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Feuerbande

Feuerbande

Titel: Feuerbande
Autoren: Birgit Otten
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das Kreisen zu beenden, nur für einen winzigen Augenblick...
    Er erwachte inmitten des Waldes, das Haus war verschwunden, der Felsen, das Tal. Fremde Bäume rauschten um ihn her, durch ihre Wipfel drängten sich die ersten helleren Schimmer der Morgendämmerung. Unter einer Tanne zu seiner Rechten graste friedlich sein Pferd, als wäre nichts von Bedeutung geschehen.
    Marten der Falkner setzte sich auf und rieb sich verwirrt die brennenden Augen. War denn alles nur ein Traum gewesen und er noch immer mitten im Wald? Wie viel Zeit war vergangen, lag seine Suche nach der Hexe denn noch vor ihm? Unwillkürlich fuhr seine Hand an den Beutel mit den Münzen. Nein, man hatte ihn auch nicht überfallen oder bestohlen. Die einzigen Spuren im weiten Umkreis waren seine eigenen und die seines Pferdes.
    Marten vermeinte noch immer, den Geruch eines Herdfeuers wahrzunehmen, doch es befand sich nicht einmal die Asche eines Lagerplatzes in seiner Nähe. Plötzlich drängte es ihn, nach Hause zu reiten, um dort von allem zu berichten.
    Vielleicht konnten ihm die Ratgeber sagen, was dies zu bedeuten hatte. Er ging hinüber zu seinem Pferd und suchte nach Spuren, um die Richtung auszumachen, aus der er hierher gekommen war und in die er wieder zurückkehren musste, doch auch hier fand er nichts mehr davon. Am Ende überließ er es seinem Pferd, sich selber einen Weg zu wählen.
    Und so gelangten sie schließlich nach Hause.
     
    Auf der Burg war bereits alles in Aufregung, denn der König war heimlich davongeritten, ohne Begleitung mitzunehmen und ohne zu sagen, wohin er ritt oder wann er zurückkehren würde. Marten der Falkner suchte nach den Räten, die ihn zu der Hexe ausgeschickt hatten, doch diese sorgten sich um den König und schenkten ihm kaum Aufmerksamkeit. Und so ging Marten, seine Familie zu begrüßen.
    Der König kehrte auch am nächsten Tag nicht zurück und auch nicht am übernächsten. Und das Weib Martens des Falkners stellte fest, dass ihr Mann sich verändert hatte. Ruhelos schritt er hin und her, schien in Gedanken so weit fort, dass er nicht antwortete, wenn man ihn etwas fragte, oder gereizt und mürrisch war.
    Endlich fragte sie ihn nachts, als die Kinder schon schliefen, nach dem Grund für seine Rastlosigkeit, und er starrte in das Dunkel des Zimmers und sprach: „Ich fürchte, ich trage Schuld am Verschwinden des Königs, und darum muss ich fort, ihn zurückzuholen.“ Und er berichtete ihr alles, was im Hause der Hexe geschehen war, und es erleichterte ihn sehr, seine Erlebnisse mit jemandem zu teilen.
    Sein Weib schwieg eine ganze Weile. Schließlich sagte sie zu ihm: „Ich sehe, dass du zu nah an die Anderswelt geraten bist, und ein Teil ihres Zaubers haftet noch an dir. Wenn du gehen willst, unseren König zu holen, wer bin ich, dich aufzuhalten? Ihre Frauen sind schön und wild. Und wer bin ich, mich mit ihnen zu messen?“ Und dabei weinte sie leise vor sich hin, und Marten nahm sie in seine Arme. So lagen sie bis zum Morgengrauen, ohne zu sprechen, doch beide fanden keinen Schlaf.
    In der Dämmerung erhob sich Marten vom Lager, kleidete sich an und ging, und sein Weib tat, als schliefe sie, denn sie wusste, dass sie ihn nicht aufhalten konnte, und wollte keine Abschiedsreden. Doch als er fort war, stand sie auf und ging zur Tür, und der Morgenwind kühlte ihr Gesicht und verwirrte ihre Gedanken mit seltsamen Bildern.
     
    Nach sieben Tagen und sieben Nächten kehrten sie zurück, Marten, der König und eine Frau. Nie sprachen sie darüber, wo sie gewesen waren oder was ihnen widerfahren war. Eine große Hochzeit wurde gefeiert, und die neue Königin wusste das Unbehagen geschickt zu zerstreuen, das die Ratgeber ihr zunächst entgegenbrachten. Doch auch sie sprach nie über ihre Herkunft oder darüber, wie es geschehen war, dass sie dem König begegnete.
    Der König belohnte Marten reichlich, und er erstand einen Hof in der Nähe der Burg. Es fehlte ihm an nichts, so lange er lebte. Doch hin und wieder in der Nacht, wenn Martens Weib aus ihrem Schlaf hochschreckte, fand sie Marten den Falkner vor, wie er reglos in die Dunkelheit starrte, und manchmal träumte sie eigenartige Träume, die sie vergaß, sobald sie erwachte.
    Über Martens Tod schließlich geht die Sage, dass er als betagter Mann, nachdem sein Weib vor ihm verstorben und seine Kinder längst fortgezogen waren, für sich ein altes Pferd verlangte und fort ritt in den Großen Wald. Niemand hat ihn je wieder gesehen. Und eine Eule flog
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