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Feuersteins Ersatzbuch

Feuersteins Ersatzbuch

Titel: Feuersteins Ersatzbuch
Autoren: Herbert Feuerstein
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immer noch mehr als 30 Grad, auch wenn es schon fünf Uhr nachmittags war. Den Anfang der Piste markierten wir mit unseren Gerätekisten, den Verlauf mit Steinen, die wir auf Papiertaschentücher legten, und am Ende stand Wolpers mit dem Auftrag, das Flugzeug aufzuhalten, falls es über die Landebahn hinausschoss. Als altem Flieger war mir natürlich klar, dass diese Strecke zwar zum Landen reichte, nicht aber für den Wiederstart: Voll beladen bei der hohen Temperatur braucht man mindestens 100 Meter mehr, eher 200. Aber ich ließ das die Sorge des Piloten sein, der bestimmt traurig wäre, wenn er nicht selber Steine wegräumen dürfte.
    Dann hörten wir ein Brummen über unseren Köpfen, und in Erwartung des kühlen Biers im Hotel von Arusha begannen Stephans Augen so heftig zu leuchten, dass wir sie ohne weiteres als Landelichter hätten benutzen können. Die Maschine zog eine Platzrunde, wie sich das gehört, setzte dann zum Landeanflug an, kam ganz präzise zum Anfang der Piste — und startete wieder durch. Klar, erläuterte ich den Nichtfachleuten, das ist ein Profi, der prüft erst mal optisch die Qualität unseres Flugplatzes.
    Tatsächlich kam er wieder, setzte fast auf dem Boden auf — und startete abermals durch. Steil zog er nach oben, wackelte mit den Flügeln (wir hatten keinen Funk) und verschwand. Wir schauten uns ratlos an, und ich änderte drastisch meine Beurteilung des Piloten: »Das ist kein Profi, das ist ein Arschloch.«
    »Wir können versuchen, mein Camp zu erreichen, es liegt etwa siebzig Kilometer von hier«, sagte der Löwenjäger.
    »Wieso versuchen ?« fragte ich mit flatternder Stimme.
    »Weil ich nicht sicher bin, ob der Sprit reicht.«
    Inzwischen war es sechs Uhr geworden, und wir fuhren los.
    Gegen halb sieben ging die Sonne unter, und dann wurde es so schnell dunkel, wie es sich für die Tropen gehört: In fünfzehn Minuten herrschte stockfinstere Nacht. Der Jäger schien die direttissima gewählt zu haben, die Bienenfluglinie quer durch die Landschaft, die hier zum Glück flach und sandig war, wenn auch nicht immer. Wenn ein Stein im Weg lag, verriss er das Lenkrad mit einer präzisen Bewegung, die klein genug war, um nicht aus der Spur zu geraten, aber groß genug, um unsere Schädel gegen die Seitenscheibe zu knallen; war es ein Busch, fuhr er einfach darüber hinweg, und wieder ein Milliliter Diesel gespart.
    Erstaunlich, wie viele Tiere in den ersten Nachtstunden unterwegs sind. Immer wieder flogen erschrockene Vögel vor uns auf, eine ganze Gazellenherde lief uns über den Weg, die wir für 170 Dollar pro Stück hätten überfahren können, sowie mehrere Buschschweine (90 Dollar). Einmal tauchte sogar ein Zebra im Lichtkegel der Autoscheinwerfer auf und blieb geblendet stehen. Ein Ausweichmanöver kostete zwar ein bisschen Sprit, sparte aber 590 Dollar Tötungsgebühr.
    Plötzlich war da noch ein zweites Licht. Ein rotes. »Das ist der Reservetank«, sagte der Großwildjäger und zermatschte einen Dornbusch.
    Bald also würde der Motor zu stottern und ruckeln beginnen, und dann würden wir stehen bleiben, mitten im Nichts. Und am nächsten Morgen müssten wir loswandern, mit unbekanntem Ziel in der wasserlosen Hitze... wenn wir diesen Morgen überhaupt erlebten. Denn bestimmt lauerten sie schon auf uns, die großen Brocken mit den höchsten Preisen: Elefant, Büffel, Löwe, Leopard und das unbezahlbare Nashorn, die Big Five...
    Sechs Augen starrten nur noch auf das Warnsignal. Jedes Geräusch war verstummt, wir kümmerten uns nicht mehr um die vorbeihuschende Tierwelt in der Dunkelheit, so aufregend sie auch sein mochte — und ich könnte schwören, ich habe auch einen Säbelzahntiger darunter gesehen, ein Mammut und einen Yeti.
    Es war schon fast halb elf, als wir im Camp ankamen. Ich war viel zu angespannt, um glücklich zu sein. Noch im Schlaf sah ich die rote Warnleuchte vor mir. Vielleicht waren es aber auch die Augen von Stephan. Die leuchteten nämlich bei der Ankunft heller als der Reservetank, denn im Camp gab es kühles Bier.

Blutrausch

    Meine afrikanischen Notizen wären nicht vollständig, schlössen sie ohne die Aufzählung aller weiteren Mordanschläge auf mich durch Godehard Wolpers. Wobei ich mich freilich genötigt sehe, bei diesem Thema etwas kürzer zu treten. Denn bestimmt ist Ihre Neugier inzwischen abgestumpft, weil Sie wissen, dass ich auch nach dem dreißigsten Anschlag immer noch lebe 1 , und mit Sicherheit habe ich den Bogen überspannt und das
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