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Feuerschwingen

Feuerschwingen

Titel: Feuerschwingen
Autoren: Jeanine Krock
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Florence wirkte auf einmal niedergeschlagen.
    »Was ist los?«, fragte Mila.
    Ihre Freundin ließ sich schwer in einen Sessel fallen. »Womöglich war es doch keine so brillante Idee, den Job anzunehmen. Es ist ja nicht zu übersehen, dass die Räume vor nicht allzu langer Zeit meisterhaft renoviert wurden, und ich wüsste nicht, was man, außer hier und da einen neuen Anstrich vorzunehmen, daran verbessern könnte. Ich habe selten eine so geschmackvolle Einrichtung in einem dieser Adelssitze gesehen wie in Stanmore House.«
    Insgeheim stimmte Mila ihr zu, doch sie hatten für Lady Margaret andere Aufträge abgesagt oder verschoben, und das Finanzamt wartete nicht. Sie brauchten das Geld. »Dann war das Fix-Honorar, das Anthony ausgehandelt hat, doch eine gute Idee. Wenn nicht viel zu machen ist, umso besser. Wir bekommen unseren Lohn, und mit etwas Glück können wir anschließend doch noch das Stadthaus in Ealing machen. Die Kundin war so enttäuscht, als ich ihr sagte, dass du frühestens im Herbst Zeit für sie haben würdest.«
    »Er hätte uns wenigstens vorwarnen können. Ich verstehe das nicht …« Ärgerlich runzelte sie die Stirn. »Vor allem: Wie stehen wir denn da? Stell dir mal vor, es gibt Vorher-Nachher-Fotos . Die Leute werden denken, jemand hat die Reihenfolge verwechselt!«
    »Du hast Vorurteile! Bloß weil sie Amerikanerin ist …«
    »Das ist es nicht. Die Frau spielt eine Lady, sie ist aber keine.«
    Normalerweise hätte Mila widersprochen, wie immer, wenn Florence zu adelig wurde, wie sie es insgeheim nannte. Doch in diesem Fall hatte sie denselben Eindruck, der sich während der Besichtigungstour noch vertieft hatte. Irgendetwas stimmt da nicht , warnte ihr Unterbewusstsein. Nichts an dieser Lady wirkte echt, die Stimme, die aufgesetzte Freundlichkeit, sogar ihre Kleidung. Bis auf die schon an Unhöflichkeit grenzenden Stimmungsschwankungen, die sie heute Nachmittag miterlebt hatten. Flo hatte recht. Warum hat Anthony uns nicht vorgewarnt?
    Weil sie ihre Freundin jedoch nicht zusätzlich beunruhigen wollte, stand sie auf und sagte: »Du siehst Gespenster! Komm, lass uns schlafen gehen. Morgen müssen wir fit sein.«
    In dieser ersten Nacht, so hatten sie beschlossen, wollten sie sich das King s ize -Bett auf der Empore teilen. Mila hatte nichts dagegen. Man wusste nie, welche Geister in so alten Gebäuden hausten.

2
    L ucian!«
    Der zierliche Engel faltete die Flügel hinter dem Rücken zusammen, und damit ging eine Wandlung einher, nach der selbst einer der Ihren sie nicht ohne Weiteres als ein himmlisches Geschöpf erkannt hätte. Mit einer fließenden Bewegung, die einige Praxis verriet, ließ sie das Schwert zurück in die verborgene Scheide gleiten. Danach bemühte sie sich weniger erfolgreich, ihre vom Flug zerzauste Frisur zu glätten. Das weiße Haar stand in interessantem Kontrast zur lässigen Kleidung, die man eher bei einer noch nicht ergrauten Frau erwartet hätte.
    Als sie sich wieder zu ihm umdrehte, sah Lucian, dass sie keinen Tag älter wirkte als bei ihrer ersten Begegnung. Und damals war sie noch sehr jung gewesen.
    »Du wirst immer schöner!« Schneller als das menschliche Auge folgen konnte, war er aufgestanden und hatte seine Hände auf ihre Schultern gelegt.
    Sie reagierte keineswegs überrascht, sondern drehte sich rechtzeitig um, sodass beide nun gemeinsam aus dem Fenster über die Klippen blickten. Schaumkronen tanzten auf dem aufgewühlten Meer und streckten die weißen Finger der Gischt nach den Möwen aus, die im graublauen Himmel schwebten, um nach Strandgut Ausschau zu halten.
    » Warum zum Teufel kannst du dich nicht anmelden wie jeder anständige Besucher?« Auch wenn ihre aufrechte Haltung Wachsamkeit verriet, versuchte sie nicht, sich ihm zu entziehen.
    Er raunte ihr zu: »Was fragst du noch? Du hast dir doch selbst die Antwort gegeben.«
    »Ach komm, seit wann redest du dich mit deinem höllischen Background heraus? Soll ich dich etwa bemitleiden?« Ihre Stimme klang streng, aber er hörte das Lachen darin. Sie genoss es, mit ihm zu flirten.
    Genau deshalb besuchte er das Cottage am Rand der einsamen Steilküste mit Vorliebe eben dann, wenn ihr Seelengefährte anderweitig beschäftigt war. Natürlich dauerte es nie lange, bis dieser erfuhr, dass sich der Abgesandte des Lichtbringers in seinem Haus aufhielt.
    Arian und Juna waren untrennbar miteinander verbunden. Doch er vertraute ihr nahezu blind, und darüber hinaus waren die beiden Männer in den letzten
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