die beiden Stierkampfzeitungen, und ich riß die Umschläge ab. Eine war orange und die andere gelb. In beiden stand sicher dasselbe darin, also würde die, die ich zuerst las, bestimmt den Genuß der zweiten verderben. Le Toril war die bessere Zeitung, darum fing ich mit ihr an. Ich las sie ganz durch einschließlich der kleinen Anzeigen und der Cornigramme. Ich blies die Lampe aus; vielleicht konnte ich schlafen.
    Mein Kopf begann zu arbeiten. Das alte Lied. Ja, es war eine gemeine Art von Verwundung; ausgerechnet mußte ich an einer so lächerlichen Front wie der italienischen als Flieger tätig sein. In dem italienischen Lazarett wollten wir einen Verein gründen. Auf italienisch hat es einen sehr komischen Namen. Was wohl aus den anderen, den Italienern, geworden war? Das war im Ospedale Maggiore in Mailand, Padiglione Ponte gewesen. Das nächste Gebäude war die Padiglione Zonda. Dort stand ein Denkmal von Ponte, es kann aber auch von Zonda gewesen sein. Der Verbindungsoffizier besuchte mich dort. Das war komisch. Das war wohl das erste Komische. Ich war ganz verbunden, aber sie hatten ihm alles erzählt. Und dann hielt er mir diese wunderbare Rede: «Sie, ein Ausländer, ein Engländer» (jeder Ausländer war ein Engländer), «haben mehr als Ihr Leben gegeben.» Was für eine Ansprache! Ich hätte sie gern schriftlich, um sie in meinem Büro aufzuhängen. Er lachte nicht, nein. Er dachte sich, glaube ich, in meine Lage. «Che mala fortuna! Che mala fortuna!»
    Mir ist es damals, glaube ich, gar nicht so recht klargeworden. Ich versuchte mich durchzuwursteln, ohne anderen Leuten Schwierigkeiten zu machen. Vielleicht hätte ich das nie durchgemacht, wenn ich nicht Brett damals in die Arme gelaufen wäre, als sie mich nach England brachten. Ich glaube, sie wollte nur das haben, was sie nicht haben konnte. Nun, die Menschen waren eben so. Zum Teufel mit den Menschen. Die katholische Kirche hatte eine wunderbare Art, mit allem fertig zu werden. Sicher ein guter Ratschlag. Nicht daran denken. Oh, ein fabelhafter Rat. Versuch’s doch mal.
    Ich lag wach, und meine Gedanken sprangen von einer Sache zur andern. Dann konnte ich nicht anders, und meine Gedanken drehten sich um Brett, und meine Gedanken sprangen nicht mehr umher, sondern bewegten sich in glatten Wellen… Dann plötzlich fing ich an zu weinen. Dann, nach einer Weile, wurde es besser, und ich lag im Bett und lauschte auf die schweren Wagen, die die Straße hinauf -und hinunterfuhren, und dann schlief ich ein.
    Ich wachte auf. Draußen war Krach. Ich horchte und glaubte eine Stimme zu erkennen… Ich zog meinen Schlafrock an und ging an die Tür. Die Concierge sprach unten. Sie war wütend. Ich hörte meinen Namen und rief die Treppe hinunter.
    «Sind Sie da, Mr. Barnes?» rief die Concierge.
    «Ja, was ist los?»
    «Hier ist eine Frauensperson, die die ganze Straße aufgeweckt hat, Schöne Art und Weise mitten in der Nacht. Sie sagt, sie muß Sie sprechen. Ich hab ihr gesagt, daß Sie schlafen.»
    Dann hörte ich Bretts Stimme. Im Halbschlaf, wie ich war, hatte ich steif und fest geglaubt, es sei Georgette. Ich weiß nicht warum. Sie kannte ja meine Adresse gar nicht.
    «Wollen Sie sie bitte rauflassen?»
    Brett kam die Treppe herauf. Ich sah, sie war vollkommen betrunken. «Zu dumm von mir», sagte sie. «Mach da einen furchtbaren Krach. Du hast doch noch nicht geschlafen?»
    «Was dachtest du denn, was ich mache?»
    «Weiß nicht. Wie spät ist es denn?»
    Ich sah nach der Uhr. Es war halb fünf. «Hatte keine Ahnung, wie spät es ist», sagte Brett. «Hör mal, kann man sich hinsetzen? Sei nicht böse, Liebling. Hab gerade den Grafen verlassen. Hat mich hergebracht.»
    «Wie ist er denn?» Ich brachte Cognac,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher