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Feuerprinz

Feuerprinz

Titel: Feuerprinz
Autoren: Aufbau
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verkohltem Holz, ebenso wie einst das von Liandra. Ilana war dieser Geruch mittlerweile so verhasst, wie sie ihn früher geliebt hatte. Der Götterdienst machte Lin unglücklich, und sie als ihre Mutter fühlte das Unglück ihrer Tochter, als wäre es ihr eigenes. Doch ihr das Priesteramt zu entziehen, wie es Lins Wunsch war, brachte sie einfach nicht über sich. Die Engilianer, die nicht verstehen konnten, weshalb Lin sich über die Vorfälle vor drei Jahresumläufen in Schweigen hüllte und sich von einem lebenslustigen jungen Mädchen in eine schweigsame junge Frau verwandelt hatte, würden in ihrem Rücktritt als Salas Hohepriesterin ein weiteres Zeichen für ihr ungünstiges Schicksal sehen.
    Ilana spürte eine Träne in ihrem Augenwinkel und wischte sie hastig fort, bevor Lin die Mauer des Palastes erreichte. Ihre Tochter brauchte kein Mitleid, sondern Zuversicht.
    Als sie Lin am Eingang des Gartens umarmte, kam sie ihr jedoch noch müder vor als in den Tagen zuvor.
    »
Belis nani
, Mutter«, war alles, was Lin über die Lippen kam.
    Schweigend gingen sie durch den zu dieser Jahreszeit üppig blühenden Garten – Dawons Garten –, in dem der dunkle Greif einige Jahresumläufe gelebt hatte. Ilana schloss für einen kurzen Augenblick die Augen und erlaubte sich, in eine Zeit zurückzureisen, in der sie selbst jung gewesen war und ihre Weggefährtin Nona an ihrer Seite wusste. Ilana zwang sich, in die Wirklichkeit zurückzukehren. Immer zur Sonnenwendzeit, wenn die Sträucher und Bäume des Gartens schwer an ihren Früchten trugen und das Gras saftig und grün war, schmerzte sie der Verlust ihrer einstigen Gefährten besonders stark. Ihr Blick fiel auf Dawons Ast, um den Nona immer einen großen Bogen gemacht hatte – aus Angst, dassDawon versuchen würde, sie mit seinem Duft zu verführen. Die Erinnerung daran ließ sie lächeln. Niemals war sie einsam gewesen, trotz der schweren Zeit. Aber damals war sie jung gewesen und Engil kein sicherer und friedlicher Ort. Sie durfte nicht sentimental werden.
    Ilana betrachtete Lins verschlossenes Gesicht aus den Augenwinkeln. Sie hatte sich so sehr gewünscht, dass es einen anderen Gefährten für Lin gäbe als Degan … Drei lange Jahresumläufe trauerte Lin nun bereits um ihn … und empfand dabei eine Leere, die selbst Ilana niemals hatte erfahren müssen.
    »Heute ist etwas Seltsames geschehen …«, unterbrach Lin die Stille, während ihre Dienerin Vay in der Laube vor dem Wohnpalast erschien und einen Webteppich auf dem Boden entrollte, auf dem sich Mutter und Tochter niederließen. Dawon hatte sich in geschlossenen Räumen nicht wohlgefühlt, so dass Ilana ihre Mahlzeiten oft in den Garten hatte bringen lassen, um ihm Gesellschaft zu leisten; diese Angewohnheit hatte sie auch nach Dawons Verschwinden beibehalten, und auch Lin hatte sich daran gewöhnt, unter freiem Himmel zu essen.
    Ilana war froh, dass Lin von sich aus ein Gespräch begann. Manchmal schwieg sie einfach, und ihr bedrücktes Schweigen konnte sich einen ganzen Nachmittag hinziehen.
    »Die Menschen liefen zur gleichen Zeit in die Unterstadt, ohne dass es einen besonderen Anlass dafür gab. Als sie schließlich auf dem Platz vor dem Stadttor ankamen, erwachten sie wie aus einem Traum und zerstreuten sich.«
    Ilana sah Lin verwundert an, während sie sich zurücklehnte und ihr langes Gewand unter die Knie schlug. »Das hört sich wirklich seltsam an.«
    Lin zuckte die Schultern und nahm eine Tonschale mit Schafsfleisch sowie einen Kelch aus Rotmetall von Vay entgegen. Nacheinem tiefen Zug vom Wein stellte sie Schale und Kelch beiseite und rieb sich die Schläfen. »Alle zog es auf einmal zur Unterstadt, sogar die Brücke war von Menschen verstopft. Doch in der Unterstadt war nichts. Es war fast wie ein Zauberbann.«
    Ilana verstand nicht genau, was Lin damit sagen wollte. »Ein Zauberbann? Waren denn Waldfrauen in Engil? Man sagt, dass die ältesten von ihnen sich auf Lock- oder Bannzauber verstehen. Aber warum sollten sie die Menschen vor das Stadttor locken wollen?«
    Wieder schüttelte Lin den Kopf, dieses Mal unwillig. »Da waren keine Waldfrauen.«
    »Ist dir denn irgendetwas Ungewöhnliches aufgefallen?«
    Der Blick, mit dem Lin sie ansah, ließ Ilana ahnen, dass ihre Tochter irgendetwas verschwieg, denn sie öffnete den Mund, schloss ihn wieder und griff zu einem Stück Fleisch aus ihrer Schale. »Nein, alles war wie immer.«
    »Du bist die Hohepriesterin.« Diese Sache schien Lin wirklich zu
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