Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuerteufel: Roman (German Edition)

Feuerteufel: Roman (German Edition)

Titel: Feuerteufel: Roman (German Edition)
Autoren: Ninni Schulman
Vom Netzwerk:
sollte.
    Als Christer mit Barbro ins Zimmer kam, sah Petra auf. Schweigend.
    Barbro setzte sich vorgebeugt auf die Stuhlkante. Die grauen Locken waren unter der Kapuze der Jacke verborgen. Sie hatte eine Schürfwunde auf der Wange und Erde an Kinn und Händen.
    Ihr Anwalt, Josef Rams, ein junger Mann mit schwarzer Brille und Designeranzug, setzte sich auf den Stuhl neben ihr und schlug die Beine übereinander. Als Christer die Tür geschlossen und sich gesetzt hatte, schaltete Petra das Tonband ein.
    »Mittwoch, den 25. August, 11 Uhr 25. Verhör mit Barbro Holmgren, in vier Fällen der Brandstiftung verdächtigt. Zugegen sind Petra Wilander, Christer Berglund und Barbro Holmgren und ihr Anwalt Josef Rams. Wir beginnen. Gestehen Sie die Verbrechen?«
    Barbro schniefte und versteckte sich unter der Kapuze.
    »Gestehen Sie, dass Sie vier Brände gelegt und damit vier Menschen getötet haben?«
    Barbro rührte sich nicht, sondern flüsterte nur: »Ja, ich gestehe.«
    Petra musterte die schmale Person vor sich. Wie war das möglich?
    »Möchten Sie uns sagen, warum?«
    Erst antwortete Barbro nicht. Dann zog sie sich die Kapuze vom Kopf und setzte sich aufrecht hin.
    »Ich habe seine Akte angefordert«, sagte sie.
    »Welche Akte?«, fragte Petra.
    »Ingemars. Mein Sohn. An seinem Todestag habe ich verlangt, seine Krankenakte zu bekommen. Es war so weit. Da waren eine Menge Tonbänder dabei aus der Zeit, als er zum Psychologen ging.«
    Barbro schluckte und sah Petra an.
    »Einfach seine Stimme wieder zu hören. Das kann ich gar nicht beschreiben. Und ihn all das sagen zu hören, wie er von dem Schmerz erzählte. Als Mutter ist das …«
    Barbro sah auf ihre Hände. Die schmutzigen Finger zitterten.
    »Es war absolut unerträglich.«
    Sie sah aus dem Fenster. Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    »Mirjam«, fuhr sie fort. »Er war so verliebt. Man sagt ja, dass die Augen dann glänzen, aber Ingemars sprühten, wenn er von ihr sprach. Und sie saß bei uns zu Hause auf dem Sofa und hielt seine Hand, als ob das von irgendeiner Bedeutung wäre, lächelte und scherzte. Dass Menschen so austauschbar sind. Von einer Woche zur nächsten.«
    Die Tränen rollten jetzt, liefen langsam an der Nase entlang, aber Barbro machte keinen Ansatz, sie wegzuwischen, sondern sah weiter aus dem Fenster.
    »Im Frühling ist sie Oma geworden. Das Bild mit dem Baby im Wochenblatt , Taufkleid, langes Seidenband und Spitze, das habe ich einfach nicht ausgehalten. Ich konnte fast hören, wie etwas in mir kaputtging. Wieso kriegen manche Menschen alles? Und andere nicht? Wie kann das so ungerecht sein?«
    »Und da haben Sie beschlossen, ihr Haus niederzubrennen?«, fragte Petra. »Sie zu töten?«
    Barbro wandte den Blick vom Fenster.
    »Ich wünschte, ich hätte mir diese Macht schon früher genommen«, sagte sie. »Es ist so leicht, die Kreise der Menschen durcheinanderzubringen, und so schön. Mirjam mitten in der Nacht anzurufen, erst das Müde, aber Fröhliche zu hören, dann wie die Furcht kommt und am Ende die reine Panik und das Keuchen, das sie zu verbergen suchte.«
    Josef Rams legte eine Hand auf Barbros Bein, um sie aufzuhalten, aber sie schien das nicht zu bemerken.
    »Und der Gesichtsausdruck von Magdalena, als sie meinen Brief öffnete«, fuhr sie fort. »Plötzlich war das ganze eklige Selbstherrliche wie weggeblasen. Das war wunderbar.«
    »Was hatte Magdalena Ihnen getan?«, fragte Petra.
    Barbro sah sie an.
    »Eigentlich wollte ich an Petter ran, aber es hat mehr Spaß gemacht, den Umweg über Magdalena zu nehmen. Da konnte ich einfach nicht widerstehen.«
    Barbros Gesichtsausdruck verursachte Petra Übelkeit.
    »Einen Sommer lang war Ingemar da draußen in der Hütte. Petter und er angelten und badeten. Er durfte in einem Zeltbett schlafen und hatte seinen Schlafsack von zu Hause mitgebracht. Als die Schule wieder losging, redete Petter nicht mehr mit ihm. Wie gesagt, die Menschen sind so austauschbar. Manche leichter als andere.«
    Plötzlich wusste Petra nicht mehr, was sie sagen sollte, doch das war unerheblich, denn Barbro redete von sich aus weiter.
    »Maud Pehrsson. Pfui Teufel. Sie hat zugehört, wie sie ihn Tag für Tag, Jahr um Jahr gehänselt haben. Das ganze Gerede von Solidarität und Verständnis. Jungenstreiche nannte sie es. Jungenstreiche. Sie wollte nur nette Mädchen, angepasst und süß, die ihre Lektionen auswendig runterrattern konnten, keine stillen Jungs, die nicht mehr zu denken vermochten.«
    Stille Jungs,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher