Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fever Pitch

Fever Pitch

Titel: Fever Pitch
Autoren: Nick Hornby
Vom Netzwerk:
Fernsehen sah, und zu empfinden, was so viele von uns empfinden, nämlich daß ich nicht die geringste Beziehung zu dem hatte, was da ablief; ich hätte genausogut Waliser oder Schotte oder Niederländer sein können. Ist das überall so?
    Ich weiß, daß die Italiener ihre Jungs in der Vergangenheit mit verfaulten Tomaten am Flughafen begrüßt haben, wenn sie von Demütigungen in Übersee zurückkehrten, doch selbst diese Art von Engagement übersteigt meine Vorstellungskraft. »Ich hoffe, sie gehen ein«, habe ich Engländer bei zahlreichen Gelegenheiten über das englische Team sagen hören. Gibt es eine italienische, brasilianische oder spanische Version dieses Satzes? Es ist schwer vorstellbar.
      Ein Teil dieser Verachtung mag mit der Tatsache zusammenhängen, daß wir zuviele Spieler haben, die alle von kaum variierender, zweifelhafter Begabung sind, während die Waliser und die Iren eine sehr geringe Auswahl haben, wenn es darum geht, ein Team aufzustellen, und die Fans wissen, daß ihre Trainer einfach zusehen müssen, wie sie über die Runden kommen. Unter diesen Umständen sind gelegentliche, armselige Vorstellungen unvermeidlich und Siege kleine Wunder.
      Und dann ist da natürlich die lange Reihe von englischen Nationaltrainern, die wirklich großartige und elegante Spieler Waddle und Gascoigne, Hoddle und Marsh, Currie und Bowles, George und Hudson, Fußballer, deren Talente zwar empfindlich und schwer nutzbar zu machen, doch zugleich auch viel wertvoller als ein Paar Lederlungen sind- mit der Art von Verachtung behandelt haben, die sich der Rest von uns für Kinderschänder vorbehält. (Welche Nationalmannschaft der Welt wäre nicht in der Lage, einen Platz für Chris Waddle zu finden, den Mann, der 1991 durch die Viererkette des AC Mailand hindurchschlenderte, wann immer er Lust dazu verspürte?) Und schließlich gibt es Englandfans (von denen an anderer Stelle noch ausführlicher die Rede sein wird), deren Aktivitäten im Verlauf der achtziger Jahre den Rest von uns nicht gerade animierten, sich mit dem Team zu identifizieren.
    Es war nicht immer so mit den Fans bei Länderspielen. Es ist unmöglich, nicht einen kleinen Stich zu empfinden, wenn man zum Beispiel Wiederholungen von Spielen bei der Weltmeisterschaft 1966 sieht, in denen England nicht auf dem Platz war. In dem mittlerweile berühmten Spiel zwischen Nord-Korea und Portugal im Goodison Park (in dem das unbekannte asiatische Team einen 3:0-Vorsprung gegen eine der besten Mannschaften des Turniers erzielte, ehe es mit 3:5 ausschied), kann man eine mehr als dreißigtausend zählende Zuschauermenge, deren überwiegende Mehrheit aus Liverpool stammt, nach jedem gefallenen Tor wild applaudieren sehen. Es ist schwer, sich das gleiche Interesse heutzutage vorzustellen, da es wahrscheinlicher ist, daß man ein paar tausend Knallköpfe hätte, die die Asiaten mit angedeuteten Schlitzaugen und Eusebio mit Affenschreien verhöhnen würden. Tja, und deshalb leide ich natürlich an Sehnsucht, auch wenn ich mich nach einer Zeit zurücksehne, die niemals wirklich zu uns gehört hat: Wie gesagt, manche Dinge waren besser, manche waren schlechter, und der einzige Weg, wie man lernen kann, die eigene Jugend zu verstehen, ist, beide Seiten der Medaille zu akzeptieren.
    An jenem Abend in Wembley waren keine dieser Goodison
    Heiligen unter den Zuschauern, aber das Publikum unterschied sich auch nicht von den Menschenmassen, deren Teil ich die restliche Saison über gewesen war, mit Ausnahme eines zügellos emotionalen Schotten in der Reihe vor uns, der während der ersten Halbzeit bedenklich auf seinem Sitz hin und her schwankte und in der zweiten gar nicht erst wieder auftauchte. Doch die meisten von uns genossen das Spiel lebhaft, so als ob Fußball für eine Nacht ein weiterer Zweig der Unterhaltungsindustrie geworden wäre. Vielleicht fühlten sie sich, genauso wie ich, befreit von der schonungslosen Verantwortung und der Pein des Clubfußballs: ich wollte, daß England gewinnt, aber England war nicht mein Team. Was bedeutete mir, einem Zwölfjährigen aus den Home Counties, letztlich schon mein Land, verglichen mit einer Nordlondoner Mannschaft dreißig Meilen von meinem Wohnort entfernt, von deren Existenz ich rund neun Monate vorher noch nichts gewußt hatte?

Camping

    Arsenal gegen Everton – 7.8.69

    Beim Auftaktspiel meiner ersten vollen Saison befand ich mich in einem Pfadfinderlager in Wales. Ich hatte nicht hinfahren wollen. Selbst zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher