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Feuersteins Ersatzbuch

Feuersteins Ersatzbuch

Titel: Feuersteins Ersatzbuch
Autoren: Herbert Feuerstein
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kleinen Bahnhof zeigen, samt Aussteigeaktion von mir. Das würde dadurch möglich sein, dass das Team nach ein paar Stationen den Zug verlässt und von einem Auto, das schneller ist als der Zug, zu einem späteren Bahnhof gebracht wird und mich dort erwartet. Jedenfalls hatten wir uns das so gedacht...
    Wir drehten das Einsteigen, wir drehten die Landschaft, wir drehten, wie ich mich im Schlafwagen rekelte. Dann sprangen Stephan, Erik und Wolpers aus dem Zug und rasten im Auto davon. Der größte Teil der Ausrüstung blieb in meinem Abteil. Wer sich jetzt fragt, wieso mir Wolpers auf einer so gefährlichen Strecke so viel wertvolles Zeug überließ, muss wissen, dass der Optikkram weich und stoss-sicher in massiven Metallkisten lagert, die man auch bei einer Eisenbahnkatastrophe unversehrt aus den Trümmern bergen kann.
    In Vorbereitung der Ankunftsszene machte ich mit meinen Anweisungen den ganzen Zug verrückt: dass ich auch ganz bestimmt als Erster aussteigen konnte; dass der Schaffner zeitgleich aus der Tür neben mir springen sollte; dass hinter mir Leute mit Koffern folgen müssten, die an dieser Station eigentlich gar nicht aussteigen wollten, nebst heftigem Winken anderer aus den Abteilfenstern, als würden sie Angehörige und Freunde am Bahnsteig erblicken. Rollen wurden eingeübt, Reihenfolgen festgelegt und dazwischen immer wieder die überflüssige, weil ja doch nie beachtete Bitte ausgesprochen: »Nicht in die Kamera schauen!« Der Schaffner war schon ganz aufgeregt und polierte seine Mütze.
    Dann fuhren wir ein — und niemand war da.
    Mein wunderbares Team hatte sich einem Fahrer anvertraut, der behauptete, einen Schleichweg zu kennen, der schneller sei als die Asphaltstraße A 104. War er sicher auch, doch hatte der gute Mann vergessen, dass in Afrika eine Bahnschranke entweder überhaupt nicht schließt oder aber mindestens zwanzig Minuten vor Durchfahrt des Zuges. Und dass sie hinterher entweder überhaupt nicht aufgeht oder aber frühestens zwanzig Minuten später. Immerhin hatten sie meinen Zug vorbeifahren gesehen.
    So idyllisch die Zugfahrt gewesen sein mochte, so unruhig wurde dann doch mein Ausstieg. Denn die Mitpassagiere, die ich zu Komparsen ernannt hatte und die sich bereits auf dem Weg nach Hollywood fühlten, sahen in mir nur noch einen miesen Schwätzer und Hochstapler. Während ich allein die schweren Gerätekisten aus dem Abteil wuchten musste, pöbelten sie mich von allen Seiten an und waren kurz davor, mich zu verprügeln. Nur weil wir zum Glück keinen Endbahnhof gewählt hatten und der Zug wieder weiterfuhr, überlebte ich. Und Wolpers, der erst fürchterlich unglücklich war, weil die Sache so schief gegangen war, strahlte übers ganze Gesicht, als er meine Geschichte hörte.

    Mit den Mitteln des Transports verübte Wolpers noch zwei weitere Anschläge. Der erste war lächerlich: Ich sollte das in manchen Ortschaften Kenias verbreitete Radfahrertaxi vorführen, und er wählte dafür zielsicher die einzige Niete der Branche, einen Typ, der sofort mit mir stürzte, als ich mich hinter ihm auf den Gepäckträger hockte, der zum Zweitsattel umfunktioniert war. Das Gaudium von ein paar hundert Passanten, die sich um die Kamera geschart hatten, war riesig, die Wunden an meinen Schienbeinen etwas kleiner.
    Wesentlich gefährlicher war dann schon die Motorradfahrt mit Schwester Angelika in der tansanischen Savanne. Im Auftrag der Christoffel-Blindenmission betreibt sie dort eine mobile Augenklinik für die Massai, und da ihr Einsatzgebiet mehrere hundert Quadratkilometer umfasst, ist sie fast ständig unterwegs.
    Ich durfte — auf dem Rücksitz, und dadurch mit der kniffligen Moralfrage belastet: Wie klammert man sich korrekt an eine Ordensschwester? — ein kleines Stück mitfahren, und zwar immer wieder dasselbe verdammte kleine Stück, denn nach jedem ihrer Vorbeiritte musste erst umständlich die Kameraoptik entstaubt werden. Zwar glaubte sie fest an die Wege des Herrn, aber leider nicht an solche von Menschen: Wie damals der Großwildjäger bestand auch sie auf der direktesten Route querbeet und nietete jeden Busch, der im Weg stand, gnadenlos um. Und ich schwöre Ihnen: Per Motorrad ist so was noch ein gutes Stück aufregender als im Auto! Da heißt es höllisch aufpassen, dass einem die Äste und Dornen, die um die Ohren klatschten, nicht auch noch die Augen ausstechen.
    Der Umstand, dass Schwester Angelika stets Augentropfen und Notverband in der Satteltasche mit sich führte,
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